Data
- Date:
- 27-12-1999
- Country:
- Germany
- Number:
- 2 U 2723/99
- Court:
- Oberlandesgericht Dresden
- Parties:
- Unknown
Keywords
APPLICATION OF CISG - CHOICE OF LAW OF CONTRACTING STATE - CISG APPLICABLE
EXCLUSION OF CISG (ART. 6 CISG) - EXPRESS REFERENCE TO DOMESTIC LAW PROVISIONS IN PARTIES' PLEADINGS - NOT AMOUNTING TO EXCLUSION
INTERPRETATION OF PARTIES' STATEMENTS AND INTERESTS (ART. 8(2) AND (3) CISG)
RIGHT TO SUSPEND PERFORMANCE (ART. 71(1) CISG)- REQUIREMENTS
Abstract
A Dutch company producing chemicals and an U.S. company manufacturing products to be used for animal food entered into a long-standing business relationship, under which they concluded several contracts of sale. The Dutch company (the seller) commenced an action claiming full payment of three deliveries of goods. The US company (the buyer) on its part claimed that the parties had agreed to settle the claim by delivery of goods from the buyer to the seller. In addition the buyer claimed that the seller would have to pay damages as it had stepped back on another deal regarding sale of chemicals.
The Court held that CISG was applicable, either according to its Art. 1(1)(a), or - if the parties had validly chosen Dutch law - as part of the law of the Netherlands, a contracting State. The Court further found that the express reference to provisions of German law made by the parties in their pleadings and during the first instance proceedings was not sufficient to exclude the application of CISG to the contract (Art. 6 CISG).
The Court stated that the defendant had to pay the purchase price according to Art. 53 CISG.
The price was found to be due as there was no evidence that the parties agreed to settle the claim against purchase of buyer's goods. In order to reach this conclusion the Court interpreted the wording of the agreement and the interests of the parties according to Art. 8 (2), (3) CISG.
Finally, the Court held that the defendant could not suspend performance of its obligation to pay the purchase price alleging that the plaintiff had not paid damages deriving from breach of negotiations between the parties. The Court stated that Art. 71(1) CISG requires a synallagmatic link between the performance to be suspended and the other claim. As the defendant's claim for damages did not arise in a mutual relation with the plaintiff's contractual claim, the Court held that the defendant had no right to suspend performance.
Fulltext
[...]
Die Parteien streiten im wesentliche darüber, ob die Warenforderungen der Kl. auf der Basis "Ware gegen Ware" ausgeglichen werden können. Die Kl. ist ein in den Niederlanden ansässiges Unternehmen der chemischen Industrie. Bei der Bekl. handelt es sich um ein in den USA ansässiges Unternehmen, das Vorstufen von Tierfuttermitteln produziert und in Plauen eine Niederlassung unterhält. Zwischen den beiden Parteien bestanden seit einiger Zeit Geschäftsbeziehungen.
Zugunsten der Kl. stand am 24.2.1997 ein Saldo von 11.466,10 DM aus. Aufgrund von drei weiteren Lieferungen der Kl. mit drei weiteren Rechnungen ergab sich zugunsten der Kl. mit ihrer letzten Rechnung vom 20.11.1997 ein Saldo von 41.651,10 DM. Das ist die Klageforderung. Die Kl. verlangt als Nebenforderung 1.909,10 DM Inkassokosten. Der Mahnbescheid über die streitgegenständliche Forderung wurde am 27.3.1998 an die Bekl. zugestellt.
Die Kl. trägt vor, es niemals vereinbart gewesen, daß die Bekl. den ausstehenden Saldo durch Warenlieferungen ausgleichen könne. Sie, die Kl., habe nur einmal eine Warenlieferung der Bekl. mit dem offenen Saldo verrechnet. Hieraus könne jedoch nicht geschlossen werden, daß die Bekl. von nun an berechtigt sein sollte, sämtliche offenstehenden Rechnungen durch Gegenlieferungen ausgleichen zu können. Bezüglich des angeblichen Schadenersatzanspruches der Bekl. habe sie, die KL., nicht vertrauensschädigend gehandelt. Bei der bloßen Anfrage nach der Lieferfähigkeit entstehe noch gar kein Vertrauensverhältnis. Nach Bekanntgabe der Konditionen habe sie, die Kl., keine Möglichkeit mehr gesehen, das Produkt von der Bekl. zu erwerben. Die geltend gemachten Inkassokosten seien erstattungsfähig. Die Verzugszinsen seine nach Grund und Höhe gerechtfertigt.
Die KL. begehrt von der Bekl. Zahlung von 41.651,10 DM nebst Zinsen sowie weiterer 1.909,10 DM.
Die Bekl. beantragt Klageabweisung. Sie erwidert, es sei bei einem Saldo zu Lasten der Bekl. vereinbart gewesen, daß die Bekl. ihrerseits diesen durch Warenlieferungen ausgleichen könne. Sie, die Bekl., sei nach wie vor bereit und in der Lage, der KL. chemische Produkte zur Lebensmittelherstellung und -aufbereitung zur Verfügung zu stellen. Daher sei, so meint die Bekl., die Forderung der Kl. noch gar nicht fällig, allenfalls könne eine Zug-um-Zug-Verurteilung begehrt werden. Zumindest handele es sich um eine Wahlschuld i.S. des § 262 BGB. Darüber hinaus stehe ihr, der Bekl., ein Schadenersatzanspruch zu, weil die Kl. bezüglich einer Lieferung von Ethylacetat die Vertragsverhandlung ohne triftigen Grund abgebrochen habe. Sie habe sich im Vertrauen auf die Bestellung mit einer ausreichenden Menge eingedeckt, ohne daß es jedoch zu einer Abnahme gekommen sei. Die Inkassokosten und die geltend gemachten Verzugszinsen seien nach Grund und Höhe zu bestreiten. Erst mit Zustellung des Mahnbescheides könne die Kl. Verzugszinsen beanspruchen.
Entscheidungsgründe:
A. Auf den zulässigen Einspruch der Beklagten war das Versäumnisurteil des - gemäß § 3 Abs. 2 RpflAnpG ordnungsgemäß besetzten - Senats vom 15.11.1999 aufrechtzuerhalten, da die Berufung unbegründet ist.
I. Der Senat hat über die Berufung durch ein Sachurteil zu befinden, da der Rechtsstreit, der in die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte fällt, entscheidungsreif ist und damit für die von der Beklagten angeregte Zurückverweisung selbst dann kein Raum bliebe, wenn der Vorinstanz Verfahrensfehler unterlaufen wären (vgl. Zöller/Gummer, ZPO, 21. Auf 1., § 540 Rdn. 1 m.w.N.).
II. Wie bereits das Landgericht zutreffend entschieden hat, stehen der Klägerin aus den streitgegenständlichen Lieferungen Kaufpreisansprüche in Höhe von DM 41.651,00 nebst Zinsen zu.
1. Diese gründen sich auf Artikel 53, 54 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf (CISG).
a) Das UN-Kaufrecht ist bei Anwendbarkeit deutschen Rechts gemäß Artikel 1 Abs. 1 a CISG (i. V. m. dem Gesetz vom 01.07.1989 [BGBl. II S. 586 ff.1]) für die Parteien maßgebend, da diese in Vertragsstaaten des CISG ansässig sind (vgl. für Niederlande: Bekanntmachung vom 11.04.1991, BGBl. II S. 675; für Vereinigte Staaten: Bekanntmachung vom 23.10.1990, BGBl. II. S. 1477 [1480]) und bei Kaufvertragsschluss ihre Niederlassungen in unterschiedlichen Staaten hatten.
b) Die Vertragsbeziehungen der Parteien unterliegen gleichermaßen dem CISG, wenn mit der Beklagten davon ausgegangen wird, dass die Parteien wirksam niederländisches Recht vereinbart haben (vgl. BGH NJW 1999, 1259 [1260]), da auch dann die von den Niederlanden vorbehaltlos ratifizierten Regelungen des CISG (vgl. Bekanntmachung vom 11.04.1991, a. a. 0.) über Artikel 1 Abs. 1 b CISG in das Vertragsverhältnis einbezogen wären. Insbesondere müsste der Verweis auf das niederländische Recht dahin verstanden werden, dass dieses insgesamt, also unter Einschluss des auch nach diesem vorrangig anwendbaren CISG, zur Anwendung komme (vgl. BGH NJW 1999, 1259 [1260], Heber, in: von Caemmerer/Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, Art. 6, Rdn. 16 m.w.N.; Maskow, in: Enderlein/Maskow/Strohbach, Internationales Kaufrecht, Art. 6 CISG, Anm. 1.3.; Piltz, NJW 1996, 2768 [2769] m.w.N. in Fußnoten 19 bis 23; OLG Bamberg OLGReport 1999, 149; 313 [319] ; zum EKG ebenso: BGHZ 96, 313 [3231 ) .
Nichts anderes folgt daraus, dass die Parteien in erster Instanz auf nationales deutsches Recht abgestellt haben.
Zwar ist nach Artikel 6 CISG der Ausschluss des UN-Kaufrechts möglich. Mangels hinreichenden Erklärungsbewusstseins kann aber in dem schriftsätzlichen Vortrag weder eine konkludente Wahl deutschen Rechts (vgl. dazu: BGH NJW 1999, 950 [951] ; BGH RIW 1995, 410 [412] ) noch ein schlüssiger Ausschluss des UN-Kaufrechts gesehen werden (vgl. Piltz, NJW 1996, 2768 [2770] m.w.N. in Fußnoten 27 bis 29; OLG Bamberg a. a.O.) .
2. Nach den Regelungen des CISG sowie nach den von den Parteien getroffenen Absprachen ist die Kaufpreisforderung fällig, da die Klägerin der Beklagten die gekaufte Ware am vereinbarten Ort ausgeliefert hat (vgl. OLG Karlsruhe NJW 1993, 1316; Piltz, NJW 1994, 1101 [1104] ) .
Die Fälligkeit hindert auch nicht, dass die Klägerin der Beklagten mit Schreiben vom 08.01.1997 (Anlage B 2, Bl. 230 dA) und 05.03.1997 (Anlage K 14, Bl. 68 88 dA) ge-stattet hat, den offenen Saldo innerhalb des vereinbarten Zahlungsziels "entweder durch Lieferung von Produkten oder durch Geldzahlung" (bzw. durch die Aussage. "to be settled against purchase MEG from ...") zu begleichen.
a) Schon aus dem für die Auslegung gemäß Artikel 8 Abs. 2 CISG vorrangig heranzuziehenden Wortlaut dieser Schreiben wird deutlich, dass die Kaufpreisforderungen nach Abschluss des vereinbarten Zahlungsziels fällig werden sollten und nur innerhalb dieser Frist der Beklagten die Befugnis zukam, durch das Angebot eines vertragsgemäßen Kompensationsgeschäfts zunächst eine Stundung zu bewirken und sodann durch dessen Vornahme die Kaufpreisansprüche zu erfüllen.
b) Für ein solches Verständnis der Abreden der Parteien spricht auch deren Interessenlage (vgl. Artikel 8 Abs. 2 CISG) .
Während der Beklagten ausreichend damit gedient war, dass sie eigene Lieferungen an die Klägerin tätigen und die gegenseitigen Kaufpreisforderungen hierdurch miteinander verrechnen konnte, war der Klägerin erkennbar daran gelegen, für die von ihr gelieferten Waren spätestens bei Ablauf des Zahlungsziels einen entsprechenden Gegenwert zu erhalten. Insbesondere konnte sich auch der Beklagten schlechthin nicht verschließen, dass es kaufmännischer Vernunft (vgl. Artikel 8 Abs. 3 CISG) widersprochen hätte, wenn die Klägerin die Kaufpreisforderungen über die vereinbarte Zahlungsfrist hinaus gegen die bloße Ankündigung von Kompensationsgeschäften gestundet hätte.
c) Trotz wiederholter Aufforderungen der Klägerin hat die Beklagte allein am 24.02.1997 ein Gegengeschäft über DM 13.110,00 (gebucht unter Nr. 216) vorgenommen, die streitgegenständlichen Forderungen aus den Lieferungen der Klägerin vom 18.03.1997 (Nr. 71510 über DM 23.100,00) vom 18.04.1997 (Nr. 71568 über DM 2.560,00) und vom 20.11.1997 (Nr. 71924 Über DM 4.525, 00) hingegen nicht durch eigene Warenlieferungen zum Erlöschen gebracht.
Vor allem hat die hierfür vortrags- und beweispflichtige Beklagte nicht hinreichend dargetan, der Klägerin innerhalb der vereinbarten Zahlungsfrist vertragsgemäße Kompensationsgeschäfte angeboten zu haben. Es mangelt hierzu schon an nachvollziehbaren Darlegungen dazu, wann sie der Klägerin zu verrechnende Lieferungen offeriert hat, auf welche Waren sich diese bezogen und welches Volumen sie haben sollten. Näheres Vorbringen hierzu wäre umso mehr erforderlich gewesen, als die Berechtigung zur Durchführung von Kompensationsgeschäften nach den zwischen den Parteien getroffenen Absprachen nur innerhalb von 30 Tagen bestand und sich damit jedenfalls nach dem 20.12.1997 (30 Tage nach der letzten Lieferung vom 20.11.1997) nur bei einem entsprechenden Einvernehmen der Klägerin die Möglichkeit geboten hätte, die streitgegenständlichen Kaufpreisforderungen durch Kompensat ionsgeschäfte zu tilgen.
3. Die Beklagte kann sich gegen die fällige Klageforderung auf kein Zurückbehaltungsrecht berufen.
Zwar könnte sie nach Artikel 71 CISG die Erfüllung ihrer Kaufpreisverpflichtungen aussetzen, wenn die Klägerin wesentliche Teile ihrer Pflichten nicht erfüllt hätte. Hierfür sind aus dem Sachvortrag der Beklagten aber keinerlei Anhaltspunkte zu gewinnen.
a) Der von der Beklagten im Zusammenhang mit den Verhandlungen über Etylacetat-Lieferungen verfolgte Schadensersatzanspruch steht mit den streitgegenständlichen Klageforderungen bereits nicht in dem nach Artikel 7l Abs. 1 CISG erforderlichen synallagmatischen Zusammenhang (vgl. Leser, in: von Caemmerer/Schlechtriem,a.a.O.,Art. 71, Rdn. 4).
b) Zudem hat die Beklagte nicht ansatzweise substantiiert vorgetragen, dass ihr aus einer Vertragspflichtverletzung der Klägerin ein Schadensersatzanspruch entstanden ist. Ein auf Artikel 61, 74 CISG gestützter Schadensersatzanspruch scheitert bereits daran, dass die Beklagte nicht erläutert, worin die Pflichtverletzung der Klägerin liegen soll. Dies gilt umso mehr als die Klägerin unwidersprochen vorträgt, sie habe nach ersten Vorgesprächen am 25.11.1996 bei der Beklagten Etylacetat bestellt und in der Folge abgenommen.
Völlig unklar bleibt weiterhin, wie die Beklagte die Höhe des von ihr mit "mindestens DM 40.000,00" bzw. "in Höhe der Klageforderung" angesetzten Schadens ermittelt.
III. Die Klägerin ist nach Artikel 78 CISG berechtigt, Zinsen auf die ausstehenden Zahlungen zu verlangen (vgl. Piltz, NJW 1996, 2768 [2773 m. w. N.] ; Piltz, NJW 1994, 1101 [1105] ) . Die Zinshöhe ist zumindest in dem im Rechtsstreit verfolgten Umfang von 5 % p.a. begründet, da dieser bei Anwendung deutschen Rechts durch §§ 352, 353 HGB gerechtfertigt ist und bei Anwendung niederländischen Rechts der geschuldete Zinssatz seit 01.01.1998 gemäß Artikel 119, 120 des 6. Buches des niederländischen Gesetzbuches i.V.m. der ministeriellen Verordnung vom 18.12.1997 6 % beträgt.
B.
Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 97 Abs. 1 analog, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
C.
Die Revision war nicht gemäß § 546 Abs. 1 Satz 2 ZPO zuzulassen, da die Sache entgegen der Sicht der Beklagten keine grundsätzliche Bedeutung hat. Weder die Anwendbarkeit des UN-Kaufrechts noch die Auslegung der zwischen den Parteien zu den Zahlungsmodalitäten getroffenen Absprachen bergen als offen oder klärungsbedürftig zu erachtende Rechtsfragen in sich.
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Source
Published in German:
- TransportR-IHR 2000, 20-22
Lower Instance:
- Landgericht Zwickau 3 HKO 67/98}}