Data

Date:
23-06-1998
Country:
Germany
Number:
19 U 127/97
Court:
Oberlandesgericht Hamm
Parties:
Unknown

Keywords

SCOPE OF CISG - RECOGNITION OF DEBT - MATTER IMPLICITLY EXCLUDED - DOMESTIC LAW APPLICABLE

RIGHT TO SUSPEND PERFORMANCE (ART. 71 CISG) NON DELIVERY DUE TO DISAPPEARANCE OF GOODS BUYER'S RIGHT TO SUSPEND PAYMENT

PASSING OF RISK BUYER BOUND TO TAKE OVER GOODS AT PLACE OTHER THAN PLACE OF BUSINESS OF SELLER RISK PASSES UPON PLACING GOODS AT BUYER'S DISPOSAL AT THAT PLACE (ART. 69(2) CISG) SELLER'S BURDEN OF PROVING DEROGATORY AGREEMENT

DELIVERY OF GOODS PLACING GOODS AT BUYER'S DISPOSAL (ART. 31(B) CISG) NEED TO COMPLY WITH ALL PREPARATORY ACTS REQUIRED IN THE CONTRACT

Abstract

An Austrian seller and a German buyer concluded a contract for the sale of furniture. The buyer refused to pay because the furniture had not been delivered as agreed upon. The seller commenced a legal action to obtain payment.

As to the scope of CISG, the Court observed that matters such as the existence or validity of a recognition of debt are not governed by CISG but by the applicable domestic law.

The Court dismissed the seller's claim under CISG. The buyer has the right to suspend payment according to Art. 71 CISG, if the seller will not perform a substantial part of its contractual duties.
In the case at hand the seller had not delivered the goods and it became apparent that it would not be able to do it in the future, since the furniture had disappeared from its storage place in Hungary.

The Court further held that the risk for accidental loss of the goods had not passed to the buyer under Art. 66 CISG. The seller did not bring evidence that the parties derogated from the rule on passing of risk contained in CISG by stipulating that the buyer should bear all risks already upon storage of the goods. Therefore, according to Art. 69(2) CISG, if the buyer is bound to take over the goods at a place other than a place of business of the seller as in the case at hand where the buyer had to take delivery in Hungary - the risk passes when delivery is due and the buyer is aware of the fact that the goods are placed at his disposal at that place. The Court held inter alia that the seller had not yet placed the goods at the buyer's disposal under Art. 31(b) CISG, since it had not fulfilled all preparatory acts required by the contract and in particular the duty of loading the furniture on train carriages or trucks.

Fulltext

[…]

Tatbestand:

Die Kl. verlangt von der Bekl. aus abgetretenem Recht die Bezahlung von Kaufpreisforderungen für die Lieferung von Möbeln.

Die Bekl. importierte in den Jahren 1992 bis 1995 in Ungarn gefertigte Möbel nach Deutschland. Sie kaufte diese Möbel bei den österreichischen Firmen A. in Klosterneuburg und W. in Wien. Diese Firmen nahmen ihrerseits vertragliche Beziehungen zu den Herstellerwerken in Ungarn auf. Zumindest teilweise wurden die Lieferungen so abgewickelt, dass die W. als Verkäuferin gegenüber der A. auftrat, die dann wiederum die Möbel an die Bekl. weiterverkaufte. Die Bekl. schloss mit den österreichischen Firmen mehrere Lieferverträge über umfangreiche Möbellieferungen ab, in denen jeweils die Artikel, die zumindest ungefähr festgelegten Gesamtmengen, die ungarischen Hersteller und die Lieferzeiträume angegeben waren. In den Verträgen wurde nicht vereinbart welches Recht anzuwenden sei. Nach den Lieferverträgen sollte die Bekl. die Möbel bei den Herstellerwerken verladen in Bahnwaggons oder auf Kundenlastkraftwagen übernehmen. Die Bekl. sollte die Möbel in Teillieferungen abrufen können, deren Umfang sich nach von ihr zu erstellenden Liefergraphiken richten sollte. Die österreichischen Verkäufer erkannten in den Lieferverträgen die generellen Vertrags- und Lieferbedingungen der Bekl. an. Es liegen vier Lieferverträge vor.

Bei der Abwicklung der Lieferverträge war es üblich, dass die fertiggestellten Möbel bis zum Abruf durch die Bekl. in Ungarn gelagert wurden. Nach der Einlagerung erstellte die A. für die Bekl. Einlagerungsrechnungen. Die Bekl. bezahlte jedoch erst nach der Auslieferung der Möbel die hierfür erstellten Lieferrechnungen. Auf die Einlagerungsrechnungen wurden von ihr keine Zahlungen erbracht.

Die Firma A. trat an die Kl. zur Sicherung eines von ihr erhaltenen Kredits in Zessionsverträgen vom 29.10.1993, 5.11.1993, 2.2.1994 und 8.2.1994 ihr angeblich gegen die Bekl. zustehende Kaufpreisforderungen in einer Gesamthöhe von 413.206,-DM ab. Den Abtretungen lagen 6 von der Firma A. für die Bekl. erstellte Rechnungen zugrunde.

Alle Rechnungen wurden für die Einlagerung der angegebenen Möbel erstellt (sog. Lagerrechnungen).

Mit Schreiben vom 20.9.1994 forderte die Bekl. die A. auf, ihr keine Einlagerungsrechnungen mehr zuzuschicken. Die Lagerrechnungen würden von der Bekl. nicht bezahlt. Zahlungen erfolgten erst auf die nach Auslieferung der Möbel erstellten Auslieferungsrechnungen. Die Bank der Bekl. habe ihr mitgeteilt, dass die Erstellung von Einlagerungsrechnungen eine Doppeltberechnung darstelle, die zu rechtlichen Problemen führen könne.

Die Kl. hat der Bekl. die Abtretungen jeweils schriftlich angezeigt. Als die Kl. bemängelte, dass die Bekl. die Abtretung nicht schriftlich bestätigt habe, schickte diese der Kl. das Schreiben vom 24.10.1994:
"…wir möchten Ihnen durch dieses Schreiben folgendes bestätigen: Die Ware in den ungarischen Lagern ist von uns bestellt und wird auch abgenommen. Die Bezahlung der Ware ist valutiert bis zum Abruf durch uns und der Anlieferung in Steinheim. Für die Valutierung ist die Firma W. berechtigt, Zinsen zu berechnen und für die Lagerhaltung können entsprechende Kosten an uns weiterbelastet werden. Aus marktpoltischen Gründen ist es in Ausnahmefällen möglich, das Ware einen längeren Zeitraum, z.B l Jahr, eingelagert werden kann. Das hiergenannte gilt gleichlautend auch für die Firmen A. Klosterneuburg und M/Wien.
Eine entsprechende Forderungsabtretung der eingelagerten Ware wird von uns akzeptiert.
Gleichwohl möchten wir auf die Valutierung bis auf unseren Abruf nochmals hinweisen, da zwischen den o.g. Firmen und der Firma Mü. vereinbart worden ist, dass mit Lieferung der abgerufenen Ware eine Lieferrechnung erstellt wird, die die entsprechende Proforma-Lagerrechnung ersetzt und dann effektiv zu zahlen ist. Dieses ist deshalb notwendig, weil die abgerufenen Waren in ihrer Art und Stückzahl nicht der ursprünglichen Einlagerung entsprechen; hier werden je nach Bedarf unterschiedliche Waren gemischt und zur Auslieferung an unsere Kunden in Deutschland nach Stammheim geordert."

Die in den Rechnungen aufgeführten Möbel wurden an die Bekl. nicht ausgeliefert, und die Bekl. erbrachte auf die Rechnungen keine Zahlungen. Das L.-Werk befindet sich inzwischen im Konkurs; das Lager in Pàpa wurde aufgelöst. Möbel sind dort nicht mehr vorhanden.

Die Kl. hat behauptet, Grundlage für die in den Rechnungen ausgewiesenen Möbeleinlagerungen seien die Lieferverträge zwischen der Bekl. und der Firma A. vom 18.11.1991, vom 5.1. l994 und vom 6.6.1994 gewesen. Der Liefervertrag vom 10.11.1992 sei nicht irrtümlich für die W. ausgestellt worden ausserdem habe man seine Laufzeit bis Ende 1993 verlängert. Die Bekl.. habe die Möbel bei der Firma A. geordert. Die Möbel seien auf Anweisung der Bekl. in Pàpa von der Herstellerin, der Firma L., eingelagert worden.

Die Kl. hat die Auffassung vertreten, mit dem Schreiben vom 24. 10. 1994 habe die Bekl. die Abtretung anerkannt.

[...]

Die Kl. hat die Ansicht vertreten, auch unabhängig von dem Inhalt des Schreibens sei die Fälligkeit der konkreten Warenforderungen eingetreten, da die Auslieferung an das ungarische Pàpa mit der Ausgliederung an die Bekl. gleichzusetzen sei. Art. 58 Abs. 1 CISG sei insoweit abbedungen worden. Die Firma A. sei nur verpflichtet gewesen, die Möbel bei dem ungarischen Hersteller bereitzustellen. Sie hat behauptet, die Bekl. habe die Kosten der Lagerhaltung getragen. Die Einlagerung sei im Auftrag und im Interesse der Bekl. erfolgt, um ihr die Möglichkeit zu eröffnen, die Ware entsprechend der Konjunkturlage direkt an die Abnehmer weiterzuliefern. Ausserdem habe die Bekl. so die höheren Lagerkosten in Deutschland eingespart. Dieser Zweck der Einlagerung sei bei den Vertragsverhandlungen zwischen der Bekl. und der A. Gesprächsgegenstand gewesen. Die Bekl. habe die Auslieferung der Möbel selbst in der Hand gehabt.
Die Kl. ist der Auffassung gewesen, dass die ausstehende Lieferung der Möbel an die Bekl. diese nicht von ihrer Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises befreie, da der Verlust der Ware in dem ungarischen Lager der Sphäre der Bekl. zuzurechnen sei. Die Bekl. habe die Gefahr für die Lagerung der Ware tragen müssen. Durch die Einlagerung seien die Möbel zu einer Schickschuld konkretisiert worden. Da die Ware im Lager nicht mehr vorhanden sei, sei die Erfüllung der Lieferpflicht der A. unmöglich geworden.

Sie hat ferner behauptet, der Zeuge J. habe die Bekl. bei Abschluss der Einlagerungsvereinbarung darauf hingewiesen, dass die Einlagerung der Möbel auf ihre Gefahr erfolge, nachdem eine Gebäudeversicherung nach einem Brand in einer Färberei im Jahr 1995 sich geweigert habe, den an vorab übereigneten Möbeln entstandenen Schaden zu ersetzen. Bei der Einlagerung seien die für die Bekl. bestimmten Möbel ausgesondert worden.

Die Kl. hat beantragt,
die Bekl. zu verurteilen, an sie 413.206,- DM nebst Zinsen zu zahlen.

Die Bekl.hat beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, dass es keine Verträge mir der A. über die hier in Frage stehenden Möbellieferungen gegeben habe. Die Lieferverträge zwischen der Bekl. und der A. könnten sich auf die in Rechnung gestellten Möbeleinlagerungen nicht beziehen, da die Einlagerungstermine nicht mit den vereinbarten Lieferzeiträumen übereinstimmen. Fünf Einlagerungen seien 1993 erfolgt. Für diese Zeit gebe es zwischen der Bekl. und der A. keine Liefervereinbarungen. Jedenfalls seien die von der Kl. geltend gemachten Forderungen nicht fällig geworden. Aus dem Schreiben der Bekl. vom 24.10.1994, insbesondere aus dem Hinweis darauf, dass die Bezahlung der Ware bis zu ihrem Abruf durch die Bekl. valutiert sei, ergebe sich, dass die Kaufpreisforderungen erst mit Abruf der Möbel durch die Bekl. fällig werden sollten. Sie hat hierzu behauptet die in Frage stehenden Möbellieferungen nie abgerufen zu haben. Nach ihren Vereinbarungen mit ihren österreichischen Lieferanten habe sie sich, wie in dem Schreiben vom 24.10.1994 festgehalten, bei den von der Kl. vorgelegten Einlagerungsrechnungen nur um Proforma-Rechnungen gehandelt, die von ihr nicht hätten bezahlt werden müssen. Erst die Lieferrechnungen hätten die Zahlungsansprüche begründen sollen. Die Lagerrechnungen hätten allenfalls dazu gedient, der Bekl. anzuzeigen, dass die Ware gefertigt und zum späteren Abruf bereit sei. Der Zeuge J. habe die pro forma erstellten Lagerrechnungen dazu verwendet, Forderungen für dieselben Möbel zweifach an die Kl. abzutreten, einmal bei ihrer Einlagerung, das zweite Mal bei ihrer Auslieferung.

Die Bekl. hat weiterhin behauptet, sie habe mit dem Lager in Pàpa nichts zu tun gehabt. Sie habe über keinen Schlüssel für die Lagerräume verfügt und keinen eigenen Zugang zu ihnen gehabt.

[…]

Die Bekl. ist der Auffassung gewesen, der Aussage in dem Schreiben vom 24.10.1994, dass die Forderungsabtretung akzeptiert werde, komme keine rechtliche Bedeutung zu, da die Wirksamkeit einer Abtretung nicht von der Zustimmung des Schuldners abhänge.

[…]

Mit Urteil vom 10.6. 1997 hat das LG die Klage abgewiesen. Die Bekl. sei nicht gem. Art. 53 CISG i.V.m. der Forderungsabtretung verpflichtet, an die Kl. die der Klageforderung zugrundeliegenden Rechnungsbeträge zu zahlen. Eine Zahlungsverpflichtung ergebe sich nicht schon daraus, dass die Bekl. in ihrem Schreiben vom 24.10.1999 die Forderungen anerkannt habe. Die Bekl. habe in dem Schreiben lediglich die Abtretung akzeptiert, nicht aber die abgetretenen Forderungen mit der Wirkung anerkannt, dass Einwendungen gegen sie ausgeschlossen seien.

Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass es überhaupt zu Kaufabschlüssen über die in den Rechnungen aufgeführten Möbel gekommen sei. Bei den vertraglichen Beziehungen der Bekl. mit der Firma A. müsse zwischen den Rahmenverträgen und den aufgrund der von der Bekl. zu erstellenden Liefergraphik erfolgten Einzelabrufen der Möbel unterschieden werden. Sowohl auf die Rahmenverträge als auch auf die Einzelabrufe sei das UN-Kaufrecht anwendbar. Im vorliegenden Fall sei nicht ersichtlich, dass die Bekl, die Möbel, für die die Rechnungen erstellt worden seien, überhaupt abgerufen habe, so dass der Abschluss eines Kaufvertrages für diese Möbel nicht angenommen werden könne.

Im übrigen stünden der Inanspruchnahme der Bekl. die Gefahrtragungsregeln entgegen. In Art. 68 CISG sei geregelt, dass die Gefahr eines nicht vom Verkäufer zu vertretenden Untergangs der Kaufsache mit der Übernahme der Ware auf den Käufer übergehe. Die Bekl. habe die Möbel jedoch nicht übernommen. Sie sei substantiiert der klägerischen Behauptung entgegengetreten, dass sich die Möbel in einem von der Bekl. verwahrten und finanzierten Lager befunden hätten. Die Bekl. habe detailliert dargelegt, dass die Möbel im Herstellerwerk gelagert worden seien und dass sie auf die Möbel keinen Zugriff gehabt habe. Damit korrespondiere die vertragliche Vereinbarung, wonach die Firma A. oder das Herstellerwerk die Verladung der Möbel vorzunehmen hätten. Es sei auch kein Gefahrübergang durch Annahmeverzug gegeben. Die Kl. habe nicht vorgetragen, dass die Übernahme der Möbel für eine bestimmte Zeit vereinbart gewesen sei und dass die Bekl. unter Verletzung des Vertrages die Möbel nicht in dieser Zeit übernommen habe. Aus dem Vortrag der Kl., der Zeuge J. habe die Bekl. im Jahr 1995 nach einem Brandschaden darauf hingewiesen, dass die Einlagerung auf Gefahr der Beklagten erfolge, könne keine Gefahrtragungsvereinbarung für die Möbel hergeleitet werden, die in den vorgelegten Rechnungen aufgeführt seien. Da diese Möbel bereits Ende 1993/Anfang 1994 eingelagert worden seien, könne ein Ereignis aus dem Jahre 1995 nicht der Anlass gewesen sein, bei der Einlagerung über die Gefahrtragung zu sprechen. Im übrigen habe die Kl. nicht vorgetragen, dass die Bekl. einer Gefahrübernahme zugestimmt habe. Ein einseitiger Hinweis auf eine Gefahrtragungspflicht könne diese allein nicht begründen.

Gegen dieses Unteil richtet sich die Berufung der Kl.. Die Kl. vertritt die Auffassung, dass Schreiben der Bekl. vom 24.10.1994, insbesondere der Hinweis darauf, dass die Ware in den ungarischen Lagern von der Bekl. bestellt worden sei und auch abgenommen werde, beinhalte ein Anerkenntnis der von der Kl. geltend gemachten Forderungen. Da das CISG keine Regelungen über Forderungsabtretungen oder Anerkenntnisse enthalte, bleibe es insoweit nach Art. 28 Abs. 1 und 2 EGBGB bei der Geltung von österreichischem Recht. Wegen des Forderungsanerkenntnisses sei die Bekl. mit weiteren Einwendungen ausgeschlossen. Als einzige Einwendung bleibe ihr der Hinweis auf die vereinbarte Kreditierung der Rechnungen bis zum Abruf der Möbel durch die Bekl..

Die Kl. behauptet, der Liefervertrag vom 10.11.1992 sei auf der Kölner Möbelmesse irrtümlich auf den Namen W. abgeschlossen worden, da die Bekl. auf dieser Messe alle anderen Verträge mit W. abgeschlossen habe. Es habe sich um ein Lager der W. gehandelt. Die für die Bekl. angefertigten Möbel seien in gesonderten Lagerräumlichkeiten aufbewahrt worden. Die Bekl.. habe sämtliche Lagerkosten und nicht nur einen Anteil getragen. Die W. wie auch die ungarischen Lager selbst seien von der A. angewiesen worden, die Möbel auf Abruf der Bekl. auszuhändigen. Die Kl. ist der Auffassung, trotz des Verlustes der Möbel bleibe es gem. Art. 69 Abs. 2 i.V.m. Art. 66 CISG bei der- Zahlungspflicht der Bekl. Der Gefahrübergang sei nach Art. 69 Abs. 2 CISG bereits erfolgt, als die A. der Bekl. die Möbel in dem Lager in Pàpa zur Verfügung gestellt habe. Die Einlagerungsrechnungen der W. für die A. enthielten in dem Vermerk „Zur Verfügung Fa. Mü. das Auslieferungsversprechen der Lagerhalterin. Unabhängig davon genüge auch schon die direkte Anweisung der A. an die Lagerhalter, der Bekl. die Möbel auf Abruf zur Verfügung zu stellen, für die Herbeiführung des Gefahrübergangs nach Art. 69 Abs. 2 CISG, auch ohne die Aushändigung einer entsprechenden Bescheinigung an die Bekl..

Die Kl. beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Bekl. zu verurteilen, an sie 413.206, DM nebst Zinsen zu zahlen.

Die Bekl. beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, sie habe gegenüber der Kl. kein Schuldanerkenntnis abgegeben, aus dem ein etwaiger Einwendungsausschluss folgen könnte. Die Frage, ob ein Schuldanerkenntnis abgegeben worden sei oder nicht, sei nach deutschem Recht zu beurteilen. Das Anerkenntnis werde anders als die Abtretung nicht gem. Art. 33 Abs. 2 EGBGB dem Forderungsstatut unterstellt. Die charakteristische Leistung eines Schuldanerkenntnisses, die Schaffung einer neuen oder die Bestätigung einer bereits vorhandenen Schuld, sei von der Bekl. in Deutschland erbracht worden, so dass § 781 BGB anwendbar sei. Unter Beachtung des Empfängerhorizonts der Kl. und bei Berücksichtgung der erkennbaren Interessen der Bekl. könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Bekl. mit dem Schreiben eine neue abstrakte Forderung habe begründen oder dass sie in bestimmtem Umfang auf Einwendungen gegen die angeblichen Kaufpreisforderungen habe verzichten wollen. Das Schreiben stelle lediglich eine Kenntnisnahme der Abtretung dar, zumal die Bekl. deutlich darauf hingewiesen habe, dass sie nur ausgelieferte Ware bezahlen wolle. Selbst bei der Anwendung von österreichischem Recht komme man zu diesem Ergebnis.

[...]

Die Gefahr für einen nicht von der Verkäuferin verschuldeten Untergang der angeblich in Pàpa eingelagerten Möbel sei nicht nach den Gefahrtragungsregeln der CISG auf die Bekl. übergegangen. Die Klägerin habe nicht dargelegt und bewiesen, dass der von ihr behauptete Untergang der Möbel auf einem Zufall beruhe. Auch sei mangels eines Abrufs durch die Bekl. nicht die von Art. 9 Abs. 2 CISG vorausgesetzte Fälligkeit der Lieferungen eingetreten. Die von der W. für die A. erstellten Möbelrechnungen enthielten nicht das von Art. 69 Abs.2 CISG erforderte eindeutige Auslieferungsversprechen des Lagerhalters zugunsten der Bekl. Diese Dokumente hätten keinen Erklärungswert, der über die Funktion als Rechnung für den Bekl. hinausginge.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Kl. ist zulässig, aber unbegründet.

I. Der Kl. steht gegen die Bekl. kein Anspruch auf Zahlung von 413.206, DM aus einem konstitutiven Schuldanerkenntnis zu. Die Bekl. hat keine Erklärung abgegeben, die als wirksames konstitutives Schuldanerkenntnis gewertet werden könnte.
1. Die Frage, ob die Bekl. ein Schuldanerkenntnis abgegeben hat, ist nach österreichischem Recht zu beurteilen. Die Lieferverträge zwischen der Bekl. und der A. bzw. der W., die nach dem Vortrag der Kl. die Grundlage für die von ihr geltend geltend gemachten Forderungen bilden sollen, unterfallen gem. Art. 1 Abs. 1 CISG diesem Übereinkommen. Die Bekl. und die Firmen A. und W. haben ihre Niederlassungen in verschiedenen Staaten (Deutschland und Österreich), die Vertragsstaaten sind (Honsell Kommentar zum UN-Kaufrecht, 1997, S. 1089f.). Die Vertragsparteien haben auch nicht die Anwendbarkeit des CISG nach Art. 6 CISG ausgeschlossen. Da die Abgabe eines Schuldanerkenntnisses für eine dem UN-Kaufrecht unterfallende Kaufpreisforderung jedoch nicht im CISG geregelt ist und die Parteien der Lieferverträge auch nicht vereinbart haben, welches Recht auf ein Schuldanerkenntnis angewandt werden soll, ist das anzuwendende Recht nach den Regeln des IPR zu bestimmen. Das EGBGB enthält keine ausdrückliche Regelung für Schuldanerkenntnisse. Beim Fehlen einer Rechtswahl gilt i.d.R. für das Anerkenntnis das die anerkannte Forderung beherrschende Statut (MüKo/Martiny, Bd.7, 2.Aufl., 1990, Art. 32 EGBGB Rdn. 53). Dies ist im vorliegenden Fall gem. Art. 23 Abs. 1 und 2 EGBGB das österreichische Recht. Die Lieferverträge weisen vorausgesetzt, sie unterfielen nicht dem CISG die engste Verbindung zum österreichischen Recht auf, da die A. und die W. in Österreich als Verkäufer der Möbel die für die Kaufverträge charakteristischen Leistungen zu erbringen haben. Im vorliegenden Fall ist die Anwendung des österreichischen Rechts auf ein mögliches Anerkenntnis darüber hinaus geboten, weil das österreichische Abtretungsrecht in § 1396 S.2 ABGB eine Sonderregelung für das Anerkenntnis einer abgetretenen Forderung gegenüber dem Zessionar enthält. Die Abtretungen der geltend gemachten Kaufpreisforderungen an die Kl. unterliegen mangels einer Regelung im CISG gem. Art. 33 Abs.2 EGBGB dem Statut der abgetretenen Forderung, also dem österreichischen Recht. Es würde zu einer Kollision mit der systematisch dem Abtretungsrecht zugewiesenen österreichischen Sonderregelung führen, wollte man ein mögliches Schuldanerkenntnis nach einem anderen Rechtsstatut beurteilen.
Das Schreiben der Bekl. an die Kl. enthält nach österreichischem Recht kein wirksames Schuldanerkenntnis.

II. Die Kl. hat gegen die Bekl. nicht gem. Art. 53 CISG einen Anspruch auf Zahlung von 413.206, DM aus abgetretenem Recht.
Zweifelhaft ist schon, ob die von der Kl. geltend gemachten Rechnungen für Möbellieferungen überhaupt einem der vier vorliegenden Lieferverträge zugeordnet werden können. Ausserdem erscheint es fraglich, ob die Kaufpreisforderungen bereits fällig geworden sind, obwohl die Möbel bisher nicht an die Bekl. ausgeliefert wurden. Diese Fragen können jedoch dahinstehen. Dem Klagebegehren steht jedenfalls entgegen, dass die Bekl. nach Art. 71 Abs. 1 CISG die Erfüllung der eventuell bestehenden Kaufpreisansprüche aussetzen kann.
1. Es hat sich nach Abschluss der Lieferverträge herausgestellt, dass die A. einen wesentlichen Teil ihrer Pflichten, nämlich die Lieferung der Ware (Art. 30 CISG), nicht erfüllen wird. Denn nach dem Vortrag der Kl. sind die für die Bekl. in Pàpa eingelagerten Möbel in dem dortigen Lager nicht mehr vorhanden. Eine Lieferung an die Bekl. wird nicht mehr erfolgen. Die Bekl. hat ihr Aussetzungsrecht aus Art. 71 Abs. 1 CISG durch ihre Weigerung, den Kaufpreis zu zahlen, geltend gemacht. Dass sie die Zahlung des Kaufpreises ohne die Erbringung der Gegenleistung ablehne, hat sie durch ihren Hinweis darauf zum Ausdruck gebracht, dass sie Zahlungen nur Zug um Zug zu erbringen habe.
2. Die Bekl. ist nicht nach Art. 66 CISG verpflichtet, den Kaufpreis trotz des von der Kl. behaupteten Untergangs der Ware zu zahlen. Die Kl. hat nicht dargelegt, dass der angebliche Untergang der Ware erst nach dem Übergang der Preisgefahr auf die Bekl. erfolgt ist. Die Kl. hatte darlegen und gegebenenfalls auch beweisen müssen, dass die Möbel erst untergegangen sind, nachdem die Preisgefahr auf die Bekl. übergegangen war. Denn wer aus dem Gefahrübergang Rechte herleitet, muss ihn darlegen und beweisen (Staudinger/ Magnus, 13. Aufl., 1994, Art. 69 Rdn. 25). Dieser Pflicht ist die Kl. nicht nachgekommen.
Die Kl. hat schon nicht dargelegt, daß die Preisgefahr für die in Pàpa eingelagerten Möbel überhaupt auf die Bekl. übergegangen ist.

[…]

Der Zeitpunkt der Gefahnübergangs ist somit nach den gesetzlichen Regelungen des CISG zu bestimmen. Er richtet sich im vorliegenden Fall nach Art. 69 Abs. 2 CISG, da die Vertragsparteien vereinbart haben, dass die Bekl. die auf Bahnwaggons oder auf Kundenlastkraftwagen verladenen Möbel in Pàpa, also an einem anderen Ort als der Niederlassung der A. in Klostenneuburg, übernehmen sollte. Der Gefahrübergang nach Art. 69 Abs. 2 CISG setzt voraus, dass die Lieferung fällig ist, die Ware dem Käufer vertragsgemäss zur Verfügung gestellt wird und daß der Käufer hiervon Kenntnis hat.

Keine dieser Voraussetzungen ist nach dem Vortrag der Kl. erfüllt. Sie hat nicht dargelegt, dass die Möbellieferungen überhaupt schon fällig geworden sind. Die Fälligkeit einer Warenlieferung bestimmt sich gem. Art. 33 Buchst. a CISG primär nach den vertraglichen Vereinbarungen über den Lieferzeitpunkt. Nach den Regelungen der von der Bekl. und der A. abgeschlossenen Lieferverträge sollte sich der Zeitpunkt, an dem die Verkäuferin der Bekl. die Möbel zur Verfügung zu stellen hat, nach den Liefergraphiken der Bekl. richten. Diese Liefergraphiken hat die Kl. nicht vorgelegt. Sie hat auch keine Angaben dazu gemacht, wann die Möbel nach den Liefergraphiken bereitzustellen waren. Weiterhin hat die Kl. nicht vorgetragen, dass die Möbel der Bekl. bei dem Möbellager in Pàpa zur Verfügung gestellt worden sind. Zur Verfügung gestellt ist die Ware nach dem für Holschulden der hier vorliegenden Art massgeblichen Art. 31 Buchst. b CISG erst, wenn der Verkäufer alle nach dem Vertrag erforderlichen Vorbereitungsmassnahmen getroffen hat (v. Caemmerer/Schlechtnem-Hager, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 2. Aufl., 1995, Art. 69 Rdn. 4; Honsell/Schonle Art. 69 Rdn.18, 11). Nach den Lieferverträgen sollte die A. dafür sorgen, dass die Möbel auf Bahnwaggons oder Kundenlastkraftwagen verladen bereitgestellt werden. Diese Bereitstellung ist niemals erfolgt.

Darüber hinausgehend hat die Kl. auch nicht dargelegt, wann die Möbel überhaupt abhanden gekommen seien. Sie hat eingeräumt, dass sie ausserstande sei, hierzu irgendwelche Angaben zu machen. Wenn die Kl. diese Informationen erst durch die Vernehmung des Zeugen J. erhalten will, dann handelt es sich hierbei um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis, der nicht dem Beweis von vorgetragenen Tatsachen dient, sondern den Vortrag solcher Tatsachen überhaupt erst ermöglichen soll. Es ist deshalb unabhängig von der Frage, ob es bereits zu einem Übergang der Preisgefahr gekommen ist nicht möglich, festzustellen, ob der Verlust der Möbel vor oder nach dem Zeitpunkt eines eventuellen Gefahrübergangs erfolgt ist.

[…]}}

Source

Published in German:
- Transportrecht-IHR 1-2000, 7-10
- Recht der Internationalen Wirtschaft (RIW), 1999, 785-787}}