Data

Date:
15-09-1997
Country:
Germany
Number:
3 KFH O 653/93
Court:
Landgericht Heilbronn
Parties:
Unknown

Keywords

BUYER'S RIGHT TO AVOID (TERMINATE) CONTRACT FOR LACK OF CONFORMITY SELLER'S FUNDAMENTAL BREACH (ARTS. 25 AND 49(1)(A) CISG)

SCOPE OF CISG - INCLUSION OF STANDARD TERMS IN THE CONTRACT - INTERPRETATION OF PARTIES' STATEMENTS AND CONDUCT (ART. 8 CISG) - LANGUAGE DIFFERENT THAN THE CONTRACT LANGUAGE

SCOPE OF CISG - VALIDITY OF STANDARD TERMS MATTER EXCLUDED (ART. 4 CISG) DOMESTIC LAW APPLICABLE

SCOPE OF CISG LIMITATION PERIOD (PRESCRIPTION) MATTER EXCLUDED (ART. 4 CISG) -DOMESTIC LAW APPLICABLE

RIGHT TO DAMAGES (ART. 74 CISG) - FORESEEABILITY

Abstract

An Italian buyer and a German seller concluded a contract for the sale of a machinery. The contract was written in Italian, while in the following correspondence (confirmation of order) the seller included its standard terms in German. After discovering that the machinery did not have the promised qualities, the buyer declared the contract avoided. It started a legal action to recover the purchase price already paid and damages suffered.

The Court held that the buyer had the right to avoid the contract for fundamental breach by the seller (Art. 49(1)(a) CISG) based on lack of conformity of the machinery. In the Court's opinion though the machinery could still be used as equipment, of decisive importance was that the buyer had specifically ordered a high-tech prototyp to obtain a better performance than that offered by current equipment.

Because of the seller's unreliable conduct, moreover, the buyer was not obliged to accept the seller's offers to repair the machinery.

Therefore the seller had to make restitution of the purchase price against restitution of the machinery according to Art. 81(1) and (2) CISG, and the buyer was awarded damages, though only insofar as they were foreseeable (Art. 74 CISG).

The Court further pointed out that the buyer's rights were not time-barred. CISG has no rules concerning the limitation period, thus this matter is governed by domestic law. In the case at hand according to the applicable German law the damages were not time-barred.

Furthermore the Court stated that in the absence of an express rule in CISG, the inclusion of standard terms in the contract has to be determined by interpreting the contract in the light of
Art. 8 CISG. A reference by one party to its standard terms must be such as to put a reasonable person of the same kind as the other party in a position to understand it and to gain knowledge of the standard terms. Among the circumstances to be taken into account is the language in which the standard terms are written. In the case at hand the seller's standard terms were in German, which was not the language of the contract. The seller should have sent an Italian translation or at least a text both in Italian and in German.

As to the validity of an exculpatory clause contained in another set of standard terms invoked by the seller, it was a question not ruled by CISG but by the applicable German domestic law, under which the clause was invalid.

Finally the Court excluded the recourse to the remedy of Nachfrist provided for in German domestic law, since within CISG's scope of application concurrent recourse to national law remedies is not allowed.

Fulltext

[…]

Tatbestand:

Die Klägerin ist Zulieferbetrieb für verschiedene italienische Möbel- insbesondere Küchenproduktionsfirmen. Sie will ein Kaufgeschäft rückabwickeln über einen von der Beklagten hergestellten und gelieferten Prototyp einer Folien-Ummantelungsanlage. Sie verlangt des weiteren Ersatz all ihrer im Hinblick auf das Geschäft getätigten Aufwendungen. Sie macht diese Ansprüche geltend aus ihr von der eingeschalteten Leasingfirma … S.p.A. abgetretenem Recht. Die Maschine sollte als Neuerung gegenüber bisheriger 3-Seiten-Beschichtung in einem fortlaufenden Arbeitsgang großflächige Tafeln aus Holzwerkstoff, aus denen Kücheneinrichtungsteile gefertigt. werden, mit sowohl auf der Ober- wie Unterfläche als auch an den beiden Seitenkanten - somit 4-seitig-ummanteln können. Die Klägerin behauptet, daß die Anlage den vertraglich vereinbarten Anforderungen nicht genüge, weil das Beschichtungsmaterial Falten und Blasen werfe und an der Unterseite der Werkteile Kräuselungen zeige. Die Beklagte ist Konzerntochter der …AG Deutschland und im Maschinenbau tätig.

Am 23.05.1990 unterzeichneten die Geschäftsführer der Parteien - nach Vorverhandlungen, die über eine weitere Tochtergesellschaft der Mehrheitsgesellschafterin, die Firma … liefen - ein als contratto di vendita überschriebenes Formular der Firma … (Anl..: K2 = B 22) über den Kauf einer Maschine - Modell Pu 130/60-Fol zum Preis von DM 1 068 000,-. Das Formular enthält oberhalb der Unterschriften und handschriftlicher Vertragspassagen auch formularmäßige Geschäftsbedingungen in italienischer Sprache (Übersetzung Ani. B 23). Am 20.06.1990 bestätigte die Beklagte der Klägerin den erteilten Auftrag auf einem Auftragsbestätigungsformular (Anl.: K3)‚ das neben einer umfangreichen Leistungsbeschreibung der Anlage ebenfalls formularmäßige Verkaufs- und Lieferbedingungen (in deutscher Sprache) aufweist. In beiden Schriftstücken ist der Vermerk enthalten, daß Zahlungen durch eine noch von der Klägerin zu bestimmende Leasinggesellschaft durchgeführt werden. Am 13.12.1990 (Anl.: B 1) orderte die von der Klägerin bestimmte Firma … S.p.A. die in der Auftragsbestätigung vom 20.06.1990 beschriebene Maschine nach vorheriger Übersendung einer pro forma-Rechnung durch die Klägerin vom 20.11.1990 (Anl. K 28).

Das Orderschreiben der Spei Leasing enthält wiederum Allgemeine Kaufbedingungen in italienischer Sprache (Übersetzung Anl . B 2 ). In Ziff . 3 dieser Bedingungen ist vereinbart: Die Lieferung erfolgt gemäß den Modalitäten, die direkt zwischen dem Leasingnehmer und dem Lieferanten vereinbart wurden. Mit Begleitschreiben vom 01.02.1991 (Anl. K 4) sandte sodann die Beklagte diese Bestellung gegengezeichnet zurück. Der zunächst vereinbarungsgemäß vorgesehene Liefertermin Juni 1991 wurde nicht eingehalten, sondern es kam zu einer Vorabnahme der Anlage im Werk der Beklagten am 06.12.1991, ohne daß jedoch Teile produziert wurden. Die Maschine wurde am 18.12.1991 unter gleichzeitiger Rechnungstellung an die … S.p.A. (Anl K 8) an die Klägerin per Fracht versandt, bei der sie am 29.12.1991 ankam (Lieferschein Anl. 7 ) ‚ Sie wurde von der Beklagten bei der Klägerin aufgeteilt und am 11.02. oder aber 26./27.0.2.1992 von der Beklagten übergeben (differierende Angaben der Beklagten in den Schriftsätzen vom 15.03.1994/Bl. 46 d.A. und 23.03.1995/Bl. 100 d.A.).

Wegen auftretender Probleme bei der 4 seitigen Ummantelung fanden nach den Angaben der Beklagten sodann Nachbesserungen statt vom 05.05. bis 12.05., 28. bis 30.05., 01.07. bis 03.07., 01.09. bis 17.09. und vom 25. bis 26.09.1992.

Mit Schreiben vom 11.11.1992 (Anl. B 13) an die Firma kündigte die Beklagte weitere Nachbesserungen für die Zeit vom 16.11. bis 02.12.1992 an. Die Ankündigung wurde von der Firma HOMAG Italia an die Klägerin weitergegeben in italienischer Übersetzung mit Schreiben vom 12.11.1992 (Anl. K 9).

Mit Schreiben vom 18.11.1992 (Anl. K 10/Übersetzung Anl. K 10 a) an die Firma … bat die Klägerin, die Instandsetzungsarbeiten einzustellen, da die Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens beabsichtigt sei.

Mit Schreiben vom 16.02.1993 (Anl. K 11) ließ sich die Beklagte auf das Beweissicherungsverfahren (Antrag vom 20.11.1992 - Anl. K 30) ein. In dem Verfahren wurde am 20.05.1993 von dem Gutachter Prof. Ing. Bartolini ein Gutachten erstellt (Anl. K 1 mit Übersetzung), welches zu dem Ergebnis kam, daß Probeläufe ein Nichtfunktionieren der Anlage erbracht hätten, mit einer Ausnahme bei Verwendung einer Folie Tacon Superfiex, die aber in ihrer Stärke außerhalb der Angebotsbeschreibung und der vorgesehenen Bandbreite und des vorgesehenen Benutzungsprogrammes gelegen hätte.

Mit der am 30.12.1993 bei Gericht eingegangenen Klage macht die Klägerin Vertragsaufhebung im Sinne des Art. 49 Einheitliches UN-Kaufrecht (CISG) wegen Vorliegens einer wesentlichen Vertragsverletzung (Art. 25 i.V.m. Art. 45 CISG) geltend, erklärt mit Anwaltsschreiben vom 17.11.1993 (K 27). Sie begehrt Rückzahlung des unstreitig bislang geleisteten Kaufpreisteiles von DM 668.000,-- Zug um Zug gegen Rückgabe der Maschine und verlangt des weiteren Schadensersatz gemäß Art. 45 Abs. 1 b i.V.m. Art. 74 ff. CISG für Aufwendungen, die sie im Hinblick auf den beabsichtigten Einsatz der Maschine getätigt hat. Diese Schaden beziffert sie auf:

1. Erforderliche Vorarbeiten und Parallelinvestionen
a. Mietaufwendungen 366.758.699 Lire
b. Betriebsstätte 118.426.965 Lire
c. Hilfsgeräte 54.953.193 Lire
d. Hilfsmaschinen 438.638.205 Lire
e. Transportkosten 19.120.024 Lire
f. Material 93.814.794 Lire
g. Personal 503.456.871 Lire
1.595.169.721 Lire
2. Entgangener Gewinn
1. Jahr 1993 750.000.000 Lire

3. Für die Anschaffung benötigte Finanzaufwendungen
300.000.000 Lire
---------------------------
2.645.168.721 Lire

Hinsichlich der weiteren Ausführungen zu den geltend gemachten Schadenssummen wird auf die Klageschrift Bl.9/23 d.A. nebst den vorgelegten Anlagen K 12/22 verwiesen.
Die Klägerin begehrt des weiteren, festzustellen, daß die Beklagte auch zum Ersatz des ihr weiter entstehenden Schadens verpflichtet sei.
Für den Fall, daß eine Vertragsauflösung nicht gerechtfertigt sei, macht die Klägerin Minderungsansprüche gemäß Art. 50 CISG geltend. Die Maschine habe im gelieferten Zustand höchstens einen Wert von DM 300.000,--, so daß eine zurückzuzahlende Überzahlung von DM 368.000,-- vorliege und andererseits der Beklagten kein Anspruch mehr auf Zahlung des offenen Restkaufpreises von DM 400 .000‚-- zustehe.

Die geltend gemachten Schadensbeträge seien zu verzinsen, wobei der tatsächlich höhere Zinsaufwand der Klägerin auf den gesetzlichen Zinsfuß nach italienischem Recht von 10 % beschränkt werde.

Die Klägerin beantragt:
1. Die Beklagte wird verurteilt‚ an die Klägerin Lire 2.645.168.721 zuzüglich 10 % Zinsen seit 16.12.1993 zu bezahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere DM 668.000,--- Zug um Zug gegen Rückgabe der Ummantelungsanlage PU 130/60-Fol in Pesaro (Italien) zu bezahlen.
hilfsweise:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 368.000,-- samt 10% Zinsen seit 21.12.1992 zu zahlen. Es wird feststellt, daß der Beklagten keine Ansprüche auf Zahlung eines Restkaufpreises für die Maschine PU 130/60-Folt zustehen.
3. Es wird feststellt, daß die Beklagte der Klägerin sämtliche Schäden zu ersetzen hat, welche diese seit dem 1.01.1994 dadurch erleidet, daß die von der Beklagten gelieferte Ummantelungsmaschine des Typs PU 130/60-Fol nicht funktionsfähig ist.

Die Beklagte beantragt,
die Klage kostenpflichtig abzuweisen.

Die Beklagte hat eine zunächst erhobene Rüge der örtlichen Zuständigkeit des angerufenen Gerichts fallengelassen.
Sie erhebt in erster Linie die Einrede der Verjährung der geltend gemachten Ansprüche. Die Klage sei nicht innerhalb der 6-monatigen Verjährungsfrist des § 477 BGB erhoben worden.

Die Ansprüche seien schon vor Einleitung eines Beweissicherungsverfahrens bei dem Gericht in Pesaro durch die Klägerin verjährt gewesen, weil die Verjährung lediglich für die Dauer der eingestandenen 27 Tage der Nachbesserung gehemmt gewesen sei. Im übrigen erfülle lediglich ein deutsches, nicht aber ein italienisches Beweissicherungsverfahren die Voraussetzungen einer Unterbrechung der Verjährung. Letztlich seien die Ansprüche aber bei Klageeinreichung am 30.12.1993 deshalb verjährt gewesen, weil die mit Erstellung des Beweissicherungsgutachtens am 20.05.1993 beginnende, 6-monatige Verjährungsfrist am 30.11.1993 abgelaufen gewesen sei. Sie selbst habe auf die Einrede der Verjährung auch nicht verzichtet. Die Verzichtserklärung ihrer Versicherung, diese Einrede bis zum 31.12.1993 nicht zu erheben müsse sie gegen sich nicht gelten lassen, da die Vollmacht der Versicherung nicht weiter reiche als ihre Pflicht, für den Schaden einstehen zu müssen, und die Versicherung mit Schreiben vom 16.11.1992 erklärt habe, daß für diesen Schadensfall ein Versicherungsschutz nicht bestehe.

Im übrigen habe die Klägerin das Beweissicherungsverfahren entgegen ihrem eigenen vorangegangenen Verhalten veranlaßt. Sie habe sich nämlich mit weiterer Nachbesserung ab dem 16.11.1992 durch Einbau eines Verlängerungsteiles in die Anlage einverstanden erklärt gehabt und unerwartet dementgegen den zu der Nachbesserung entsandten Mitarbeitern der Beklagten am 16 . 11 . 1992 den Zugang zu der Bearbeitungsanlage verwehrt.

Des weiteren sei die Ersetzung von Mangelfolgeschäden, wie sie von der Klägerin über die Kaufpreisrückzahlung hinaus geltend gemacht würden, aufgrund der Abwehrklausel in Ziffer VIII. 8 der AGB der Beklagten, die der Klägerin mit der Auftragsbestätigung der Beklagten zugegangen seien, ausgeschlossen, es sei denn, sie beruhten auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit. In den italienischen Vertragsbedingungen der ebenfalls von beiden Parteien unterzeichneten Bestellung seien sogar über die Reparatur hinaus jegliche Schadensersatzansprüche ausgeschlossen.

Letztlich habe die Klägerin der Beklagten auch nicht eine für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gemäß § 326 Abs. 1 BGB erforderliche Nachfrist zur Sachadensbehebung gesetzt unter der gesetzlich geforderten Androhung, daß andernfalls die weitere Nachbesserung abgelehnt werde.

Demgegenüber trägt die Klägerin vor, daß die Ansprüche nicht verjährt seien, da die Verjährung zunächst durch die - allerdings erfolglosen - Nachbesserungsversuche der Beklagten gehemmt und sodann durch das in Italien durchgeführte Beweissicherungsverfahren unterbrochen worden sei und letztlich sich die Beklagte auch eine Verjährungsverzichtserklärung ihrer Versicherung zurechnen lassen müsse, weshalb die Klagerhebung vom 30.12.1992 in unverjährter Zeit erfolgt sei.

Die Beklagte könne sich auch nicht auf einen Ausschluß der neben der Rückzahlung des Kaufpreises geltend gemachten Schadensersatzansprüche berufen aufgrund der von ihr behaupteten Ausschlußklauseln. Diese seien nicht wirksam in die Vertragsbeziehung der Parteien einbezogen worden.

Einer Nachfristsetzung habe es nicht bedurft, da das einheitliche UN-Kaufrecht eine abschließende Regelung enthalte, in der eine Nachfristsetzung nicht vorgesehen sei, weshalb auf § 326 BGB nicht zurückgegriffen werden könne.

Die geltend gemachten Schäden in Höhe von 2.645.168.721 Lire bestreitet die Beklagte in allen Positionen dem Grunde und der Höhe nach.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien und insbesondere auch ihrer umfangreichen Rechtsausführungen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen verwiesen.
Es ist Beweis erhoben worden durch Vernehmung der Zeugen… Insoweit wird auf das Protokoll vom 11.06.1996 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:
I. Die Klage ist dem Grunde und zum Teil auch bereits der Höhe nach begründet, nämlich soweit die Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von DM 668.000,-- verlangt wird.
Soweit die Klägerin weitere und insbesondere Schadensersatzforderungen geltend macht sind solche im Grundsatz gegeben. Die Klage ist insoweit aber noch nicht zur Entscheidung reif, da über die einzelnen, jeweils bestrittenen Schadenspositionen noch umfangreiche Beweiserhebungen notwendig sind.
Dennoch hält das Gericht den Erlaß eines Teil-Urteils für angebracht, da das Bestehen der vorgenannten Forderungen entscheidend von der vorrangigen Beurteilung rechtlicher Grundsatzfragen abhängt, nämlich ob die Einrede der Verjährung oder ein Ausschluß von Schadensersatzansprüchen aufgrund des Einbezugs von AGBs der Beklagten in die von der Firma … als Zedentin abgeleiteten Vertragsbeziehungen der Parteien zum Tragen kommt.
Es erscheint sinnvoll, daß zunächst diese Fragen zwischen den Parteien rechtskräftig geklärt werden, bevor auf eine aller Voraussicht nach höchst kostenintensive, weitere Beweisaufnahme zugegangen wird.

II. Der Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung des von der Zedentin… bezahlten Kaufpreisteiles Zug um Zug gegen Rückgabe der Maschinenanlage ist gemäß Art. 81 Abs. 1 u. 2 i.V.m. Art. 49 Abs. 1 a und 45 Abs. 1 a des Einheitlichen UN-Kaufrechtes (CISG) ebenso begründet wie dem Grunde nach die auf Art. 74 Satz 1 i.V.m. Art. 45 Abs. 1 u. 2 CISG gestützten Schadensersatzansprüche.

1. An der Anwendbarkeit des Einheitlichen UN-Kaufrechtes- auf die von der Zedentin abgeleitete Vertragsbeziehung der Parteien besteht kein Zweifel.
Das Einheitliche UN-Kaufrecht geht bei zwischenstaatlichen Geschäften. der europäischen Mitgliedsstaaten sowohl dem deutschen internationalen Privatrecht als auch dem nationalen Privatrecht (BGB) vor.
Sowohl die Bundesrepublik Deutschland als auch die Republik Italien sind Vertragsstaaten des CISG und sowohl Klägerin als auch Zedentin haben ihren Sitz jeweils in einem dieser Staaten im Sinne des Art. 1 a. CISG. Damit regelt sich das Verhältnis der Parteien nach dem CISG .

2.1 Die Klägerin hat die Auflösung des Vertragsverhältnisses erklärt gemäß Art. 49 CISG mit Anwaltsschriftsatz vom 17.11.1993 (Anl. K 27).
Dazu war sie aufgrund der Feststellungen des Sachverständigen Prof. Bartolini in seinem Gutachten im Beweissicherungsverfahren vom 20.05.1993 berechtigt.
Der Sachverständige hat eindeutig und ohne jeden Zweifel zum Ausdruck gebracht, daß die von der Klägerin gelieferte Anlage im Sinne der vertraglich vereinbarten Nutzungsmöglichkeiten, nämlich der gleichzeitigen 4-seitigen Ummantelung in einem Arbeitsgang unter Verwendung der von der Klägerin vorgegebenen Materialien‚ nicht funktionsfähig ist. Das ist zwischen den Parteien auch unstreitig.
Damit steht der Klägerin das Recht zu, die Rückgängigmachung des Kaufvertrages wie auch den Ersatz ihr entstandenen Schadens zu verlangen.
Dabei spielt keine Rolle, daß die Maschine nach der Behauptung der Beklagten‚ im Bereich der 3-seitigen Ummantelung voll funktionsfähig gewesen und von der Klägerin auch in erheblichem Umfang zur Fertigung 3-seitig beschichteter Werkstücke eingesetzt worden sei. Sinn und Zweck der Entwicklung des Prototyps und die technische Neuerung war gerade die Möglichkeit der 4-seitigen Ummantelung grosser Werkteile in einem fortlaufenden Arbeitsgang nachdem Maschinen für eine 3-seitige Ummantelung unstreitig sowohl von Seiten der Beklagten als auch der Konkurrenz auf dem Markt waren.
Soweit tatsächlich mit der Ummantelungsanlage im 3-seitigen Bereich gearbeitet worden sein sollte, ist dies im Rahmen der Frage und damit in weiterer Beweisaufnahme aufzuklären, inwieweit durch einen solchen Arbeitseinsatz die Schadensersatzansprüche der Klägerin begrenzt oder beschnitten werden.

[…]

3. Die von der Klägerin geltendgemachten, o.g. Ansprüche sind nicht verjährt.
3.1 Das CISG selbst enthält keine Verjährungsregel. Die Bundesrepublik Deutschland ist ebenso wie die Republik Italien bislang auch nicht dem Übereinkommen über die Verjährung beim Internationalen Warenkauf vom 14.06.1974 (in der Fassung des Wiener Änderungsprotokolls vom 11.04.1980) beigetreten, das in seinem Art. 8 eine 4-jährige Verjährungsfrist vorsieht.
Allerdings hat die Bundesrepublik Deutschland in Art. 3 des TransformationsG zum CISG (Gesetz zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 11. April 1980 über Verträge über den internationalen Warenverkauf . . . vom 5 . Juli 1989/VertragsG) eine spezielle Verjährungsregelung eingeführt. Danach sind bei Ansprüchen wegen Vertragswidrigkeit der Ware die §§ 477, 478 BGB entsprechend anzuwenden mit der Maßgabe, daß die in § 477 Abs. 1 Satz 1 BGB genannte 6-Monats-Frist mit dem Tag beginnt, an dem der Käufer gemäß Art. 39 CISG die Vertragswidrigkeit dem Verkäufer anzeigt.
Weitere Voraussetzung für die in Art. 3 VertragsG geregelte Verjährung ist die Maßgeblichkeit deutschen Rechts als Vertragsstatut. Das heißt, die Vorschriften des Art. 27 ff. EGBGB müssen hilfsweise, soweit nicht Vorschriften des CISG anwendbar sind, auf deutsches Recht verweisen (v. Cammerer/ Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, Art . 3 VertragsG, Rdn. 3).

[…]

3.5 Vertraglicher Verzicht auf die Einrede der Verjährung
Trotz Ablaufs der sodann zum 30.11.1993 endenden neuen Verjährungsfrist ist die Verjährung der Ansprüche der Klägerin jedoch durch Klagerhebung mit Schriftsatz vom 26.12.1993 - Eingang beim Landgericht Heilbronn 30.12.1993 - gemäß § 209 Abs. 1 BGB erneut und fortdauernd unterbrochen worden, da sich die Beklagte den unter dem Datum des 11.11.1993 (Anl. .K 26) durch den Haftpflichtversicherer der Beklagten abgegebenen Verzicht auf die Einrede der Verjährung bis zum 31.12.1993, soweit die Verjährung noch nicht eingetreten war, zurechnen lassen muß.
Die Beklagte war mit Anwaltsschreiben der Klägerin vom 05.11.1993 (Anl. K 24) aufgefordert worden, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten, andernfalls Klage erhoben werde. Sie hat daraufhin mit Telefax vom 05.11.1993 (Anl. K 25) geantwortet: möchten wir Ihnen mitteilen, daß wir die Beantwortung Ihres Schreibens und damit den gesamten Vorgang an unsere Industrie-Haftpflichtversicherungs HDIH … gegeben haben'.
Die Versicherung hat mit Schreiben vom 11.11.1993 (Anl . K 26 ) erklärt, daß eine Aussage zur Deckung und Haftung noch nicht möglich sei, aber entsprechend dem Brief vom 05.11.1993 auf die Einrede der Verjährung verzichtet werde, sofern diese nicht schon eingetreten sei.
Der Geschäftsführer der Beklagten ist sodann auf der Durchschrift des Schreibens vom 11.11.l993 (Anl. B 10) von der Versicherung aufgefordert worden, eine entsprechende Erklärung auch im Namen der Beklagten abzugeben und ist des weiteren mit Schreiben der Versicherung vom 16.11.1993 (Anl. B 9) unterrichtet worden, daß kein Versicherungsschutz bestehe, da in dem Versicherungsvertrag Ansprüche wegen Nichterfüllung ausdrücklich vom Versicherungsschutz ausgenommen seien, soweit es sich nicht um ausdrücklich mitversicherte Mangelfolgeschäden handele.
Mit Anwaltsschreiben vom 17.11.1993 (Anl. K 32) an die Versicherung hat sodann die Klägerin nochmals auf die fehlende Erklärung der Beklagten hingewiesen sowie, daß das Versicherungsunternehmen deshalb als Vertreter des Versicherungsnehmers behandelt werde, und das Versicherungsunternehmen gebeten, gleichwohl der Ordnung halber auf die Abgabe einer entsprechenden Erklärung hinzuwirken.
Korrespondierend dazu wurde der Beklagten ebenfalls ein Anwaltsschreiben vom 17.11.1993 (Anl. B 11) zugesandt, in dem ebenfalls ausgeführt wurde, daß eine Verzichtserklärung der Beklagten noch nicht vorliege und des weiteren ausgeführt wurde: Wir gehen daher davon aus, daß die von Ihrem Haftpflichtversicherer abgegebene Erklärung von Ihnen genehmigt wurde .
Aufgrund dieser Sachlage, daß nämlich die Beklagte mit Schreiben vom 09.11.1993 mitgeteilt hat ‚ den gesamten Vorgang an den Haftpflichtverband abgegeben zu haben, und daß sie der Äußerung der Klägerin Wir gehen davon aus, daß die von Ihrem Haftpflichtversicherer abgegebene Erklärung von Ihnen genehmigt wurde, nicht widersprochen hat, kann die Beklagte weder darauf abheben, daß sie selbst keine Verzichtserklärung abgegeben oder die der Versicherungsgesellschaft nicht genehmigt habe, noch, daß die Erklärung der Versicherung deshalb für sie keine Wirkung entfalten könne, weil die Regulierungsvollmacht nicht weiter reiche als die Regulierungspflicht.
Zum einen ist dieser allgemeine Grundsatz in höchstrichterlicher Entscheidung (BGH NJW 1987, 924, 925) dahin eingeschränkt worden, daß er (nur) zur Anwendung komme ‚ solange … kein zwingender Grund dafür besteht, daß der Versicherer den Versicherten bei fehlender Leistungspflicht vertritt . . . . „ und kann in dem Schreiben der .Beklagten vom 03.11 1992, in dem sie mitteilte, daß sie den gesamten Vorgang,.... abgebe, und aus der sodann ersichtlichen Verweigerung der Beklagten, sich mit den weiteren Schreiben der Klägerin zu befassen, durchaus ein solch zwingender Grund gesehen werden.
Zum anderen aber ist die Kammer der Auffassung, daß gerade aufgrund der mitgeteilten, völligen Abgabe des Vorgangs durch die Beklagte an den Versicherer und der ihr gegenüber schriftlich erklärten Auffassung der Klägerin, daß sie von einer Genehmigung der Verjährungs-Verzichtserklärung der Versicherungsgesellschaft durch die Beklagten ausgehe, die letztere eine aus dem gegenseitigen Treueverhältnis des Vertrages der Parteien sich ergebende Pflicht getroffen hat, der Klägerin rechtzeitig, d.h. unverzüglich, und deutlich zu erklären, wenn sie die Verzichtserklärung der Versicherung nicht gegen sich gelten lassen wollte.
Des weiteren aber ist, nachdem die Beklagte der Genehmigungsunterstellung der Klägerin nicht widersprochen hat, sogar davon auszugehen, daß sie durch ihr Schweigen zu erkennen gegeben hat, daß sie diese Auffassung der Klägerin teilte. Davon kann sie nun nicht mehr abrücken, sondern sie muß sich an ihrer stillschweigenden Billigung festhalten lassen.

4. Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen
Die Klägerin vertritt die Auffassung, daß die Beklagte für einen Einbezug ihrer in deutscher Sprache abgefaßten AGBs gegenüber ihr als italienischem Geschäftspartner eine Kenntnisverschaffungspflicht treffe und bezieht sich zur Stützung ihrer Meinung auf die Ausführungen im Aufsatz von Piltz Neue Entwicklungen im UN-Kaufrecht (NJW 1996, 2768, 277O).
Dem kann nicht gefolgt werden. Soweit ersichtlich, vertritt Piltz eine isolierte Auffassung. Es ist vielmehr der Argumentation von Schlechtriem zu folgen (v. Cammerer/Schlechtriern, Art. 14, Rdn. 14)‚ daß die erforderlichen Regeln für den Einbezug standardisierter Geschäftsbedingungen in einen Vertrag, weil das CISG besondere Voraussetzungen für eine solche Einbeziehung nicht aufstellt, aus Art. 8 CISG zu entwickeln sind. Er argumentiert unter Hinweis auf Art. 8 Abs. 3, daß ein Hinweis auf Geschäftsbedingungen so deutlich sein müsse, daß eine vernünftige Person in den Schuhen des Empfängers ihn verstehe und darüber hinaus der Adressat in der Lage sei müsse, ihren Inhalt kennenzulernen, da eine vernünftige Person in der Art des Empfängers den Erklärungsinhalt unter den gleichen Umständen aufgefaßt haben muß (Art. 8 Abs. 2 CISG), also jedenfalls eine Kenntnis- und damit Verständnismöglichkeit gehabt haben muß, wobei auch die Sprache, in der auf die AGB verwiesen werde und in der sie abgefaßt seien, Bedeutung gewinnen könne.
Dem trägt die der Kammer zugängliche Rechtsprechung Rechnung. Sie hat entscheidend auf die von den jeweiligen Parteien gewählte Vertragssprache abgestellt, wobei jeweils festgestellt wurde, dass Vertrag einer bestimmten Sprache unterlegen habe.

[…]

4.3 Soweit die Beklagte sich auf den Haftungsausschluß in Ziffer 3 der rückseitig auf dem contratto di vendita enthaltenen Allgemeinen Vertragsbedingungen der Firma beruft, hält dieser einer Inhaltskontrolle nicht stand und ist nichtig.
Die Klausel beschränkt die Haftung auf den Austausch oder die Reparatur der fehlerhaften Teile ...., escluso qualsiasi risarcimento di danni ( ausgeschlossen jeglicher Schadenersatz).
Dieser vollständige Ausschluß benachteiligt den Käufer völlig unangemessen und steht im Gegensatz zu den gesetzlichen Vorgaben, weshalb eine solche Klausel nach § 9 AGBG zwingend als nichtig anzusehen ist.
Da im vereinheitlichten europäischen Recht bislang keine Regelungen zur Inhaltskontrolle gegeben sind, hat diese im kaufmännischen Verkehr nach § 9 AGBG zu erfolgen. Dabei kommt als zur Beurteilung heranstehendes dispositives Recht im Sinne von § 9 Abs. 2 AGBG nur das einheitliche UN-Kaufrecht und dort die verschuldensunabhängige Haftungsvorschrift des Art. 74 Satz 2 in Betracht, woraus sich ergibt, daß ein völliger Ausschluß von Schadensersatzansprüchen als unangemessen im Sinne von § 9 ABGB angesehen werden muß.
Die Beklagte muß das Freizeichnungsverbot auch gegen sich gelten lassen. Es gilt nämlich gemäß den §§ 24 Satz 2, 9 AGBG auch im kaufmännischen Verkehr (OLG München BB 93, 1753; Köln BE 93, 2044, Hamm NJWR 96, 969).
4.4 Auf die auf der Auftragsbestätigung der Beklagten rückseitig aufgedruckten eigenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen kann sich die Beklagte ebenfalls nicht berufen. Diese genügen zwar der Inhaltskontrolle, da sie Schadensersatzansprüche nur insoweit ausschließen, als sie nicht auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit beruhen.
Diese Ausschlußklausel kommt aber deshalb nicht zum Tragen, weil sie - wenn sie überhaupt in die Vertragsbeziehung der Parteien einbezogen wäre - nicht für die Klägerin in die italienische Sprache übersetzt worden war.
Dies aber war erforderlich, da die Vertragssprache - wie oben ausgeführt - nicht Deutsch sondern Italienisch war.
Die Klägerin konnte damit die Gewährleistungsausschlußklausel nicht kennenlernen, was Schlechtriem (o.a.) zu dem Schluß veranlaßte: Was man vernünftigerweise nicht kennen kann, kann man auch nicht verstehen und auslegen.

5. Anwendbarkeit des § 326 Abs. 1 BGB
Letztlich kommt auch der Einwand der fehlenden Nachfristsetzung mit Abehnungsandrohung des § 326 Abs. 1 BGB nicht zum Tragen.
Eine Nachfristsetzung mit Ablehnungsandrohung ist im Einheitlichen UN-Kaufrecht nicht vorgesehen. Die Forderung der Erfüllung dieser Voraussetzung kann deshalb auch nicht über das allgemeine deutsche Zivilrecht in das Vertragsverhältnis der Parteien eingeführt werden. Die Frage des Verhältnisses der Bestimmungen des. Einheitlichen UN-Kaufrechts zum nationalen Recht richtet sich nämlich ausschließlich nach Art. 4 und 7 CISG. Danach hängt die Zulässigkeit eines konkurrierenden Rechtsbehelfes des Käufers oder wie hier des zusätzlichen Erfordernisses für einen Rechtsbehelf, der auf nationales Recht gestützt ist, u.a. von der Voraussetzung ab, daß sie nicht in den eigenen Regelungsbedarf des Einheits-Kaufrechts fallen darf. Liegt er aber im Regelungsbedarf des Einheits-Kaufrechts, Ist der Rechtsbehelf wegen des Vorrangs des Einheits-Kaufrechtes ausgeschlossen (v. Cammerer/Schlechtriem, 2. Aufl., Art. 45, Rdn. 48/50).
Für den Bereich der Leistungsstörungen aber hat das Einheitliche UN-Kaufrecht mit den Art. 45 ff. CISG in sich abgeschlossene Regelungen aufgestellt, die damit die Anwendbarkeit des § 326 BGB ausschließen.

6. Schadensbegrenzung durch Einheitliches UN-Kaufrecht
Art. 74 Satz 2 CISG beschränkt entgegen dem nationalen deutschen Recht, das eine solche Beschränkung. nicht kennt, den Schadensersatzanspruch auf den voraussehbaren Schaden. Danach besteht der durch die Vertragsverletzung entstandene und zu ersetzende Schaden in dem durch die Vertragsverletzung entstandenen Verlust einschließlich des entgangenen Gewinns. Der Schadensersatz darf jedoch den Verlust nicht übersteigen, den die vertragsbrüchige Partei bei Vertragsabschluß als mögliche Folge der Vertragsverletzung vorausgesehen hat oder unter Berücksichtigung der Umstände, die sie kannte oder kennen mußte‚ hätte voraussehen müssen.
Ob vorliegend zumindest Teile der geltend gemachten Schadensersatzbeträge dem Grunde oder aber der Höhe nach dieser Beschränkung zum Opfer fallen können, läßt sich erst im Rahmen der Beweiserhebung über die behaupteten Verluste klären und sind deshalb der späteren End-Entscheidung vorbehalten.

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Original in German:
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