Data

Date:
30-06-1998
Country:
Austria
Number:
1 Ob 273/97x
Court:
Oberster Gerichtshof
Parties:
Unknown

Keywords

RISKOF ERROR OR DELAY EN ROUTE TO BE BORNE BY ADRESSEE - (ART. 27 CISG)
BURDEN OF PROOF OF TIMELY NOTICE - REFERENCE TO APPLICABLE DOMESTIC LAW

Abstract

An Austrian buyer and a German seller concluded a contract for the delivery of pineapples. The parties had agreed that COFREUROP (European standard terms for the sale of fresh fruits and vegetables) should govern the contract. When the goods were delivered, the buyer discovered that a part of the goods were defective. The buyer therefore claimed lack of conformity and only partially paid the purchase price. The buyer alleged it had immediately notified the seller of the non-conformity of the goods by fax, but such fax had only been transmitted the following day. The seller alleged that the buyer did not send the notice of lack of conformity within the 12 hours period provided by Art. 17(2)(c) COFREUROP.

The Supreme Court remanded the case to the lower court, instructing it to make a clear finding of facts on the circumstances that had prevented the buyer from sending a timely notice. With reference to scholarly writing on German domestic sales law - but without specific reference to CISG - the court stated that the buyer had the burden of proving whether or not it had made a timely notice.

Finally the court stated that according to Art. 27 CISG - which was considered to be applicable to the contract - the buyer did not bear the risk of delay of the notice of lack of conformity or its failure to reach the seller.

Fulltext

[…]
Begründung:
Beide Parteien handeln mit Obst, Südfrüchten und Gemüse. Die beklagte Partei bestellte am 9. bzw 10.12.1992 bei der klagenden Partei insgesamt 2340 Gebinde A 6er Ananas. Die klagende Partei bestätigte die Erteilung dieses Auftrags mit Telex vom 9. bzw 10.12.1992. In beiden Fernschreiben ist der Vermerk nach EG-Geschäftsbedingungen sowie qualitative Übernahme Antwerpen enthalten. Am 11.12.1992 übernahmen die Fahrer des von der beklagten Partei mit dem Transport beauftragten Unternehmens in Antwerpen insgesamt 1950 Gebinde A 6er Ananas und 1170 Gebinde C 12er Ananas, die ebenfalls von der beklagten Partei bei der klagenden Partei bestellt worden waren. Die Früchte wurden noch am 11.12.1992 mittels zweier LKW weitertransportiert und langten am späten Nachmittag bzw Abend des 12.12.1992 im Auslieferungslager der beklagten Partei in Wels ein. Dort wurde festgestellt, daß die in 6er-Kartons verpackten Früchte zu einem großen Teil von Schimmel befallen, angefault und überreif waren. Die Mängel betrafen 846 6er-Kartons Ananas; die in den l2er-Kartons verpackten Früchte waren einwandfrei. Für die in 6er-Gebinden gelieferten Ananas stellte die klagende Partei am 14.12.1992 DM 30.810 und am 15.12.1992 DM 7702,50 in Rechnung. Die beklagte Partei nahm von diesen Rechnungsbetragen Abzuge von insgesamt DM 9000 vor und bezahlte lediglich die Differenz.
Die Klägerin begehrte die Begleichung der restlichen Kaufpreisforderung von DM 9000. Bei Vertragsabschluß sei die Geltung der Geschäftsbedingungen für frische eßbare Gartenbauerzeugnisse im nationalen und internationalen Verkehr (COFREUROP) vereinbart worden. Diese Bedingungen seien auch Handelsbrauch. Entsprechend den COFREUROP wäre die beklagte Partei verpflichtet gewesen, die Ware vor der Übernahme an der Abgangsstation sachgemäß zu untersuchen und vorhandene Mängel zu rügen; dies sei nicht geschehen. Die von der beklagten Partei behaupteten Mängel seien als offene Mängel zu qualifizieren; die Lenker der Transportfahrzeuge hätten wegen unzureichender Fachkenntnisse und unzulänglicher Überprüfung die Mängel nicht erkannt. Die am 13.12.1992 von der beklagten Partei erhobene Mängelrüge sei aber selbst dann verspätet, wenn es sich um verdeckte Mängel handelte. Die beklagte Partei wäre verpflichtet gewesen, den Entladevorgang wegen der festgestellten Mängel sofort zu unterbrechen und davon die klagende Partei zu verständigen. Sie hätte die Ware nicht ausliefern und die klagende Partei von Zeit und Ort der Begutachtung durch einen Sachverständigen benachrichtigen müssen. Keinesfalls habe die klagende Partei allfällige Mängel arglistig verschwiegen. Die Ware sei im übrigen überhaupt nicht mangelhaft gewesen, jedenfalls nicht in dem von der beklagten Partei behaupteten Umfang.
Die beklagte Partei wendete ein, daß die Mängel bei der tatsächlich vorgenommenen und erforderlichen stichprobenartigen Überprüfung der Ware an der Abgangsstation nicht erkennbar gewesen seien. Sie seien erst beim Umpacken der Früchte zwecks Weiterversands festgestellt worden. In Entsprechung ihrer Schadensminderungspflicht habe die beklagte Partei die Auslieferung der Früchte versucht. Zum Zeitpunkt der Feststellung der Mängel am Abend des 12.12.1992 (Samstag) sei die klagende Partei weder telefonisch noch über Telefax erreichbar gewesen; die am 13.12.1992 erhobene Mängelrüge erweise sich demnach als rechtzeitig. Eine Verständigung der klagenden Partei von Zeit und Ort der Begutachtung entsprechend Art 18 COFREUROP sei nicht möglich gewesen. Die klagende Partei dürfe sich nicht auf Art 17 COFREUROP berufen, weil sie die Mängel arglistig verschwiegen habe. Die beklagte Partei machte zudem aufrechnungsweise Schadenersatzansprüche wegen der mangelhaften Lieferung im Gesamtbetrag von S 97.801,12 geltend.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
[...]
Grundsätzlich haben zwar bei der Beurteilung der Rechtzeitigkeit von Mängelanzeigen Samstage und Sonntage außer Betracht zu bleiben (3 Ob 535/90; SZ 53/63), doch war im vorliegenden Fall die Geltung der COFREUROP vereinbart, die ausdrücklich eine langstens l2stündige Rügefrist vorsehen. Die extreme Kürze dieser Frist ist durchaus gerechtfertigt, handelt es sich doch dabei um den Warenverkehr mit Obst, Gemüse und Südfrüchten, also mit Waren, die relativ rasch verderben. Haben die Parteien - wie hier - die Geltung der COFREUROP vereinbart, dann muß die Mangelrüge zwingend längstens binnen 12 Stunden ausgesprochen werden. Dies bedeutet im vorliegenden Fall, daß die Mängelrüge nach Feststellung der Mängel am 12.12.1992 um etwa 18 Uhr langstens bis 6 Uhr des darauffolgenden Tages erhoben werden mußte. Die Beweislast dafür, daß die Mängelrüge rechtzeitig und gehörig erhoben (abgesendet) worden ist, trifft in vollem Umfang den Käufer (Kramer aaO Rz 45 zu § 377, 378 mwN). Vom Verspätungs- wie vom Verlustrisiko wird der Absender der Mängelrüge nach dem hier anzuwendenden UN-Kaufrecht (Art 27) befreit (Kramer aaO Rz 43 zu § 377, 378). Nach den Feststellungen läßt sich aber nicht beurteilen, ob die beklagte Partei fristgerecht Mängelrüge erhoben hat. Das Erstgericht hat nämlich festgestellt, daß der Versuch des Geschäftsführers der beklagten Partei, die klagende Partei telefonisch zu erreichen, nicht gelungen sei. Angesichts der Tatsache, daß er diesen vergeblichen Versuch an einem Samstag gegen 18 Uhr unternahm, war er jedenfalls verpflichtet, eine Verständigung der klagenden Partei von dem von der beklagten Partei festgestellten Mangel der Ware über das Telefax herbeizufuhren. In diesem Zusammenhang stellte das Erstgericht fest: Das Telefaxgerät übernahm die Sendung nicht (S 9 f des Ersturteils). Demgegenüber traf es aber auch die Feststellung, daß das Telefax im Büro der klagenden Partei durchgehend auch Uber das Wochenende eingeschaltet gewesen sei (S 10 des Ersturteils). Diese beiden Feststellungen sind miteinander nicht in Einklang zu bringen, jedenfalls mangelt es aber an einer Klarstellung, warum das - eingeschaltete - Telefaxgerat der klagenden Partei die Sendung nicht übernommen habe. Das ist aber entscheidungswesentlich: Hat der Geschäftsführer der beklagten Partei em Telefax fristgerecht abgesandt und lag es im Bereich der klagenden Partei, daß dieses Telefax nicht oder nicht fristgerecht bei ihr einlangte, dann wäre die Mängelrüge als rechtzeitig anzusehen, kommt es doch bei dieser Frage nicht darauf an, ob die klagende Partei auf das Telefax rechtzeitig reagierte oder auch nur rechtzeitig reagieren konnte, sondern nur darauf, ob die Mängelrüge fristgerecht erhoben wurde. Die mangelnde (oder mangelhafte) Bereitschaft zur Entgegennahme eines Telefax hat die klagende Partei zu vertreten, mußte sie doch darnit rechnen, daß angesichts der Vereinbarung der Geltung von COFREUROP Mängelrügen auch am Wochenende zu erwarten waren bzw entsprechend darauf zu reagieren war. Daß der Geschäftsführer der beklagten Partei nicht zusätzlich auch ein Telex absandte, ist ihm nicht anzulasten; seiner Verpflichtung zur Erhebung der Mängelrüge ist er schon dann nachgekommen, wenn er ein Telefax ordnungsgemäß und fristgerecht abfertigte. Damit hatte er § 17 Z 4 lit b COFREUROP entsprochen; es schadet - trotz dessen Wortlauts - nicht, daß er sich des Telefax als des moderneren Telekommunikationsmittels bediente, zumal der Nachrichtenempfänger über ein solches Gerät verfügte. Es kommt daher auch nicht darauf an, daß die Vorinstanzen feststellen, es ließe sich der Zeitpunkt der Absendung des Telex (Beilagen Q und 3) vom 13.12.1992 nicht feststellen - obwohl auf diesen Beilagen eine Uhrzeit (11,30) deutlich erkennbar ist - und daß die beklagte Partei diese Negativfeststellung nicht angefochten hat, wäre doch dieses Telex, ginge man davon aus, daß es um 11,30 Uhr abgesandt wurde, angesichts der 12stündigen Rügefrist schon verspätet gewesen.
Das Erstgericht wird im fortgesetzen Verfahren widerspruchsfreie Feststellungen über die Absendung eines Telefax durch die beklagte Partei zu treffen haben, um verläß beurteilen zu können, ob ein solches innerhalb der laut COFREUROP vereinbarten Rügefrist abgesandt wurde. Danach wird in Sinne obiger Ausführungen neuerlich zu entscheiden sein.
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Source

Publishedin German:
Juristiche Blätter 1999, 252-255}}