Data

Date:
12-02-1998
Country:
Arbitral Award
Number:
11/1996
Court:
Bulgarska turgosko-promishlena palata (Bulgarian Chamber of Commerce and Industry)
Parties:
Unknown

Keywords

EXEMPTION FOR NON-PERFORMANCE (ART. 79 CISG)- NON-PERFORMANCE BY BUYER IMPEDIMENTS AMOUNTING TO EXEMPTION - MARKET SITUATION, REVALUATION OF CURRENCY, DECREASE OF TRADE VOLUME AND
PROBLEMS WITH STORAGE - COMMERCIAL RISKS OF BUYER - NOT AMOUNTING TO EXEMPTION

INTEREST (ART. 78 CISG)- NO INTEREST IF NO FORMAL NOTICE FOR PAYMENT WAS GIVEN BY SELLER

Abstract

A Russian seller and a Bulgarian buyer concluded a contract of sale of steel ropes. After receiving the first shipments, the buyer sent several faxes to the seller, asking to stop deliveries. The buyer then paid only part of the price for the delivered goods and refused to pay the rest. Following negotiations that led to no result, the seller sued to obtain full payment and interest. The buyer raised a counterclaim for reimbursement of expenses for import taxes, shipment, storage and commission for the goods delivered after it had asked to stop shipment.

The Arbitration Court held that the buyer's faxes were to be considered as mere offers to modify the contract, which the seller was not obliged to accept either under the contract or under CISG.

Furthermore, the buyer's reasons for asking to stop the delivery did not meet the requirements of Art. 79 CISG on exemption from liability for failure to perform. The buyer had alleged a negative development in the market situation, problems with the storage of the goods, revaluation of the currency of payment and a decrease of trade volume in the construction industry. Such events were to be considered part of the buyer's commercial risk and were thus not impediments amounting to exemption (force majeure). On the contrary, they could have been reasonably expected by the buyer upon conclusion of the contract.

The Court then addressed the buyer's contention that the goods had not become its property, since they had been delivered after its request to stop deliveries. The Court held that the buyer was obliged under the contract to take delivery of the goods. By disposing freely of the goods and reselling them, moreover, the buyer acted as proprietor and there could thus be no doubt that the seller had fulfilled its obligation to transfer the property of the goods in accordance with Art. 30 CISG.

Therefore, the Court held that the buyer had to fulfil its obligations under Arts. 53 and 60 CISG, that is take delivery and pay the rest of the price for the delivered goods.

The seller, however, was not granted interests on the price under Art. 78 CISG. In the opinion of the Court, a formal notice for payment by the seller is necessary to obtain interest under CISG (as it is under Bulgarian domestic law). Since the seller did not make formal request for payment, the Court ruled that it could not obtain interest for delay of payment.

Fulltext

[…]

ENTSCHEIDUNG

Heute, den 12. Februar 1998, hat in Sofia das Schiedsgericht der bulgarischen Industrie- und Handelskammer (BIHK) in der Besetzung mit Dr. Konstantin Popov als Vorsitzendem und Tsvetan Simeonov und Ana Milenkova als Beisitzer die internationale Schiedssache No. 11/1996, Klage von A ./. B auf Zahlung von US$ 371.665.- zuzüglich Zinsen in Höhe von US$ 107.033,30, insgesamt US$ 478.698,30, sowie auf Tragung der Verfahrenskosten, verhandelt.

Aufgrund der Beweiswürdigung und in Anwendung des Art. 38 der Schiedsordnung des Schiedsgerichts der BIHK (Schiedsordnung) ergeht nach dem Bericht des Vorsitzenden folgende Entscheidung :

1. B wird zur Zahlung nachstehender Beträge an A verurteilt:
a) US$ 371.665.- als Preis für nicht bezahlte Ware gemäß Vertrag No. 643/00187263/ 3B004 vom 8. Februar 1993
b) US$ 7.772.- als Verfahrenskosten.

2. Die Klage von A gegen B auf Zahlung von weiteren US$ 107.033,30 als Zinsen auf die Kaufpreisforderung für die Zeit vom 1. Juli 1993 bis zum 1. Januar 1997 wird als unbegründet abgewiesen.

3. Die von B geltend gemachte Prozeßaufrechnung über die Summe von US$ 123.785,90 greift nicht durch.

Diese Entscheidung ist endgültig und bindet die Parteien.
Dr. K. Popov - Vorsitzender, Tsv. Simeonov und Ana Milenkova - Beisitzer

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

I. Tatbestand
1. A hat gegen B Klage auf Zahlung von US$ 371.665.- zuzüglich Zinsen in Höhe von US$ 107.033,30, insgesamt US$ 478.698,30, erhoben. Diese Klage war Anlaß der internationalen Schiedssache No. 11/1996.

In seiner Klageschrift behauptet der Kläger, zwischen den Parteien sei am 8.2.1993 der Vertrag No.643/00187263/3B004 (im folgenden: " Vertr. Nr. 643. ") geschlossen worden, kraft dessen er sich verpflichtet habe, dem Beklagten im Laufe von 1993 3400 Tonnen Stahlseil zu liefern. In der Zeit vom 3.4.1993 bis zum 29.5.1993 habe er 1374 Tonnen Stahlseil im Wert von US$ 549.720.- geliefert. Für die erhaltene Ware habe Beklagte lediglich die Summe von US$ 58 055.-gezahlt. Trotz Mahnung sei die Differenz nicht beglichen worden.

Am 2.3.1995 habe in Sofia ein Treffen der Parteien stattgefunden, auf dem der Beklagte sich zur Bezahlung der Ware im Laufe des Jahres 1995 verpflichtet habe, wobei er einen Preisnachlaß von 20% erhalten habe. Der Beklagte habe seine Verpflichtung aus dieser Vereinbarung nicht erfüllt, weswegen der Kläger die vorliegende Klage auf Zahlung von US$ 371.665.- zuzüglich US$ 107.033,30 Zinsen, insgesamt US$ 478.698,30, erhoben hat.

Der Kläger hat der Klageschrift Kopien des Vertrages, das Protokoll über die am 2.3.1995 geführten Verhandlungen und Kopien von Fernschreiben, Briefen, Telegrammen, Frachtpapiere usw. als Beweismittel beigefügt.

In seiner Klageschrift beruft sich der Kläger auf die im Vertrag enthaltene Schiedsklausel, welche die Beilegung allfällig auftauchender Streitigkeiten betreffend die Vertragserfüllung dem Schiedsgericht der BIHK überläßt. Als Schiedsrichter hat er Hrn. Tsvetan Simeonov benannt.

2. In seiner Klageerwiderung vom 14.7.1997 bestreitet der Beklagte Grund und Umfang des Klageanpruchs. Er wendet insbesondere folgendes ein :
- Die Klage sei verjährt, weil die Frist gem. Art. 107 der Allgemeinen Warenlieferbedingungen zwischen Organisationen der Mitgliedstaaten des RGW abgelaufen sei;
- Aufgrund von Änderungen der wirtschaftlichen Bedingungen, Schwierigkeiten bei der Lagerung und dem Verkauf der Ware und der Verteuerung des US$ sowie auf der Grundlage der Wiener Konvention von 1980 habe der Beklagte vom Kläger verlangt, die Versendung der Ware einzustellen; dieser Forderung sei der Kläger nicht nachgekommen. Aus diesem Grunde stellt der Beklagte die von ihm verauslagten Ausgaben für die Einfuhr der Ware (Zölle u.a.), sowie Transport-, Lager- und Kommisionskosten in einer Gesamthöhe von US$ 123.785,90 zur Aufrechnung.

In Ergänzung seiner Klageerwiderung vom 13.10.1997 bestreitet der Beklagte die Zuständigkeit des Schiedsgerichts sowie die Aktivlegitimation des Klägers.

In Zusammenhang mit seinen Einwendungen hat der Beklagte zahlreiche schriftliche Beweismittel (die Frachtpapiere, Rechnungen, Zahlungsaufträge an Banken, . . . u.a.) vorgelegt.

In seiner Sitzung vom 14.10.1997 hat das Schiedsgericht auf Antrag des Klägers eine finanzwirtschaftliche Expertise angeordnet, welche auf Grundlage der vorgelegten Beweismittel und der Geschäftsunterlagen des Beklagten Aufschluß über die von ihm für die Entgegennahme, Lagerung, Aufbewahrung und Verkauf getätigten Ausgaben geben soll.

Der Beklagte hat Frau Ana Milenkova als Schiedsrichterin, und Herrn Ljudmil Neikov als stellvertretenden Schiedsrichter benannt. Mit Protokoll vom 21.7.1997 haben die von den Parteien [page 193] benannten Schiedsrichter Dr. Konstantin Popov zum Vorsitzenden des Spruchkörpers gewählt. Dieser hat sich einverstanden erklärt, den Vorsitz zu führen. Das Schiedsgericht ist gemäß Art. 14 Abs. 1 der Schiedsordnung des Schiedsgerichts der BIHK wirksam konstituiert.

II. Zuständigkeit des Schiedsgerichts

Der Vertrag No.643. vom 8.2.1993 enthält im Abschnitt "Schiedsgerichtsbarkeit" folgende Klausel: "Sollten die Parteien auftretende Meinungsverschiedenheiten nicht in freundschaftlicher Art und Weise beilegen können, so wird die Streitsache dem Schiedsgericht der IHK des Landes des Beklagten zur Entscheidung vorgelegt. Die Entscheidung des Schiedsgerichts ist endgültig und bindet beide Seiten. Die Anrufung eines staatlichen Gerichts zur Beilegung von aus dem vorliegenden Vertrag entstehenden Streitigkeiten ist ausgeschlossen."

In seiner Klageerwiderung vom 14.7.1997 bestreitet der Beklagte die Zuständigkeit des Schiedsgerichts nicht. Er tut dies aber in der Ergänzung zur Klageerwiderung vom 13.10.1997. Dort trägt er vor, Ende 1993 sei zwischen und der russischen Firma vereinbart worden, daß durch die Lieferung von Ferromangan, das von zu bezahlen ist, das Verhältnis zwischen dem Kläger und dem Beklagten geregelt werden solle. Damit sei die vertragliche Verpflichtung durch Novation erloschen, die Schiedsklausel im Vertrag mithin unanwendbar und wirkungslos. Aus diesem Grunde könne der konkrete Streit nicht vom Schiedsgericht der BIHK verhandelt und entschieden werden.

Beide Seiten haben ihre Standpunkte hinsichtlich der Zuständigkeit des Schiedsgerichts in ihren Schriftsätzen vom 13.10.1997 und vom 27.11.1997, sowie in den Sitzungen des Schiedsgerichts vom 14.10.1997 und 3.2.1997 dargelegt. Dort wurde den Parteien die Möglichkeit gegeben, ihre Standpunkte innerhalb einer zusätzlichen 7-tägigen Frist zu ergänzen. Am 15.12.1997 hat der Spruchkörper entschieden, daß die vorgebrachte Einrede unbegründet und das Schiedsgericht zuständig ist. Das Schiedsgericht ist der Ansicht, daß die Gründe für seine Zuständigkeit, welche Sachentscheidungsvoraussetzung ist, dem Schiedsspruch beigefügt werden sollen. Diese Gründe sind folgende.

Das einzige Beweismittel für das Erlöschen der vertraglichen Verpflichtung durch Novation ist ein Brief von ohne Geschäftszeichen und Datum, in dem das Kombinat sich zum Kauf von Ferromangan zum Preis von US$ 489.815,-, zahlbar durch Verrechnung mit dem Vertrag No. 643. vom 8.2.1993 mit der bulgarischen Firma bereit erklärt. In der Sache gibt es keine Anhaltspunkte dafür, daß und ihr Einverständnis zu dem Geschäft gegeben haben, und daß dieses überhaupt abgeschlossen wurde.

Anhaltspunkte gerade für das Gegenteil, nämlich daß am 2.3.1995 zwischen und Verhandlungen über die Abwicklung der Zahlung gem. Vertrag No. 643. geführt wurden und daß eine solche Regelung bis heute nicht vereinbart wurde, wovon dieser Prozeß zeugt. In der Sache fehlen jegliche Beweise für den von dem Beklagten behaupteten Novationsvertrag, für dessen Inhalt, und für die Absicht der Parteien, die ursprüngliche Schuld zu novieren.

Unter Berücksichtigung des soeben Dargelegten kann sich das Schiedsgericht nicht für unzuständig erklären und die Sache einstellen, weil es durch die Schiedsklausel klar und eindeutig für die Entscheidung der zwischen den Parteien im Zusammenhang mit der Erfüllung des Vertrags No. 643. entstandenen Streitigkeiten für zuständig erklärt wird. Es muß angemerkt werden, daß gemäß Art. 19 Abs. 2 des Gesetzes über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit (SMTA) eine im Vertrag enthaltene Schiedsklausel unabhängig von anderen darin enthaltenen Abreden ist.

Die Unzuständigkeit ist außerdem nicht rechtzeitig gerügt worden. Laut Gesetz muß dies spätestens in der Klageerwiderung geschehen und kann nur aus wichtigen Gründen, die im vorliegenden Fall nicht geltendgemacht wurden, später erfolgen, Art. 20 Abs. 1 SMTA (die Klageerwiderung datiert vom 14.7.1997, während die Zuständigkeitsrüge am 13.10.1997, also mehr als 3 Monate später erfolgt ist).

Der Beklagte hat zudem die Zuständigkeit des Schiedsgerichts anerkannt, indem er vor der Rüge eine Reihe von Prozeßhandlungen vorgenommen hat (Bestreitung der Klage im ganzen, Einwendung der Verjährung, Geltendmachung der Aufrechnung und Klage auf Schadenersatz wegen entgangenen Gewinns), Art. 7 Abs. 3 SMTA.

Demnach erklärt sich das Schiedsgericht aufgrund von Art. 26 Abs. 6 der Schiedsordnung des Schiedsgerichts der BIHK für die Verhandlung und Entscheidung der Sache zuständig.

III. Anwendbares Recht
1. Da sowohl der Kläger als auch der Beklagte bei Vertragsschluß staatliche Unternehmen waren, beruft sich der Beklagte darauf, daß die Rechtsverhältnisse zwischen ihnen den Allgemeinen Lieferbedingungen für Waren zwischen den Vertragsstaaten des RGW (ALB RGW) unterstehen.

Der Spruchkörper kann dieser Auffassung nicht folgen. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses hatten die ALB RGW ihre normative Kraft bereits verloren. Nach dem Zerfall des RGW und unter den Bedingungen der Marktwirtschaft entfalten sie keine Wirkung in Bezug auf Verträge, welche nach Abschaffung und Außerkrafttreten der ALB RGW abgeschlossen wurden.

Von diesem Moment an können sie Verträgen über Warenlieferungen nur zugrundegelegt werden, wenn die Parteien sie vertraglich einbezogen haben. Das ist im vorliegenden Fall nicht geschehen. Die Behauptung des Klägers, daß eine Praxis gegenteiligen Inhalts des Schiedsgerichts der BIHK bestehe, trifft in der Sache nicht zu.

Da es sich vorliegend um einen internationalen Warenkauf handelt, ist die Wiener Konvention über den internationalen Warenkauf von 1980 anwendbar, welche von Bulgarien und Rußland gezeichnet und ratifiziert wurde. Soweit es darin ungeregelte Lücken gibt, ist als subsidiäre Quelle ihrer Füllung das Gesetz anzuwenden, welches das IPR des angerufenen Gerichts bestimmt. Nach der Praxis des bulgarischen IPR und der ständigen Praxis des Schiedsgerichts der BIHK wird bei einem Kaufvertrag, wenn die Parteien das anwendbare materielle Recht nicht bestimmt haben, das Heimatrecht derjenigen Vertragspartei angewendet, welche die vertragstypische, nicht in Geld bestehende Leistung, schuldet, also das Recht des Landes des Verkäufers (s. Entscheidungen in den int. Schiedssachen 133/184, 22/86, 2/94, 20/94 u.a.).

2. Aus Vorstehendem folgt, daß der Einwand des Beklagten, die Klage sei infolge Ablaufs der Zweijahresfrist des Art. 107 ALB RGW unzulässig, von vornherein unbegründet ist. Aber selbst wenn man annähme, daß diese Frist in der Sache Anwendung findet, so wäre die Einwendung des Beklagten nicht begründet, weil die Frist durch das Unterschreiben des zweiseitigen Protokolls vom 2.3.95 unterbrochen wurde (Art. 113 ALB RGW). Mit diesem Protokoll haben die Parteien den genauen Umfang der Verpflichtung und die Zahlungsfristen für 1995 bestimmt, was zweifelsohne eine Anerkennung der Schuld darstellt, so daß von da an eine neue Frist zu laufen begann. Diese ist noch nicht abgelaufen.

IV. Zur Aktivlegitimation des Klägers

In der Ergänzung der Klageerwiderung vom 13.10.1997 rügt der Beklagte die Aktivlegitimation des Klägers und fordert aus diesem Grunde, die Klage als unzulässig abzuweisen. Zur Unterstützung dieser Behauptung führt der Beklagte an, daß der Vertrag No. 643 vom 8.2.1993 von. geschlossen wurde, die Klageschrift aber von unterschrieben wurde. Die Fragen, die mit dieser Rüge zusammenhängen, sind geklärt. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses war ein staatliches Unternehmen. Im folgenden hat es aufgrund einer Reorganisation (Privatisierung) seine Rechtsform und seine Benennung in geändert. Die Umwandlung war mit einem Übergang der Rechte und Pflichten auf das umgewandelte Unternehmen verbunden.

Dies alles ist anhand von vorgelegten und vom Schiedsgericht angenommenen Urkunden festgestellt: Urkunde No. 505 vom 6.7.1994 und Urkunde No. 505-P vom 7.5.1996 der Verwaltung der Stadt Beloretzk, sowie die Unternehmenssatzung, vorschriftsgemäß registriert am 30.4.1996.

Folglich ist der Einwand sachlich nicht gerechtfertigt und kann nicht berücksichtigt werden.

V. Zum Anspruch
1.Aufgrund der Beweiswürdigung sieht das Schiedsgericht in der Sache folgendes als erwiesen an :

Am 8.2.1993 wurde zwischen dem Kläger als Käufer und dem Beklagten als Verkäufer der Vertrag No. 643/00187263/3B004 über den Kauf von Stahlarmaturseil im Jahre 1993 geschlossen. Im Vertrag ist die Menge der verkauften Ware festgelegt: 1. Trimester : 1000 Tonnen, 2. Trimester : 1200 t, 3. Trimester : 1000 + 200 t; der Preis der Ware : US$ 400/Tonne; Zahlung durch Akkreditiv, das von einer bestimmten Bank eröffnet wird.

In Erfüllung des Vertrages lieferte der Kläger in der Zeit vom 15.3. bis Ende Juni 1993 dem Beklagten 1374,3 t Stahlseil für die Summe von US$ 549.720.-. Das geht aus den in der Sache vorgelegten schriftlichen Beweisen, aus dem von den Parteien am 3.2.1995 unterschriebenen Protokoll, aus dem Bericht des Sachverständigen At. Morjasov (S. 3) und auch aus der Antwort des Beklagten vom 14.7.1997 (S.3) hervor. Für die gelieferte Ware zahlte der Beklagte insgesamt die Summe von US$ 178.055.- (Sachverständigen-bericht, S.3), weshalb ein Kaufpreisrest von US$ 371 665 offensteht, der den Streitgegenstand bildet.

2. In seiner Klageerwiderung wendet der Beklagte ein, daß im ersten Trimester 1993 der Kläger 1000 t Stahlseil hätte liefern sollen, aber in Wirklichkeit nur 63 t beziehungsweise 937 t zu wenig, geliefert habe. Der Kläger, der diesen Einwand vorbringt, legt das "Kalendertrimester", und nicht das "Trimester gemäß der Anzahl der darin enthaltenen Tage", zugrunde. In Zusammenhang damit macht er Schadensersatz für entgangenen Gewinn in Höhe von US$ 49.661.- geltend. Da der Beklagte diese Forderung mit Schriftsatz vom 20.10.1997 zurückgenommen hat, erachtet es der Spruchkörper als nicht für notwendig, auf diesen Anspruch, der kein Bestandteil des konkreten Streitgegenstandes ist, einzugehen.

3.1. Als Haupteinwand bringt der Beklagte vor, daß der Kläger den Vertrag aus anderen Gründen verletzt habe. Er behauptet, nach Unterzeichnung des Vertrages habe . . ... vom Kläger gefordert, die Versendung der Ware einzustellen, was letzterer nicht getan habe. Die Aufforderung sei bereits im April geäußert und am 12.5.1993, 31.5.1993 und 2.6.1993 per Fernschreiben bestätigt worden. Die Gründe dafür seien die Verschlechterung der Marktkonjunktur, Probleme des Unternehmens, die Ware zu lagern, die Aufwertung des US$, der Rückgang des Volumens im Bausektor. Die Aufforderung war allgemein gehalten, ohne jegliche Beweise und ohne zu bestimmen, wie lange der Lieferstopp andauern (oder ob er endgültig sein) sollte, wer die Kosten für die Lagerung und Aufbewahrung der Ware tragen sollte, wann und wie die Zahling erfolgen würde usw.

3.2 Die Aufforderung des Beklagten an den Kläger, die Lieferung einzustellen, stellte in Wirklichkeit ein Angebot zur Vertragsänderung (hinsichtlich der Erfüllungsfristen) dar, dessen Annahme in das Ermessen des Klägers gestellt war. Hierzu war er weder durch den Vertrag noch durch die Wiener Konvention verpflichtet. Die vom Beklagten genannten Schwierigkeiten sind faktisch Teil des Handelsrisikos, das jede Partei bei einem Kaufvertrag trägt und das sie nicht einseitig auf die andere Vertragspartei abwälzen kann.

3.3. Die vom Beklagten hervorgehobenen Gründe für die Einstellung der Lieferung sind nicht von der der in Art. 79 CISG vorgesehenen Art. Sie zeigen keine objektive Unmöglichkeit für den Beklagten an, die Ware abzunehmen und stellen nicht einmal annähernd eine "force majeure", ein "unüberwindbares Hindernis" (Naturereignisse, Regierungsmaßnahmen, Handlungen Dritter) dar. Sie waren nicht unvorhersehbar. In der Konvention sowie im Vertrag (Abschnitt force majeure) sind spezielle Maßnahmen aufgezeigt, die von den Seiten in solchen Fällen durchgeführt werden können. Dies ist nicht geschehen. Die angeführten Schwierigkeiten können keine Grundlage für die Annahme bieten, daß die Lieferungen zwingend ausgesetzt oder eingestellt hätten werden sollen.

3.4 Vorliegend muß noch angemerkt werden, daß bei Absendung der Benachrichtigung über den Lieferstopp ein wesentlicher Teil der Lieferungen bereits durchgeführt oder zumindest auf den Weg gebracht worden war. Der Beklagte behauptet, er habe schon im April 1993 um Einstellung gebeten, hat aber den Beweis dafür nicht geführt. Die vorgelegten Fernschreiben, in denen der Lieferstopp gefordert wird, sind vom 12. Mai, 31. Mai und 2. Juni 1993 (das erste Fernschreiben ist an eine gewisse Organisation "Rostschermet" und nicht an den Kläger geschickt worden). Nach dem klägerischen Vortrag hatte der Beklagte bei der Absendung der Fernschreiben bereits 8 Waggons (498 t) Ware erhalten, im April nochmals 5 Waggons (258 t), also insgesamt 756 t. Im gegenseitigen Einvernehmen (Fernschreiben vom 6.4.1993) wurden dem Beklagten nochmals 5 Waggons im April und 4 Waggons im Mai desselben Jahres geliefert. Der Beklagte behauptet jedoch das Gegenteil. Er habe nach der Benachrichtigung 17 Waggons mit 1069 t (von insgesamt 22 erhaltenen Waggons mit 1374 t) erhalten. Ausgehend von den Angaben der informierenden Fernschreiben (31.5. und 2.6. 1993) und den Angaben in den Frachtpapieren, die in der Reklamation des Klägers und in den zwei Klageschriften angeführt werden und denen vom Beklagten in der Zwischenzeit nicht substantiiert widersprochen wurde, ist der Spruchkörper geneigt anzunehmen, daß ein wesentlicher Teil der Drahtseile vor dem Erhalt der Fernschreiben vom 31.5. und 2.6.1993 geliefert wurde und die Aufforderung, die Lieferung einzustellen, sich folglich darauf gar nicht beziehen konnte.

4.1.Wie bereits ausgeführt, behauptet der Beklagte, daß der Kläger den Vertrag verletzt habe, indem er das Angebot zum Lieferstopp nicht angenommen habe. Die Ware sei vom Beklagten nur in Besitz genommen, es sei aber kein Eigentum daran begründet worden. Der Spruchkörper kann diesen Ausführungen nicht folgen. Insbesondere besteht beim Kaufvertrag die Hauptpflicht des Verkäufers darin, dem Käufer das Eigentum an der Ware zu verschaffen und ihm diese zu übergeben (Art. 30 der Konvention). Die Hauptpflicht des Käufers ist es, den Preis zu zahlen und die Ware abzunehmen (Artt. 53 und 60 der Konvention). Es bleibt anzumerken, daß die Abnahme der Ware durch den Käufer nicht nur dessen Recht, sondern seine Hauptpflicht ist. Durch Ablehnung der Abnahme einer Ware, die den vereinbarten Anforderungen genügt, erfüllt er eine vertragliche Pflicht nicht.

4.2. Der Behauptung des Beklagten, er habe nur Besitz an der Ware begründet (während das Eigentum folglich beim Kläger verblieben sei), kann in keinster Weise gefolgt werden. Es handelt sich um Ware, die er laut Vertrag kaufte und die ihm vom Verkäufer vertragsgemäß zugesandt wurde. Der Beklagte erhielt die Ware und hatte sie in seiner tatsächlichen Gewalt. Er verfügte frei über sie, tätigte Verkäufe zu Preisen, die er selbst bestimmte und rechtfertigte sich vor niemandem. Und das nunmehr seit mehr als 4 Jahren. So trägt der Beklagte im Protokoll vom 2.3.1995 vor, von den insgesamt erhaltenen 1374,3 t Stahlseil seien bei ihm 698,34 t im Wert von US$ 279.336.- unverkauft geblieben. (Folglich wurden 676 t verkauft.) In seiner Klageerwiderung vom 14.7.1997 behauptet er, daß 300 t in seinem Besitze seien, was heißt, daß er bis zu diesem Moment 1074,3 t oder 78% der erhaltenen 1374,3 t verkauft hatte. Diese Angaben zeigen eindeutig, daß der Beklagte in dem Zeitraum 1993-1996 mit der nach dem Vertrag gekauften Ware wie ein Eigentümer, und nicht wie ein Besitzer fremder Ware, verfuhr.

Daraus folgt, daß die fraglichen 1374,3 t Stahlseil ihm übergeben und übereignet wurden (Art. 30 der Konvention).

5.1. Der Beklagte gründet seine Einwände auf Artt. 77 und 86 der Wiener Konvention. Er verlangt Ersatz der Ausgaben, die er zum Zwecke der Minderung des Schadens, der ihm durch die von ihm nicht gewollte Warenlieferung entstanden sei, getätigt habe. Es handelt sich um Ausgaben in der Höhe von insgesamt US$ 123.785,90, die in der Zeit 1993-1996 für die Wareneinfuhr und für Transport-, Lager- und Kommissionär-leistungen aufgewandt wurden.

Der Spruchkörper hält die Forderung für unbegründet. Vor allem ist für die Anwendung von Art. 77 der Konvention eine Vertragsverletzung durch die vertragsbrüchige Seite (vorliegend Kläger) erforderlich, woraus Schäden entstanden sein müssen, zu deren Minderung die pflichtgemäß handelnde Partei Maßnahmen ergriffen hat. Unter Punkt 3.1-3.4 wurde oben bereits aufgeführt, daß der Kläger den Liefervertrag nicht verletzte. Der Beklagte erklärte nicht die Aufhebung des Vertrages (Art. 49 der Konvention). Er nahm die Ware an und wurde ihr Eigentümer, verkaufte 90% davon und war aus diesem Grunde für die Einfuhrkosten (Zölle u.ä.), die Lagerung und den Verkauf zuständig. Der vorliegende Sachverhalt fällt nicht unter die Artt. 77 und 86 der Konvention. Die angeführten Normen sind im vorliegenden Fall nicht anwendbar.

5.2. Insoweit der Kläger sich in seiner Klageerwiederung auf Art. 307 HGB (wirtschaftliche Unmöglichkeit) beruft, unterliegt er einem Rechtsirrtum. Diese Norm, die seit Oktober 1996 in Kraft ist, läßt Änderungen und Beendigung des Vertrages beim Eintritt bestimmter Umstände zu und ist zweifelsohne materiellrechtlicher Natur. Aus diesem Grunde kommt ihre Anwendung im vorliegenden Fall nicht in Betracht. Das bulgarische materielle Recht ist vorliegend nicht anwendbar.

6. Aus dem bisher Dargelegten (Abschnitt V, Punkt 3-5) folgt, daß der Kaufpreisanspruch des Klägers in Höhe von US$ 371.665.- begründet ist. In der Sache wurden die Menge der verkauften und übergebenen Ware, ihr Preis, die vom Beklagten gezahlten Summen und der verbleibende geschuldete Preis, US$ 371.665.-, bewiesen. Die Einwände des Beklagten hinsichtlich des Anspruchs auf Lieferstopp, des Vorliegens von force majeure, der Begründung von Besitz, aber nicht von Eigentum an der Ware u.a. erwiesen sich nach gründlicher Prüfung als unbegründet. Der Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises ist mithin in vollem Umfang begründet.

7. Wie bereits ausgeführt, hat der Beklagte in Höhe von US$ 123.785, 90 Aufrechnung geltend gemacht. Es handelt sich dabei um von ihm getätigte Ausgaben für die Wareneinfuhr (Zölle u.a.) in Höhe von US$ 54.445.-, Transport- und Lagerkosten in Höhe von US$ 58.474.- und Kommissionskosten in Höhe von US$ 10.866,90, also insgesamt US$ 123.785,90. Die Aufrechnung greift aber nicht durch. Hinsichtlich dieser Ausgaben ist im Vertrag (No.643 vom 8.2.1993) ausdrücklich festgelegt, daß alle Steuern, Gebühren und Zölle, die mit der Vertragserfüllung im Land des Käufers zusammenhängen, vom Käufer getragen werden. Dies ergibt sich auch aus dem allgemeinen Grundsatz, daß die Kosten für Lagerung, Aufbewahrung und Transport der gekauften Ware nach dem Gefahrübergang vom Käufer zu tragen sind. Im vorliegenden Fall hat der Beklagte keine aufrechenbare Forderung gegen den Kläger.

8. Abschließend ergeht folgende Entscheidung:
- die Klage auf Zahlung von US$ 371.665.- als geschuldeter Kaufpreis für vertragsgemäß gelieferte Ware ist zulässig und begründet; ihr wird stattgegeben;
- die vom Beklagten geltendgemachte Prozeßaufrechnung in der Höhe von US$ 123.785,90 greift nicht durch.

VI. Zu den Verzugszinsen

Nach Art. 78 der Konvention hat der Verkäufer einen Zinsanspruch, wenn der Käufer mit der Kaufpreiszahlung in Verzug gerät. Die Konvention beschränkt sich darauf, den Grundsatz zum Ausdruck zum bringen, daß der in Verzug geratene Käufer Zinsen schuldet, sagt aber nichts über deren Umfang. Erste Voraussetzung für den Eintritt des Schuldnerverzugs ist die Fälligkeit der Forderung, zweite Voraussetzung die Zusendung einer Mahnung an den Schuldner. Die bloße Fälligkeit der Forderung versetzt den Schuldner nicht automatisch in Verzug und stellt als solche auch nicht eine Aufforderung an den Schuldner dar, die Zinsen zu zahlen. Damit der Schuldner in Verzug gerät, muß ihn der Gläubiger dazu auffordern, seine Pflicht zu erfüllen. Bis zu dieser Aufforderung ist und kann der Schuldner nicht in Verzug geraten.

In den Klageschriften vom 23.2.1996 und 27.11.1996 macht der Kläger keine Ansprüche auf Zinszahlung geltend. In der Klageschrift stellt er lediglich fest, daß für die vom 1.7.1993 an vom Beklagten genutzten Mittel des Klägers eine separate Klage unter Berücksichtigung des internationalen Libor-Satzes erhoben wird. In der Sache sind keine Aufforderungen vorgelegt worden, mit denen vom Beklagten die Zahlung von Verzugszinsen gefordert, d.h. mittels derer er in Verzug gebracht wird.

In der am 3.12.1997 beim Schiedsgericht eingegangenen Ergänzung zur Klageschrift macht der Kläger einen Anspruch auf Zinsen in Höhe von US$ 107.033,30 geltend. Er fordert diese Summe auf der Grundlage des internationalen Libor-Satzes von 6,5023% für die Zeit vom 1.7.1993 bis zum 1.1.1997. Die Klageerweiterung ist vom Schiedsgericht durch Beschluß vom 15.12.1997 zugelassen worden. Dadurch wurde der Beklagte in Verzug gesetzt und schuldet Verzugszinsen. Der Spruchkörper geht aber davon aus, daß der Beklagte erst für die Zeit ab dem 3.12.1997 (Datum, an dem die Klage eingegangen ist) in Verzug gebracht worden ist, nicht aber für die Zeit davor. Der Gläubiger konnte durch seine Klage vom 3.12.1997 den Beklagten nicht für die Zeit davor, d.h. für den vorausgehenden Zeitraum von mehr als 4 Jahren, in Verzug bringen. Das wird noch klarer, wenn man sich vor Augen führt, daß die Zinshöhe in der Wiener Konvention nicht festgelegt ist und sie zwischen den Staaten vereinbart oder auf anderer Art und Weise festgelegt werden muß. Wir wiederholen nochmals, daß die Partei (Beklagter) für die Zeit, in der sie nicht zur Zahlung aufgefordert wurde, nicht in Verzug geraten konnte und deshalb überhaupt nicht in Verzug war.

Aus den angeführten Gründen nimmt der Spruchkörper an, daß die Klage auf Zahlung von Verzugszinsen für die Zeit vom 1.7.1993 bis zur Klageerhebung die Verurteilung zu einer solchen Zinszahlung nur von dem Zeitpunkt, ab welchem der Schuldner in Verzug gesetzt wurde (3.12.1997), an zur Folge haben kann, nicht aber für die vorausgehenden 4 Jahre (also vom 1.7.1993 an).

Da aber Zinsen nur bis zum 1.1.1997 verlangt wurden, ist die Klage im Hinblick auf die Begründung des Schuldnerverzugs in sich widersprüchlich. Ihr kann deshalb nicht stattgegeben werden.

VII. Verfahrenskosten

Gemäß § 6 Abs. 2 des Tarifs für Schiedskosten und Gebühren des SG der BIHK werden dem Kläger auch Verfahrenskosten zugesprochen. Der Kläger hat in der Sache eine Schiedsgebühr eingezahlt, sowie für Auslagen und den Sachverständigen in Höhe von insgesamt US$ 9.964.- einen Vorschuß geleistet. Entsprechend dem Verhältnis seines teilweisen Obsiegens bzw. Unterliegens (78% zu 22%) ist dem Kläger die Summe von US$ 7.772.- zu erstatten, wie im Tenor der Entscheidung vermerkt ist. Weitere übliche Ausgaben für Rechtsbeistand gemäß § 6 Abs. 2 des Tarifs, deren Erstattung gefordert oder bewiesen worden wäre, sind dem Kläger nicht entstanden.

Entsprechend den dargelegten Erwägungen hat der Spruchkörper seine Entscheidung gefällt.}}

Source

Original in Bulgarian:
-Unpublished

Published in German (transl.):
Biljana Dischlieva, Erste Entscheidungen zum UN-Kaufrecht aus Bulgarien, in: Michael R. Will (ed.), Rudolf Meyer zum Abschied: Dialog Deutschland-Schweiz VII, Faculté de droit, Université de Genève (1999), 192-201.

Source:
University of Pace Website (http://cisgw3.law.pace.edu/)}}