Data

Date:
24-03-1999
Country:
Germany
Number:
2 0 291/98
Court:
Landgericht Flensburg
Parties:
--

Keywords

JURISDICTION - 1968 BRUSSELS CONVENTION - JURISDICTION OF COURT OF PLACE OF PAYNIENT OF PRICE - SELLER'S PLACE OF BUSINESS (ART. 57(1)CISG)

LACK OF CONFORMITY -BUYER'S BURDEN OF PROVING THAT DEFECT EXISTED BEFORE PASSING OF RISK (ARTS. 36 AND 66 CISG)

Abstract

A French buyer and a German seller concluded a contract for the delivery of meat. After receiving customers' complaints that a part of the meat was deteriorated, the buyer refused to pay and claimed that it had the right to reduce the price for lack of conformity. The seller commenced an action to recover the purchase price.

The Court affirmed its jurisdiction pursuant to Art. 5(1) of the EC Convention on Jurisdiction and Enforcement of Judgement in Civil and Commercial Matters (Brussels 1968) and Art. 57(1)(a) CISG. In absence of a contrary agreement between the parties, the price has to be paid at the seller's place of business, that in the case at stake was Germany.

As to merits, the Court granted the seller the right to recover the full purchase price, because the buyer was not entitled to reduce the price under Art. 50 CISG. As the buyer has accepted the goods without opposition, it had to bear the burden of proving that the alleged lack of conformity existed before risk passed on the buyer (Arts. 66 and 36 CISG), i.e. before delivery of the meat to the first carrier according to Art. 31(a) CISG. The evidence brought by the buyer was considered to be insufficient.

The seller was awarded interest for late payment (Art. 78 CISG) accruing from the time payment was due without need of formal request (Art. 58 CISG), at the rate determined by the applicable domestic law (German law). As to damages for late payment, the Court held that they are covered by Art. 74 CISG but that the determination of when such a delay is relevant is left to the applicable domestic law.

Fulltext

Die Kl. unterhält in Husum eine selbständige Zweigniederlassung, die den Vertrieb ihrer Schlachtprodukte - Rind- und Lammfleisch - betreibt. Die Bekl. ist eine Aktiengesellschaft französischen Rechts, die mit Fleischwaren handelt. Im März 1998 kaufte die Bekl. bei der Kl. Fleischprodukte und Innereien zum Gesamtvolumen von 34296,22 DM. Ferner kaufte die Bekl. gem. Rechnung vom 30.3.1998 bei der Kl. Fleischprodukte zum Betrag von 5850,85 DM.

Die Kaufpreisforderungen, die von der Kl. jeweils erst nach den Lieferungen fällig gestellt wurden, wurden durch die Bekl. - auch nach wiederholten Mahnungen im April und Mai 1998 -in Höhe eines Betrages von 37923,22 DM zunächst nicht erfüllt. Die Kl. hat daraufhin am 9.7.1998 über diesen Betrag Klage eingereicht.
Ende Juli 1997, in dem Zeitraum zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit der Klage, übersandte die Bekl. der Kl. einen Scheck über einen Betrag von 34296,22DM, der eingelöst wurde. Die Kl. hat daraufhin die Klage in Höhe dieses Betrages zurückgenommen und begehrt nunmehr unter dem Gesichtspunkt des Verzuges Erstattung der durch die Klagerücknahme bedingten Mehrkosten, die mit 3260 DM beziffert werden. Weiter begehrt die Kl. Zahlung des noch offenen Kaufpreises i.H.v. 3627 DM aus der Rechnung vom 30.3.1998. Sie behauptet hierzu, sie habe die dieser Rechnung zugrunde liegende Lieferung am 27.7.1998 dem Frachtführer mangelfrei übergeben, was auch in dem Frachtbrief am selben Tage - unstreitig - dokumentiert worden sei.

Die Kl. ist weiter der Auffassung, dass die Bekl. wegen Verzuges die verlangten Zinsen auf die einzelnen Kaufpreisforderungen zu leisten habe. Die Kl. beantragt, die Bekl. zu verurteilen, an sie einen Betrag i.H.v. 3627 DM nebst 12% Zinsen seit dem 20.4.1998 sowie 12% auf einen Betrag i.H.v. 2193,26 DM seit dem 30.3.1998, auf einen Betrag i.H.v. 7639,20 DM seit dem 30.3.1998, auf einen Betrag i.H.v. 4117,04 DM seit dem 31.3.1998, auf einen Betrag i.H.v. 6952,08 DM seit dem 31.3.1998, auf einen Betrag i.H.v. 7982,92 DM seit dem 6.4.1998 und auf einen Betrag i.H.v. 5411,72 DM seit dem 6.4.1998 zu zahlen. Weiter beantragt die Kl., die Bekl. zu verurteilen, an sie einen Betrag i.H.v. 3260 DM zu zahlen.

Die Bekl. beantragt, die Klage abzuweisen und der Kl. die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, soweit die Klage zurückgenommen worden ist. Die Bekl., die mit der Klagerwiderung die örtliche Zuständigkeit des LGs Flensburg gerügt hat, ist der Auffassung, sie sei mit ihrer Verpflichtung zur Kaufpreiszahlung nicht in Verzug geraten. Sie behauptet hierzu, der Kl. über den Betrag von 34296,22 DM bereits am 24.3.1998 und - nachdem dieser aus unerklärlichen Gründen zurückgegangen sei - am 6.4.1998 einen weiteren Scheck übersandt zu haben. Nachdem sich herausgestellt habe, dass die Kl. auch den zuletzt übersandten Scheck aus nicht bekannten Gründen nicht eingelöst, sondern statt dessen die Zahlung ihrer Kaufpreisforderung angemahnt habe, habe sie sich gegenüber der Kl. - was unstreitig ist - mit Telefax-Schreiben vom 24.6. 1998 zur Ausstellung und Übersendung eines neuen Schecks über die streitige Summe bereit erklärt. Bedingung hierfür sei allerdings eine Erklärung der Kl. gewesen, wonach sie den im April 1998 ausgestellten Scheck nicht mehr einlösen werde, falls er noch auftauche. Kurz nach Abgabe der Bestätigung habe die Kl. Klage erhoben, ohne den Eingang der angekündigten Scheckübersendung abzuwarten. Nach Sperrung des am 8.4.1997 ausgestellten Schecks sei der Kl. schliesslich Ende Juli 1997 ein neuer Scheck übersandt worden, der dann - unstreitig - eingelöst worden sei.

Weiter ist die Bekl. der Auffassung, in Höhe des Betrages von 3627 DM zur Minderung der Kaufpreisforderung der Kl. aus der Rechnung vom 30.3.1998 berechtigt zu sein. Die Ware sei bei ihr am 26.3.98 mangelhaft angeliefert worden, was bei der Abnahme jedoch noch nicht erkennbar gewesen sei. Die am selben Tage weiter gelieferte Ware sei von ihrem Abnehmer schliesslich mit Schreiben vom 9.4.1998 als mangelhaft zurückgewiesen worden. Da die Ware ab Übergabe an den Frachtführer stets sachgerecht und ausreichend gekühlt gelagert worden sei, müsse sie schon vorher nicht ordnungsgemäss behandelt worden sein und sich dem gemäss bei Gefahrübergang in einem mangelhaften Zustand befunden haben. Die verdorbene Ware sei schliesslich insgesamt vernichtet worden.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig. Abgesehen davon, dass die Bekl. rügelos mündlich verhandelt hat (§ 39 ZPO), ist das Landgericht Flensburg schon gem. Art. 5 Nr. 1 des Brüsseler Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ) zuständig. Denn die Bekl. hatte ihre Verpflichtung aus dem Kaufvertrag gem. Art. 57 Abs. 1 Buchst. a des für das Vertragsverhältnis der Parteien massgeblichen Übereinkommens der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf (CISG) an dem Sitz der Kl. zu erfüllen. Soweit die Bekl. sich darauf berufen hat, die Zahlung habe gem. Art. 57 Abs. 1 Buchst. b CISG an dem Ort der Übergabe der Ware geleistet werden müssen, ist dies nicht zutreffend. Denn die Ware ist von der Kl. unstreitig vorgeleistet worden, so dass die Zahlung nicht Zug um Zug gegen Übergabe der Ware oder der Dokumente zu leisten war.
Die Klage ist überwiegend begründet. Die Kl. kann gem. Art. 53 CISG Zahlung des restlichen Kaufpreises i.H.v. 3627 DM verlangen. Die Forderung ist gem. Art. 58 CISG fällig.

Der Kaufpreisanspruch ist nicht gem. Art. 50 CISG aufgrund der von der Bekl. geltend gemachten Minderung herabzusetzen. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Ware zum massgeblichen Zeitpunkt der Lieferung mangelhaft war.
Hier ist mangels anderweitiger vertraglicher Bestimmung gem. Art. 31 Buchst. a CISG von einem Versendungskauf auszugehen, da der Kaufvertrag eine Beförderung der Ware erforderte. Die Kl. erfüllte ihre Lieferverpflichtung durch die Übergabe der Ware an die Firma A. aus Pattburg als Frachtführer zur Beförderung an die Bekl. Nach Art. 66, 36 CISG hat die Kl. für eine Verschlechterung oder den Untergang der Ware nach Übergang der Gefahr nicht einzustehen, es sei denn, dass dies auf ihr zurechenbaren Umständen beruht.

Hier ist offen, ob die Ware beim Gefahrübergang sich in einem einwandfreien Zustand befand oder infolge eines der Kl. zurechenbaren Umstandes nach diesem Zeitpunkt mangelhaft wurde. Den Nachteil aus dieser Ungewissheit hat die Bekl. zu tragen. Denn nachdem sie die Ware rügelos angenommen hatte, trägt sie die Beweislast dafür, dass die Ware bei Gefahrübergang nicht vertragsgemäss war (vgl. von Caemmerer/Schlechtriem, Rdnr. 49 zu Art. 35 CISG). So ist insbesondere nicht ausschliessbar, dass die Ware während des Transports oder nach Lieferung durch die Bekl. an ihren Abnehmer, also nach dem 27.3.1998, infolge unsachgemässer Behandlung unbrauchbar wurde. Letztere Möglichkeit ist vor allem deshalb nicht ausschliessbar, da die Lieferung durch den Abnehmer der Bekl. erst am 9.4.1998 beanstandet wurde, obwohl die Ware ihm bereits am 27.3.1998 angeliefert worden war. Dass die Ware insbesondere in diesem Zeitraum sachgemäss behandelt wurde, ist von der Bekl. - worauf das Gericht in der Verhandlung am 10.3.1999 hingewiesen hat - nicht substantiiert dargelegt und unter Beweis gestellt worden. Soweit die Bekl. sich zum Beweis für die ordnungsgemässe Behandlung der Ware für die Zeit der Beförderung und für die Zeit nach Lieferung an den Abnehmer jeweils auf das Zeugnis der Zeugen NN beruft, ist dies ein unzureichender und damit unerheblicher Beweisantritt. Zumindest hätte die Bekl., um dem Gericht Veranlassung zu geben, dem Beweisantritt weiter nachzugehen, näher vortragen müssen, warum sie die Zeugen NN noch nicht mit Namen und Anschrift hat bekannt geben können (vgl. Zöller/Greger, Rdnr. 4 zu § 356 ZPO).

Dahinstehen kann, ob das Minderungsrecht der Bekl. nicht schon gem. Art. 39,40 CISG untergegangen ist, weil sie den Mangel nicht zugleich nach Erhalt der Ware am 26.3.1998 feststellte und anzeigte, sondern dies erst mit Fax vom 10.4.1998 geschah.
Der Zinsanspruch folgt aus Art. 78 CISG in Verbindung mit § 352 HGB. Gemäss Art. 78 CISG steht der Kl. ein Zinsanspruch wegen verspäteter Kaufpreiszahlung zu, ohne dass es eines Verzuges bedarf. Die Fälligkeit der Kaufpreisansprüche der Kl. war nach Art. 58 CISG zu den in den Rechnungen genannten Zeitpunkten eingetreten, nachdem der Bekl. zuvor die Ware übergeben worden war. Die Zinshöhe bemisst sich, da das CISG insoweit keine Regelung enthält, nach nationalem Recht, hier nach § 352 HGB (vgl. von Caemmerer/Schlechtriem, Rdnr. 27 und 32 zu Art. 78 CISG).

Der Klagantrag zu 1) ist nach alledem bezüglich des Zinsanspruchs i.H.v. 5 % begründet. Einen höheren Zinsschaden hat die Kl. hingegen nicht bewiesen.
Hinsichtlich des Klagantrages zu 2) ist die Klage ebenfalls begründet.

Art. 74 CISG gewährt bei Vertragsverletzungen Schadensersatz, so auch im Falle eines Zahlungsverzuges (vgl. Art. 78 CISG; ferner von Caemmerer/Schlechtriem, Rdnr. 16 zu Art. 74 CISG). Wann Zahlungsverzug vorliegt, ist im CISG allerdings nicht geregelt, so dass dies nach dem über Art. 28 EGBGB anzuwendenden deutschen Recht zu prüfen ist.

Die Bekl. war mit ihrer Verpflichtung zur Zahlung der Rechnungen vom 9., 10. und 16.3.1998 über 34296,22 DM spätestens seit Erhalt des anwaltlichen Mahnschreibens vom 25.5.1998 in Verzug geraten. Dies gilt selbst für den Fall, dass sie am 8.4.1998 über den vorgenannten Betrag der Kl. einen Scheck übersandt hatte. Zwar wäre durch diese Leistungshandlung ein zuvor möglicherweise gem. § 284 Abs. 1 BGB bereits eingetretener Verzug geheilt worden. Die Verzugswirkungen traten jedoch, nachdem die Kl. die Bekl. mit weiteren Schreiben vom 14.4., 20.4. und 27.4.1998 erfolglos gemahnt hatte, spätestens nach Erhalt der anwaltlichen Mahnung vom 25.5.1998 erneut ein. Für die Bekl. war nunmehr ersichtlich, dass der über den Betrag von 34296,22 DM ausgestellte Scheck - anders als der mit Schreiben vom 8.4.1998 zugleich übersandte Scheck über 19746,42 DM, der am 30.4.1998 eingelöst worden war - der Kl. offenbar nicht vorlag und damit die Erfüllung der klägerischen Kaufpreisforderung nicht bewirkt werden konnte.

Die am 9. 7.1998 eingereichte Klage stellte eine zweckentsprechende Massnahme der Rechtsverfolgung dar. Die Kl. konnte erwarten, dass die sich jedenfalls seit Ende Mai 1998 im Verzug befindliche Bekl. nach Erhalt der am 1.7.1998 übersandten Bestätigung, der vermisste Scheck werde von ihr nicht eingelöst werden, unverzüglich einen Ersatzscheck ausstellen und übersenden würde, was tatsächlich jedoch erst Ende Juli 1998 geschah. Die Kl. hat unter diesen Umständen die in Rede stehenden Mehrkosten für die gerichtliche Geltendmachung des Betrages von 34296,22 DM nicht wegen voreiliger Klageerhebung in ihr selbst zurechenbarer Weise veranlasst. Vielmehr hat die Bekl. die mit 3260 DM geltend gemachten Mehrkosten im Wege des Verzugsschadensersatzes zu erstatten.

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Source

Published in original:
- available at the University of Basel website, http://www.cisg-online.ch

Commented on by:
- C. Witz, Observations, in Rep. Le Dalloz, 2000. n.42. 435-437.}}