Data
- Date:
- 10-02-1994
- Country:
- Germany
- Number:
- 6 U 119/93
- Court:
- Oberlandesgericht Düsseldorf
- Parties:
- Unknown
Keywords
FUNDAMENTAL BREACH BY SELLER (ART. 25 CISG) - DELIVERY OF GOODS ONLY PART OF WHICH ARE IN CONFORMITY WITH THE CONTRACT - POSSIBILITY TO USE CONFORMING GOODS SEPARATELY - BREACH NOT FUNDAMENTAL
AVOIDANCE OF CONTRACT FOR NON DELIVERY OF GOODS (ART. 49 CISG) - SELLER TO BE GRANTED ADDITIONAL PERIOD OF TIME FOR PERFORMANCE
AVOIDANCE OF CONTRACT BY BUYER (ART. 49 CISG) - NOT POSSIBLE IF GOODS WERE RESOLD BY BUYER (ART. 82(1) CISG)
Abstract
An Italian seller and a German buyer concluded a contract for the delivery of textiles with two different patterns. Upon delivery, the buyer alleged that the goods did not meet the contract specifications since one pattern was different than that agreed upon. The buyer returned the portion of textiles with the non conforming pattern and paid only part of the price relating to the conforming portion. The buyer alleged that since part of the goods delivered did not conform with the agreed pattern, neither could the conforming textiles be used as contemplated under the contract. The seller commenced legal action demanding full payment of the price for the conforming textiles.
The Court decided in favor of the seller. In its opinion the buyer was not entitled to declare the contract avoided because of the non conformity of part of the textiles (Art. 49 CISG). On one hand, the buyer did not give sufficient evidence that either the conforming textiles could no longer be used as contemplated under the contract. The simple fact the buyer had ordered textiles with two different patterns was not in itself sufficient to show the buyer's intention to resell them only together in a combined manner. After all the buyer could have bought the missing parts elsewhere. On the other hand, the fact that, at the time of delivery, the seller had expressly declared that for the time being it could not deliver the missing textiles, did not constitute a definitive refusal to perform. This would only have been the case if the seller had not performed within an additional period of time for performance fixed by the buyer in accordance with Art. 47 CISG.
A further reason for denying the buyer's right to avoid the contract was found in the fact that the buyer, having resold part of the conforming textiles, was unable to make restitution of the goods as required by Art. 82(1) CISG.
As to the rate of interest on the unpaid price, the Court held that it was to be determined according to the statutory rate of the country the law of which had been chosen by the parties as the applicable law.
Fulltext
[...]
Aus den Gründen:
Die Berufung der Bekl. hat keinen Erfolg weil das LG den Kaufpreisanspruch der Kl. in der zuerkannten Höhe von 6120.13 DM (rechnerisch richtig: 6120,12 DM) zu Recht stattgegeben hat. Auf die Rechtsbeziehungen der Parteien findet das Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den Internationalen Warenkauf (CISG) Anwendung, das in Italien am 1. 1. 1988 und in Deutschland am 1. 1. 1991 in Kraft getreten ist (vgl. Martiny in: MunchKomn1, Art. 28 EGBGB Rdnr. 2 Anh. II). Die Bekl. ist gem. Art. 53 CISG verpflichtet, den Kaufpreis für die nicht zurückgegebene Stoffmenge in der unstreitig vereinbarten Höhe von 13.45 DM je Meter abzüglich geleisteter 629,09 DM zu zahlen. Unter Berücksichtigung der zurückgegebenen Menge von 153,3 m sind bei der Bekl. (655,1 - 153,3 =) 501,8 m im Gegenwert von (501,8 x 13,45 =) 6749,21 DM verblieben. so daß abzüglich gezahlter 629,09 DM eine restliche Kaufpreisschuld von 6120,12 DM verbleibt.
Die Bekl. erhebt die 'Einrede der Wandelbarkeit', will also ein Leistungsverweigerungsrecht i. S. des par. 478 BGB geltend machen, weil sie rechtzeitig in nicht verjährter Zeit Mängelrüge erhoben habe. In Wahrheit rügt sie jedoch, die Lieferung sei unvollständig und deshalb insgesamt zu dem nach dem Vertrage vorausgesetzten Gebrauch nicht geeignet. Nach den Vorschriften des UN-Kaufrechts legt die Bekl. ein Leistungsverweigerungsrecht nicht schlüssig dar.
Gem. Art. 35 II lit. b CISG ist die Ware u. a. dann nicht vertragsgemäß, wenn sie sich nicht fur einen bestimmten Zweck eignet, der dem Verkäufer bei Vertragsschluß ausdrücklich oder auf andere Weise zur Kenntis gebracht wurde. Die Bekl. legt nicht substantiiert dar, daß die Ware insgesamt zu dem vertraglich vorausgesetzten Verwendungszweck deshalb nicht (mehr) brauchbar war weil eine Teilmenge von 153,3 m Uni-Stoffe wegen falscher - nicht bestellter - Farbe zurückgegeben und die entsprechende Menge in der richtigen - bestellten - Farbe nicht nachgeliefert wurde. Die Bekl. verstößt insoweit gegen ihre prozessuale Wahrheitspflicht, weil sie nach ihrem ursprünglichen Vorbringen nur eine Restmenge von 331,1 m erheblich unter Preis abgegeben hat, also von dem nach Rückgabe der Teilmenge von 153,3 m bei ihr verbliebenen 501,8 m eine Teilmenge von (501,8 - 331,1`=) 170,7 m im Gegenwert (170,7 x 13,45 =) 2295,92 DM offenbar bestimmungsgemäß verwenden konnte. Insoweit ist eine Vertragswidrigkeit in keiner Weise dargetan.
Eine solche ist aber auch nicht dargetan im Hinblick auf die nach ihrer ursprünglichen Bekundung unter Preis verschleuderte Restmenge von 331,1 m. Daß die Bekl. der Kl. bzw. ihrem Handelsvertreter G gegenüber bei Vertragsschluß ausdrücklich erklärt hat, die Karo- und Uni-Stoffe seien nur in der bestellten Kombination verwendbar, behauptet die Bekl. selbst nicht. Der Umstand, daß die Stoffe bestellt wurden, um sie miteinander kombinieren zu können, reicht hierzu allein nicht aus. Es ist nicht auszuschließen, daß die Stoffe auch mit Stoffen anderer Hersteller kombiniert werden konnten und sollten.
Soweit die Kl. teilweise eine nicht bestellte Farbe geliefert hat, lag eine aliud-Lieferung vor, die zur teilweisen Nichterfüllung führte. Gem. Art. 1 CISG gelten für den Teil der Ware, der fehlt oder nicht vertragsgemäß ist, die Art. 46 - 50 CISG. Gem. Art. 47 II CISG kann der Käufer vor Ablauf einer dem Verkäufer zur Erfüllung gesetzten angemessenen Nachfrist keinen Rechtsbehelf wegen Vertragsverletzung ausüben, es sei denn, der Verkäufer hat die Erfüllung innerhalb der gesetzten Frist verweigert. Korrespondierend bestimmt Art. 49 I lit. b CISG, daß der Käufer die Aufhebung des Vertrages nur erklären kann, wenn der Verkaufer die Ware nicht innerhalb der nach Art. 47 I CISG gesetzten Frist liefert oder die Lieferung verweigert. Die Bekl. hat es unterlassen, bei Rückgabe der in falscher Farbe gelieferten Ware der Kl. eine Nachfrist zur Lieferung der bestellten Ware zu setzen. Dies war nicht deshalb entbehrlich, weil die Kl. unter dem 8. 7. 1992 per Fax mitgeteilt hatte. die bestellte Ware zur Zeit nicht liefern zu können, und nur eine Teilmenge, nämlich 1 Stück, in anderer Farbe anbieten konnte. Denn darin lag noch keine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung der Kl., die eine Fristsetzung von vornherein entbehrlich gemacht hätte. An die Feststellung einer endgültigen Erfüllungsverweigerung sind strenge Anforderungen zu stellen. Sie liegt noch nicht vor, wenn sich - wie hier - der Schuldner nur zur Zeit zur Lieferung außer Stande erklärt.
Das Verhalten der Bekl. in der Folgezeit zeigt, daß sie kein Interesse an einer Ersatzlieferung hatte. Denn ausweislich ihres Schreibens vom 12. 10. 1992 befand sie sich in Zahlungsschwierigkeiten und bat deshalb darum, die noch vorhandene Restmenge von 331,1 m zurückgeben zu dürfen.
Zudem hat die Bekl. das Recht, die Aufhebung des Vertrages zu erklären, gem. Art. 82 I CISG insoweit verloren, als es ihr nach Weiterverkauf der Restmenge unmöglich geworden ist, die Ware zurückzugeben. Die Ausnahmen des Abs. 2 der genannten Vorschrift liegen nicht vor. Soweit ihr Prozeßbevollmächtigter erstmals im Senatstermin erklärt hat, wie er bei der Vorbereitung dieses Termins erfahren habe, sei die Ware noch vorhanden, ist dies unbeachtlich. Vorgerichtlich hatte die Bekl. mit Telefax vom 19. 10. 1992 mitgeteilt, sie habe die Restmenge von 331,1 m für 629,09 DM veräußert. Wenig später übersandte sie der Kl. einen Verrechnungsscheck in dieser Höhe. Dies übernahm die Kl. in ihrer Klagebegründung, ohne daß dem die Bekl. im weiteren Verlauf des Prozesses jemals widersprach. Sie hielt also ihre vorgerichtliche, von der Kl. übernommene Darstellung, die Restmenge fur 629,09DM veräußert zu haben, weiterhin aufrecht. Ob darin ein vorweggenommenes Geständnis mit den Wirkungen der par. 288, 290 ZPO zu sehen ist, kann dahinstehen. Jedenfalls aber verstößt die Bekl. gegen den auch im Prozeßrecht herrschenden Grundsatz von Treu und Glauben, wenn sie vorgerichtlich selbst der Wahrheit zuwider behauptet, die restliche Stoffmenge veräußert zu haben, sodann dies im Verlauf des Prozesses nicht richtigstellt, sondern es zuläßt, daß die Kl. dies als unstreitig behandelt, um dann schließlich am Ende der zweiten Instanz zu erklären, die Ware sei nach wie vor bei ihr vorhanden. Auf diesen Fall sind par. 290, 532 ZPO jedenfalls entsprechend anzuwenden. Danach kann ein Geständnis, das nicht der Wahrheit entspricht, auch in der Berufungsinstanz nur widerrufen werden, wenn es durch einen Irrtum veranlaßt ist, nicht aber, wenn ihm eine bewußt unwahre Darstellung zugrundeliegt. Für einen Irrtum im Sinne der vorstehenden Ausführungen hat die Bekl., obwohl sie im Senatstermin auf die Widersprüchlichkeit und Unlauterkeit auch ihres prozessualen Verhaltens eindringlich hingewiesen worden ist, nichts vorgetragen.
Allerdings hat die Bekl., eine rechtzeitige Mängelrüge nach Art. 39 CISG unterstellt, ihre Schadensersatzansprüche nach Art. 45 I, II i. V. mit Art. 74ff. CISG nicht dadurch verloren, daß sie keine Nachfrist zur Ersatzlieferung gesetzt hat. Solche Ansprüche - etwa in Form eines entgangenen Gewinns - hätte die Bekl. möglicherweise im Wege der Aufrechnung geltend machen können, was sie jedoch nicht tut.
Die vom LG zuerkannten Zinsen in Höhe von 5% ab 17 11. 1992 (Klagezustellung), welche die Bekl. der Höhe nach nicht angreift, sind gem. Art. 78 CISG i. V. mit par. 352 HGB und par. 291 BGB begründet. Art. 78 CISG bestimmt, daß der Verkäufer Anspruch auf Zinsen hat, wenn der Käufer es versäumt, den Kaufpreis zu zahlen. Die Höhe des Zinssatzes ist dagegen nicht geregelt. Sie richtet sich nach dem jeweiligen nationalen Recht, das durch die Kollisionsnormen bestimmt wird (vgl. v. Caemmerer / Schlechtriem, CISG, 1990, Art. 78 Rdnr. 3). Da beide Parteien sich im Rechtsstreit auf deutsches Recht berufen, haben sie insoweit durch schlüssiges Handeln die Anwendbarkeit deutschen Rechts vereinbart (Art. 27 I 2 EGBGB). Also schuldet die Bekl. kaufmännische Zinsen in Höhe von 5% ab Klagezustellung (par. 352 HGB, par. 291 BGB). Nichts anderes ergibt sich, wenn - bei fehlender (konkludenter) Rechtswahl - nach Art. 28 I und II EGBGB auf den vorliegenden Kautvertrag italienisches Recht anwendbar wäre. Nach Art. 1282, 1284 I Codice civile beträgt der gesetzliche Zinssatz für fällige Geldforderungen ebenfalls 5%.}}
Source
Published in German:
- Recht der Internationalen Wirtschaft (RIW), 1994, 1050
- Neue Juristische Wochenschrift- Rechtsprechungs Report (NJW-RR), 1994, 506-507
Commented on by:
- U. Magnus, Probleme der Vertragsaufhebung nach dem UN-Kaufrecht (CISG), Juristische Schulung (JuS), 1995, 870-872}}