Data

Date:
09-03-2000
Country:
Austria
Number:
6 Ob 311/99z
Court:
Oberster Gerichtshof
Parties:
Unknown

Keywords

FORMATION OF CONTRACT - MODIFIED ACCEPTANCE (ART. 19 CISG) - MATERIAL MODIFICATION OF OFFER IF RELATED TO PRICE OF GOODS (ART. 19 (3) CISG)

AVOIDANCE (TERMINATION) OF CONTRACT BY NOTICE - OBLIGATION TO GIVE NOTICE TO BREACHING PARTY (ARTS. 26 AND 49 CISG)

OBLIGATION TO MITIGATE DAMAGES (ART. 77 CISG)

Abstract

An Austrian buyer entered in negotiations with a German seller for the purchase of metal profiles. The buyer offered a purchase price of S 28 per kilo which was the one contained in a framework contract existing between the parties. The reply by the German seller stating a price of S 40 per kilo was accepted by the buyer in writing without any objections. The seller commenced an action against the buyer claiming the rest of the purchase price. The first instance Court granted the seller's action.

The appellate Court held that the contract is governed by CISG as in the time of the conclusion of the contract the parties had their places of business in contracting states (Austria and Germany) (Art. 1 (1) (a) CISG). It considered that the seller's reply, expressly accepted by the buyer, was a counter-offer according to Art. 19 CISG because it materially altered the offer of the framework contract. The modification was considered to be material because of the big difference between the purchase price agreed upon in the framework contract and the one in the seller's reply.

According to the Court the buyer could only claim damages due to violation of the framework contract but it could not ask for adaptation of the contract according to the framework contract since under CISG in case of breach of contract the termination of the contract is not automatic, but must be declared by the buyer (Arts. 26 and 49 CISG) who it failed to do so in the case at hand.
As to the presumed violation by the buyer of its duty to mitigate loss (Art. 77 CISG), the Court held that it had not to decide the matter because the buyer did not claim any damages.

Fulltext

Der Oberste Gerichtshof hat [...] den
B es c h l u s s gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
[...]
Begründung:
Die beklagte österr. Gesellschaft mbH bestellte am 7. Februar 1995 bei der k!agenden deutschen Gesellschaft Rahmenprofile und Deckschienen, die die klagende Partei mit 40 S pro kg fakturierte. Strittig ist nun Restkaufpreis von 189.030,48 S. Nach dem Standpunkt der beklagten Partei ist die ausgeführte Lieferung einem 1994 abgeschlossenen Rahmenvertrag zu unterstellen, sodass nur 28 S pro kg hätten verrechnet werden dürfen, nach dem Standpunkt der klagenden Partei hingegen aus näher genannten Erwägungen nicht.
Die Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren statt. Die zweite Instanz erachtete die ordentliche Revision als zulässig, weil Rspr zur Schadensminderungspflicht im UN-Kaufrecht fehle.
Die Revision der beklagten Partei ist nicht zulässig.
a) Zutreffend erkannten die Vorinstanzen, dass auf die Vertragsbeziehungen der Streitteile das am 1. Jänner 1989 in Osterreich (BGB1 1988/96) und am 1. Jänner 1991 in der Bundesrepublik Deutschland (BGB1 1990/303) in Kraft getretene Übereinkommen der Vereinten Nationen über den internationalen Warenkauf (CISG; in der Folge UN-K) anzuwenden ist. Denn die Rechtsbeziehungen der Streitteile haben einen Kaufvertrag über Waren zum Gegenstand; die Streitteile haben ihre Niederlassungen in Österreich und in Deutschland, also in verschiedenen Vertragsstaaten (Art 1 Abs. 1 lit a UN-K); sie haben die Anwendung des Übereinkommens auch nicht vertraglich ausgeschlossen (Art 6 UN-K). Das UN-K schafft selbst materielles Recht (1 Ob 74'99k = RdW 2000, 19 mwN; RIS-Justiz RSO112333).
b) Nach Art 14 UN-K kommt ein Vertrag durch übereinstimmende Willenserklärung, nämlich durch Abgabe eines Angebotes und dessen Annahme, zustande, wobei der Kaufvertrag nach dem UN-K weder schriftlich abgeschlossen werden muss noch sonstigen Formvorschriften unterliegt (Art 11 UN-K). Das Angebot, das seinem Inhalt nach durch die Bezeichnung von Ware, Menge und Preis zumindest ausreichend bestimmt sein muss (SZ 67/197), ist entsprechend dem dem Erklärungsempfänger erkennbaren Willen des Anbietenden auszulegen (10 Ob 518/95 = SZ 69/26 = RdW 1996, 203 = ZfRV 1996, 248 mwN). Nach den von der beklagten Partei in der Berufung nicht bekämpften Feststellungen des Erstgerichtes weigerte sich die klagende Partei, die als Rahmenabruf überschriebene Bestellung der beklagten Partei vom 7. Februar 1995 - mit Ausnahme der (ku!anterweise eingeräumten) Wirkung auf die Werkzeugkosten - als eine solche des Rahmenvertrages anzusehen, und war nur bereit, diese Bestellung zu einem Preis von 40 S pro kg anzunehmen. Diese Erklärung stellt ein Gegenanbot iSd Art 19 Abs I UN-K dar, weil es wesentliche Abweichungen, nämlich in Ansehung des Preises, vom Anbot der bek!agten Partei enthielt. Die beklagte Partei als ursprüngliche Offerentin akzeptierte das Gegenanbot der klagenden Partei mit Telefax vom 2. März 1995 und mit Schreiben vom 9. März 1995 vorbehaltslos. Fragen des Art 8 Abs 3 UN-K stellen sich bei dieser Sachlage nicht. Soweit die Rechtsrüge der beklagten Partei darauf aufbaut, ihre Bestellung sei auf Grund des Rahmenauftrages 1994 erfolgt, verlässt sie den Boden der den Obersten Gerichtshof bindenden erstinstanzlichen Feststellungen und ist damit nicht gesetzmässig ausgeführt und deshaib unbeachtlich.
c) Die beklagte Partei trägt wie schon bei den Vorinstanzen vor, die Vorgangsweise der klagenden Partei, in Ansehung der Bestellung vom 7. Februar 1995 nicht zu den Bedingungen des Rahmenvertrages 1994, sondern nur zu einem höheren Kilopreis abzuschließen, sei vertrags- und sittenwidrig. Denn die beklagte Partei habe die Ware dringend benötigt, urn einen ihr erteilten großen Auftrag fristgerecht erfüllen zu können. In dieser Zwangslage habe sie den von der klagenden Partei vereinbarungswidrig geforderten Kilopreis von 40 S bestätigen müssen, urn die Ware geliefert zu erhalten.
Unterstellt man zum Besten der beklagten Partei die Vertragswidrigkeit dieser Vorgangsweise der klagenden Partei, könnte die beklagte Partei allenfalls Schadenersatzansprüche nach dem - mangels gegenteiliger Vereinbarung wie hier nationale Vorschriften ausschließenden (Posch in Schwirnann Art 45 UN-K Rz 8) - Art 45 Abs 1 lit b UN-K wegen der Verletzung des Rahmenvertrages 1994 stellen, aber nicht die Vertragsanpassung des Kaufvertrages vom 7. Februar 1995 zu den Bedingungen des Rahmenvertrages 1994 begehren. Dem UN-K Iiegt das Prinzip des vollen Schadensausgleiches (Art 74 UN-K) zugrunde. Nähere Bestimmungen über die Schadensbemessung enthält das UN-K nur für den Fall der Vertragsaufhebung infolge Vertragsverletzung in den Art 75 f UN-K. Eine Vertragsverletzung führt nämlich nicht kraft Gesetzes zur Aufhebung des Vertrages. Die Vertragsaufhebung ist vielmehr durch eine vom vertragstreuen Teil an den Vertragspartner gerichtete einseitige, nicht formgebunde und mit Ausnahme der Fälle des Art 49 Abs 2 UN-K nicht befristete Erklärung geltend zu machen (SZ 69/26; RIS-Justiz RSO 104937). Liegt aber keine Vertragsaufhebungserklärung vor, so kommt nach Art 74 UN-K nur eine Form der Schadensberechnung in Betracht, die auf der Aufrechterhaltung und Durchfuhrung des Vertrages basiert (SZ 69~26; RIS-Justiz RSO 104930).
Die Frage, ob die beklagte Partei bei Beauftragung der klagenden Partei ihrer Schadensminderungsobliegenheit nach Art 77 UN-K nachkam, kann auf sich beruhen, weil die beklagte Partei einen konkreten Schaden im Verfahren weder schuldtilgend noch als Gegenforderung geltend gemacht hat. Damit ist auch bedeutungslos, ob die Dringlichkeit der bestellten Lieferung für die beklagte Partei der klagenden Partei erkennbar sein musste.
[...]
Die Revision ist demnach mangels erheblicher Rechtsfragen iSd § 502 Abs i ZPO zurückzuweisen.}}

Source

Source:Prof. Willibald Posch, Dr. Terlitza, Karl Franezns Universität Graz, Austria

Original in German:
Unpublished

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W. Posch in Zeitschrift für Rechtsvergleichung (ZfRV) 2000, 6; Recht der Wirtschaft (RdW) 2000, 79}}