Data

Date:
31-01-1997
Country:
Germany
Number:
2 U 31/96
Court:
Oberlandesgericht Koblenz
Parties:
Unknown

Keywords

INTERPRETATION OF INTENTION OF A PARTY (ART. 8(3) CISG) - SUBSEQUENT CONDUCT

LACK OF QUANTITY - NOTICE - SPECIFICATION OF LACK OF CONFORMITY NECESSARY (ART. 39 CISG)

AVOIDANCE OF CONTRACT - FOR BREACH OF CLAUSE GRANTING THE BUYER EXCLUSIVE RIGHT TO DISTRIBUTE WITHIN A SPECIFIC DISTRICT - DECLARATION OF AVOIDANCE - EVIDENCE

AVOIDANCE OF CONTRACT - FOR BREACH OF CLAUSE GRANTING THE BUYER EXCLUSIVE RIGHT TO DISTRIBUTE WITHIN A SPECIFIC DISTRICT - NOTICE OF TERMINATION WITHIN A REASONABLE TIME OF BREACH (ART. 49(2)(B)(I) CISG)

NON-CONFORMITY OF GOODS - BUYER'S REFUSAL TO ACCEPT REPAIR BY SELLER - LOSS OF RIGHT TO REDUCE PRICE (ART. 50 CISG)

DAMAGES - FAILURE TO PERFORM CAUSED BY CONDUCT OF DAMAGED PARTY - LOSS OF RIGHT TO DAMAGES (ART. 80 CISG)

Abstract

A Dutch seller and a German buyer concluded a contract for the sale of different types of textiles (acrylic blankets). Four days after delivery the buyer complained about lack of quantity and non-conformity of the goods. The buyer refused to pay the purchase price also assuming that the seller had breached a previously concluded distributorship agreement between the parties granting the buyer the exclusive right to distribute the textiles in Germany. The seller commenced an action to recover full payment and the buyer counterclaimed set-off with damages for lack of conformity. The lower Court decided in favor of the seller. The appellate Court confirmed the first instance decision.

As regards the lack of quantity, the Court found that the buyer had not sufficiently specified the nature of the lack of conformity according to Art. 39(1) CISG since it had not indicated the type of the lacking blankets. Therefore, it could not declare the contract avoided (Art. 51(1) CISG) as it had lost the right to rely on a lack of conformity.

The buyer was also not entitled to declare the contract avoided on the basis of a lack of conformity of the goods. The Court stated that the lack of conformity entitles the buyer to declare the contract avoided only when it amounts to a fundamental breach of the contract (Art. 49(1)(a) CISG). In order to determine the occurrence of a fundamental breach regard is to be had not only to the nature of the lack of conformity but also to the readiness of the seller to remedy the non-conformity without unreasonable delay and unreasonable inconvenience to the buyer (Art. 48 CISG). In the case at hand, the Court excluded the presence of a fundamental breach of contract as the buyer had unjustifiably not accepted the seller's offer to remedy the non- conformity by delivering substituting goods, in accordance with Art. 48 CISG. This result was not precluded by the remark that, pursuant to Art. 48(1) CISG, the right to avoidance prevails over the seller's right to cure, since this prevalence is only effective in case of a fundamental breach of contract, an event which was excluded by the Court.

Following the Court's reasoning, the buyer was also not entitled to reduce the price as it had refused to accept performance by the seller in accordance with Art. 48 CISG (Art. 50 CISG).

The question whether the parties had concluded a distributorship agreement remained undecided. In the Court's opinion, although the breach of a secondary obligation under the contract, like that deriving from an exclusive distributorship agreement, may amount to a fundamental breach giving a right to avoid the contract (Art. 49(1)(a) CISG), the buyer had nonetheless not declared the contract avoided. In particular, a declaration of the buyer could not be interpreted as a declaration of avoidance as the subsequent conduct of the buyer was incompatible with such an interpretation (Art. 8(3) CISG). In any case, however, the buyer had lost the right to declare the contract avoided as it had not done so within a reasonable time after it knew of the breach (Art. 49(2)(b)(i) CISG).

As regards the buyer's claim for damages (loss of profits) deriving from the delivery of non conforming goods, the Court stated that, pursuant to Art. 80 CISG, the buyer had lost the right to damages as it had hindered the seller's cure of non- conformity.

Fulltext

[...]

T a t b e s t a n d:

Die Klägerin, eine Gesellschaft niederländischen Rechts, die auf dem Gebiet der Textilindustrie tätig ist, verlangt von der Beklagten, einem deutschen Unternehmen, das u. a. mit Bettwaren handelt, die Bezahlung von Acryldecken. Aufgrund eines von der Beklagten am 24.11.1993 unterschriftlich bestätigten Angebots der Klägerin vom 4.11.1993 (Bl. 15/16 GA) erfolgte am 3.12.1993 die Anlieferung von Ware bei der Beklagten, die am Samstag, den 4.12.1993, ausgeladen wurde. Die Klägerin berechnete hierfür 73.409,10 DM (Rechnung vom 3.12.1993, Bl. 18 GA). Mit Schreiben vom 8.12.1993 (Bl. 32 GA) beanstandete die Beklagte neben Verpackungsmängeln und dem Fehlen von einem Karton an Stückware und 5 Rollen Rollenware die Qualität der Ware. Anläßlich eines Gesprächs bei der Beklagten zwischen deren Geschäftsführer einerseits und dem Geschäftsführer der Klägerin und dem spanischen Hersteller andererseits am 28.01.1994 wurden verschiedene Möglichkeiten der weiteren Vorgehensweise diskutiert; eine abschließende Einigung kam aber nicht zustande. Sie erfolgte auch nicht auf das Schreiben der Beklagten vom 25.04.1994 (Bl. 50/51 GA), in dem diese die Beendigung der Differenzen ansprach. Die Klägerin, die zunächst unter Berücksichtigung einer Gutschrift von 1.001,40 DM (Bl. 17 GA) für eine Mindermenge von 2 Rollen und einem Karton Decken 72.407,70 DM eingeklagt hatte und im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens eine weitere Gutschrift von 350,00 DM für Aufwendungen für Hilfskräfte erteilt hatte, hat vorgetragen:

Sie habe mangelfreie Ware geliefert und über Mengenabweichungen eine Gutschrift erteilt. Mängel seien von ihr nie anerkannt worden. Zum Zeitpunkt des Gesprächs am 28.01.1994 sei die Frage der Mangelhaftigkeit zwischen den Parteien geklärt gewesen; die Beklagte habe ihre Behauptung fallenlassen, wie sich aus ihrem Schreiben vom 25.04.1994 ergebe. Auch sei ein Alleinvertriebsrecht der Beklagten nie vereinbart worden. Im übrigen habe sie nur ein Angebot über nicht vergleichbare Produkte an die Firma (X) abgegeben. Die Klägerin hat zuletzt nach Reduzierung auch der Zinsforderung beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 72.057,70 DM nebst 5 % Zinsen hiervon seit 4.02.1994 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, ein Zahlungsanspruch aus der unstreitigen Bestellung stehe der Klägerin nicht zu, da diese sich nicht an die zwischen den Parteien bestehende Exklusivvereinbarung gehalten habe und die gelieferte Ware, bei der nicht nur die zwei gutgeschriebenen, sondern drei weitere Rollen Decken gefehlt hätten, mangelhaft gewesen sei.

Am 29.07.1993 sei die zukünftige geschäftliche Verbindung der Parteien besprochen und es sei die verbindliche, für jegliche zukünftige gegenseitige Lieferung geltende Vereinbarung getroffen worden, daß die Klägerin ausschließlich die Beklagte exklusiv mit den sogenannten Telan-Decken in Deutschland beliefere, während die Beklagte ihre Decken ausschließlich über die Klägerin in den Niederlanden und in Belgien über die Firma (Y), eine Schwesterfirma der Klägerin, vertreibe. Diese ausdrücklich vereinbarte Bedingung sei nicht eingetreten; unmittelbar nach Anlieferung der Ware habe sie feststellen müssen, daß die Klägerin exakt die gleiche Ware an eine Firma (Z) in (A) , und dies auch noch zu einem niedrigeren Preis, geliefert habe. Damit sei der Verkauf wirtschaftlich für sie uninteressant geworden. Die Ware sei, wie sofort gerügt, im übrigen nicht nur schlecht verpackt, sondern auch mangelhaft gewesen. Vor allem sei bei sämtlichen Acryldecken der Plüsch zu flach gewesen und habe nicht der Vereinbarung entsprochen, die Rollenware sei nicht von hinten gerauht gewesen. Die Klägerin habe die Mangelhaftigkeit der Ware auch anerkannt, so auch im Gespräch vom 28.01.1994. Damals habe man verschiedene Vorgehensweisen diskutiert, im Ergebnis aber keine Einigung erzielt. Hilfsweise hat die Beklagte mit Gegenforderungen aufgerechnet und sich auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen. Dazu hat sie vorgetragen:

Der Geschäftsführer der Klägerin habe am 1.12.1993 telefonisch bei ihr Waren im Wert von 49.900,00 DM bestellt. Weitere Bestellungen der Klägerin seien ausdrücklich vereinbart gewesen mit dem Ziel, einen Jumbo-Lkw vollzubekommen, aber nicht erfolgt. Auch könne sie eine Rechnung vom 19.01.1994 über 5.571,94 DM für eine Lieferung an die (Y) in Belgien mit der Klägerin verrechnen. Zwischen den Parteien sei vereinbart worden, daß auch diese Rechnungen im Verhältnis zwischen den Parteien verrechnet werden könnten.

Die Klägerin hat zur hilfsweisen Aufrechnung vorgetragen:

Die behauptete Bestellung vom 1.12.1993 habe nicht stattgefunden. Eine Auftragsbestätigung hierüber habe sie nicht erhalten. Wie die Beklagte zutreffend schildere, seien Gegenlieferungen im Gespräch vom 28.04.1994 nur erörtert, nicht aber vereinbart worden. Es sei auch keine Verrechnungsvereinbarung getroffen worden. Das Landgericht hat durch das angefochtene Urteil, auf das bezüglich weiterer Sachverhaltsdarstellung und hinsichtlich der Begründung im einzelnen Bezug genommen wird, der Klage stattgegeben. Es hat ausgeführt, ein Alleinvertriebsrecht für die Beklagte lasse sich aus der Auftragsbestätigung nicht herleiten; mögliche frühere Vereinbarungen seien damit hinfällig geworden. Gewährleistungsansprüchen wegen Mängeln stehe teilweise die vertragliche Beschreibung der Ware entgegen, teilweise seien Mängel nicht ausreichend konkret beschrieben. Außerdem sei im Schreiben der Beklagten vom 25.04.1994, in dem Mängel nicht mehr erwähnt seien, ein Verzicht auf Gewährleistungsansprüche zu sehen. Gegenansprüche stünden der Beklagten nicht zu, weil nach ihrer eigenen Darstellung im Schreiben vom 25.04.1994 ein Kompensationsgeschäft nicht abgeschlossen worden und zu einer Verrechnungsabrede nicht hinreichend substantiiert vorgetragen sei.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie die Abweisung der Klage anstrebt. Unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrags vertieft und erweitert sie ihr Vorbringen zu ihren Einwendungen und trägt dazu vor:

Von der Klageforderung sei der Gegenwert von drei weiteren Rollen Decken abzuziehen. Außerdem sei im Hinblick auf die gebrochene Exklusivvereinbarung, die grundlegend bereits beim ersten Besuch der Klägerin als Bedingung vereinbart gewesen sei, die Vertragsgrundlage entfallen. Wegen der näher beschriebenen, von der Klägerin anerkannten Mängel könne sie Wandelung bzw. Vertragsaufhebung nach CISG verlangen. Sie habe nie auf Gewährleistungsrechte verzichtet. Im Rahmen der hilfsweise erklärten Aufrechnung macht sie Minderung geltend, da die mangelhafte Ware allenfalls 49.910,10 DM wert gewesen sei, Schadensersatzansprüche von 8.710,00 DM und 8.300,90 DM wegen entgangenen Gewinns, weil sie die Ware wegen der Mängel nicht wie sonst geschehen habe veräußern können sowie Gegenansprüche von 49.900,00 DM wegen telefonisch erteilter und bestätigter Bestellung der Klägerin vom 1.12.1993. Außerdem hält sie an einem Gegenanspruch von 5.571,94 DM aus der näher beschriebenen Verrechnungsabrede fest.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen,

hilfsweise,

der Klägerin nachzulassen, eine Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung mittels Bankbürgschaft abzuwenden.

Unter Wiederholung ihres Vortrags erster Instanz bestreitet sie weiterhin die behaupteten Gegenrechte und Ansprüche der Beklagten. Zu dem in der Berufungsinstanz neuen Vortrag bezüglich der Minderung und von Schadensersatzansprüchen verweist sie darauf, der Vortrag zur Minderung sei willkürlich, einen - bestrittenen - Schaden habe die Beklagte sich selbst zuzuschreiben, da sie an einer Nach- bzw. Neulieferung nicht interessiert gewesen sei. Hinsichtlich des Vorbringens im einzelnen wird auf den Vortrag der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Die Klage ist begründet.

[...]

Materiell-rechtlich findet auf das Vertragsverhältnis der Parteien das Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf (im folgenden CISG genannt) gemäß dessen Art. 1 Abs. 1 a Anwendung. Die Parteien haben ihre Niederlassungen in verschiedenen Staaten, in denen die CISG jeweils seit 1.01.1992 in Kraft ist. Gemäß Art. 53 CISG kann die Klägerin Zahlung des Kaufpreises für die von der Beklagten gekauften Decken verlangen. Unstreitig entspricht der in Rechnung gestellte Betrag der vertraglichen Vereinbarung gemäß dem von der Beklagten angenommenen Angebot der Klägerin vom 4.11.1993.

Keine der Einwendungen der Beklagten steht dem von der Klägerin geltend gemachten Anspruch entgegen. Die Behauptung der Beklagten, bei Auslieferung der Ware am 3./4.12.1993 hätten nicht nur die zwei von der Klägerin gutgeschriebenen, sondern drei weitere Rollen Decken gefehlt, wofür weitere 1.254,60 DM von der Kaufpreisforderung abzusetzen seien, enthält das Begehren nach teilweiser Vertragsaufhebung wegen teilweiser Nichterfüllung. Artt. 51, 46, 47, 49 CISG sehen diesen Rechtsbehelf bei Teillieferung unter den dort im einzelnen beschriebenen Voraussetzungen grundsätzlich vor. Die Beklagte hat aber nach Art. 39 Abs. l CISG das Recht, sich auf die Vertragswidrigkeit der Ware insoweit zu berufen, verloren.

Die Vertragsmäßigkeit der Ware in diesem Sinn betrifft gemäß Art. 35 Abs. 1 CISG auch die Menge. Nach Art. 39 Abs. 1 CISG verliert der Käufer das Recht, sich auf eine Vertragswidrigkeit der Ware - somit auch auf eine Fehlmenge - zu berufen, wenn er sie dem Verkäufer nicht innerhalb einer angemessenen Frist nach Feststellung anzeigt und dabei die Art der Vertragswidrigkeit genau bezeichnet. Die sich daraus ergebenden Anforderungen an die Spezifikation einer Rüge hat die Beklagte nicht erfüllt. Während die Rechnung der Klägerin vom 3.12.1993 Rollen Decken mit unterschiedlichem Design aufführt, spricht die Beklagte in ihrem u.a. die Fehlmenge rügenden Schreiben vom 8.12.1993 lediglich davon, daß fünf Rollen fehlten. Eine solche Angabe versetzt die Klägerin nicht in die Lage, eine Ersatz- oder Nachlieferung in die Wege zu leiten, was die Regelung von Art. 39 CISG u.a. bezweckt. Daß sie eine ausreichende Rüge binnen angemessener Frist auf andere Weise mitgeteilt hätte, behauptet die Beklagte selbst nicht. Auch auf die behauptete Verletzung eines ihr nach ihrem Vortrag eingeräumten Alleinvertriebsrechts beruft die Beklagte sich ohne Erfolg. Dabei kann offen bleiben, ob ein solches als Rahmenvereinbarung tatsächlich zwischen den Parteien vereinbart worden ist. Daß die Einhaltung eines Exklusivrechts Bedingung im rechtlichen Sinn für alle zwischen den Parteien zu schließenden Verträge gewesen sei, was nach Art. 6 CISG Bedeutung erlangen könnte, behauptet die Beklagte zwar, füllt die bestrittene Behauptung aber nicht mit entsprechendem, die Nachprüfung ihrer eine rechtliche Wertung enthaltenden Behauptung ermöglichenden Tatsachenvortrag aus.

Das Recht, wegen einer wesentlichen Vertragsverletzung aus diesem Gesichtspunkt Aufhebung des Vertrages zu verlangen, kann die Beklagte jedenfalls gemäß Art. 49 Abs. 2 Buchstabe b i CISG nicht mehr geltend machen. Zwar kann der Käufer gemäß Art. 49 Abs. 1 a CISG Aufhebung des Vertrags verlangen, wenn die Nichterfüllung einer Vertragspflicht eine wesentliche Vertragsverletzung darstellt, was auch bei Verletzung einer Nebenpflicht wie einer Ausschließlichkeitsabrede der Fall sein kann (v. Caemmerer/ Schlechtriem, CISG 2. Aufl. Art. 49 Rdn. 17). Doch muß der Käufer bei Vermeidung des Verlusts seines Rechts gemäß Art. 49 Abs. 2 b i dann die Aufhebung innerhalb angemessener Frist erklären, nachdem er von der Vertragsverletzung Kenntnis erlangt hat. Nach eigenem Vortrag stellte die Beklagte unmittelbar nach Auslieferung der Ware, die am 3./4.12.1993 erfolgte, fest, daß die Klägerin die gleiche Ware zu einem geringeren Preis an einen anderen Kunden in Deutschland geliefert habe (Bl. 27 GA). Zwar stand ihr danach - ihr Vortrag unterstellt - ein gewisser Zeitraum für Überlegung, Einholung von Rechtsrat und Gesprächen mit der Klägerin zu. Dieser war jedoch am 28.01.1994, als bei der Beklagten ein Gespräch unter Einbeziehung des Geschäftsführers der Klägerin und des spanischen Lieferanten stattfand, bereits abgelaufen.

[...]

Angesichts der unterschiedlichen Erklärungen, die die Beklagte nach ihrem eigenen Vortrag bei diesem Anlaß abgegeben hat, fehlt es an einer hinreichend eindeutigen Erklärung der Vertragsaufhebung, aus der sich ergibt, daß sie zur Vertragserfüllung keinesfalls mehr bereit gewesen wäre. Es ist nach Ablauf und Ergebnis des Gesprächs, wie die Beklagte selbst es darstellt, auch nichts dafür dargetan, daß die Erklärung nach den Auslegungsgrundsätzen, wie sie nach Art. 8 Abs. 2 und 3 CISG auf Erklärungen und Verhalten der Vertragspartner Anwendung finden, von einer 'vernünftigen Person der gleichen Art wie die andere Partei' im Sinne einer Aufhebungserklärung hätte verstanden werden müssen. Das nach Art. 8 Abs. 3 CISG in diesem Zusammenhang mit zu berücksichtigende spätere Verhalten der Beklagten macht vielmehr deutlich, daß sie selbst ihr Verhalten nicht in diesem Sinne verstanden hat. Im Schreiben an die Klägerin vom 25.04.1994 nämlich erwähnt sie zwar den Verkauf von Decken in Deutschland zu einem geringeren Preis, spricht in diesem Zusammenhang aber nicht etwa von einer Aufhebung des Vertrags, sondern führt aus, wie dieser für beide Parteien dennoch zufriedenstellend ausgeführt werden könne. Dem Vortrag der Beklagten, die selbst von einer Diskussion der verschiedenen Möglichkeiten spricht, ist unter diesen Umständen allenfalls zu entnehmen, daß die Konsequenz einer Vertragsaufhebung und Rückabwicklung angedroht wurde. Dies aber ist für eine Aufhebungserklärung nicht ausreichend.

Weder der Zweck der Vorschrift des Art. 49 Abs. 2 b, die nicht zuletzt dem Verkäufer Gelegenheit geben soll, Klarheit über eine gegebenenfalls erforderliche Weiterverwendung der Ware innerhalb begrenzter Zeit zu erlangen, noch die Umstände des Falls geben Anlaß, der Beklagten bis zum 28.01.1994 oder darüber hinaus eine weitere Frist für Überlegungen oder Einigungsversuche zuzubilligen. Ihrem eigenen Vortrag ist hierfür nichts zu entnehmen. Alle Umstände und der Standpunkt der Klägerin waren ihr zu diesem Zeitpunkt bekannt. Es ist nicht ersichtlich, daß diese weiteres Entgegenkommen signalisiert hätte. Die Beklagte hätte zur Vermeidung eines Rechtsverlusts hinsichtlich der Aufhebung deshalb noch vor dem 28.01.1994 die Aufhebungserklärung wegen Verletzung eines Ausschließlichkeitsrechts aussprechen müssen, wenn sie deshalb vom Vertrag Abstand nehmen wollte. Selbst wenn man ihr aber noch eine gewisse Zeitspanne eigener Einigungsversuche zubilligen wollte, hätten diese jedenfalls kurzfristig und zügig erfolgen müssen. Der bis zum Schreiben vom 25.04.1994 verstrichene Zeitraum jedenfalls war nicht mehr angemessen im Sinne von Art. 49 Abs. 2 CISG. Außerdem enthält dieses Schreiben nicht eine Aufhebungserklärung sondern spricht die Durchführung des Vertrages an; auch ist eine solche in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang damit nicht dargetan. Der an die Versäumnis einer Aufhebungserklärung geknüpfte Verlust des Aufhebungsrechts nach CISG ist auch eingetreten, soweit die Beklagte die Aufhebung auf die behauptete Mangelhaftigkeit der Ware stützt. Soweit darin - der Beklagtenvortrag auch insoweit unterstellt - eine wesentliche Vertragsverletzung zu sehen ist, fehlt es schon an einer eindeutigen Erklärung binnen angemessener Frist im Sinne von Art. 49 Abs. 2 b i CISG. Auf die vorangegangenen Ausführungen wird insoweit Bezug genommen.

Jedenfalls aber liegt angesichts des nach dem Vortrag der Beklagten selbst im Verlauf des Gesprächs vom 28.01.1994 nicht akzeptierten Angebots einer Nachlieferung aber auch keine wesentliche Vertragsverletzung im Sinne von Art. 49 Abs. 1 a CISG - selbst wenn man eine Mangelhaftigkeit unterstellt - vor. Nach Art. 48 Abs. 1 CISG kann der Verkäufer vorbehaltlich des Art. 49 einen Mangel in der Erfüllung seiner Pflichten auch nach dem Liefertermin auf eigene Kosten beheben, wenn dies keine unzumutbare Verzögerung nach sich zieht und dem Käufer weder unzumutbare Unannehmlichkeiten noch Ungewißheit über die Erstattung seiner Auslagen durch den Verkäufer verursacht. Dieses Recht hat die Klägerin wahrgenommen, indem sie im Gespräch vom 28.01.1994 Nachlieferung ordnungsgemäßer Ware durch ihren spanischen Hersteller angeboten hat. Zwar ist durch den Vorbehalt des Art. 49 in Art. 48 dem Vertragsaufhebungsrecht des Käufers Vorrang vor dem Nacherfüllungsrecht des Verkäufers aus Art. 48 Abs. 1 CISG eingeräumt. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift und der Art des Vorbehalts gilt dies aber nur dann, wenn die Lieferung mangelhafter Ware eine wesentliche Vertragsverletzung im Sinne von Art. 49 Abs. 1 a, 25 CISG darstellt. Dafür aber ist nicht nur das Gewicht des Mangels, sondern auch die Bereitschaft des Verkäufers, den Mangel ohne unzumutbare Verzögerungen und Belastungen für den Käufer zu beseitigen, von Bedeutung. Selbst ein schwerwiegender Mangel stellt dann keine wesentliche Vertragsverletzung im Sinne dieser Bestimmung dar, wenn der Verkäufer zur Nachlieferung ohne unzumutbare Belastung des Käufers bereit ist (vgl. von Caemmerer/ Schlechtriem a.a.O. Art. 48 Rdn. 20 m.w.N.). Diese ernsthafte Bereitschaft wurde im Gespräch vom 28.01.1994 auch aus der Sicht der Beklagten erklärt. Ohne rechtfertigenden Grund hat sie sich darauf nicht eingelassen. Gründe, die einer Nachlieferung bezogen auf die Mangelhaftigkeit der Ware entgegenstehen würden, hat sie nicht angeführt. Sie hat die Ablehnung allein auf die behauptete Verletzung des Ausschließlichkeitsrechts bezogen. Da sie aber insoweit keine Aufhebungserklärung ausgesprochen hat, konnte und kann sie sich auf eine daraus abgeleitete Aufhebung des Vertrags mit der Folge des Erlöschens der Rechte der Klägerin nicht berufen. Das Risiko, das die Beklagte mit ihrer Haltung, mit der sie sich alle Möglichkeiten offenhielt, einging, geht zu ihren Lasten. Jedenfalls liegt unter diesen Umständen keine wesentliche Vertragsverletzung im Hinblick auf Mängel vor, mögen diese vorgelegen haben oder nicht.

[...]

Bei dieser Sach- und Rechtslage kann die Beklagte sich auch nicht auf ein Recht zur Minderung wegen Mangelhaftigkeit der Ware gemäß Art. 50 Satz 1 CISG berufen. Nach Satz 2 dieses Artikels ist ihr nämlich das Recht auf Herabsetzung des Kaufpreises versagt, wenn sie sich als Käufer weigert, Erfüllung durch den Verkäufer nach Art. 48 CISG anzunehmen. Das aber hat die Beklagte - wie bereits ausgeführt - getan.

Auch die weiter hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Gegenansprüche der Beklagten bringen die Klageforderung nicht - auch nicht teilweise - zum Erlöschen.

Dem Schadensersatzbegehren der Beklagten gerichtet auf den entgangenen Gewinn wegen Lieferung mangelhafter Ware, das grundsätzlich aus Art. 45 Abs. 1 b, Abs. 2, 74 - 77 CISG hergeleitet werden könnte, steht Art. 80 CISG entgegen (v. Caemmerer/ Schlechtriem a.a.O. Art. 48 Rdn. 32). Die Beklagte hat die Erfüllung seitens der Klägerin durch Ersatzlieferung im Rahmen eines noch bestehenden Nacherfüllungsrechts durch eigenes Handeln verhindert, indem sie das entsprechende Angebot ungerechtfertigt ablehnte. Auf ein Verschulden der Beklagten kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Verzögerungs- oder Begleitschäden, die nach anderen Vorschriften verlangt werden könnten, sind nicht dargetan und geltend gemacht.

[...]

Letztlich ist auch ein Gegenanspruch der Beklagten in Höhe von 5.571,94 DM aufgrund einer Verrechnungsabrede, auf den sie sich im Wege der hilfsweisen Aufrechnung ebenfalls beruft, nicht substantiiert dargetan. Dabei kann offen bleiben, wie das Recht der Niederlande, das mangels Eingreifens der CISG insoweit und im Hinblick auf den Sitz der Klägerin, die aus der behaupteten Vereinbarung die charakteristische Leistung zu erbringen hätte, nach Art. 32 Abs. 1 Nr. 4, 27, 28 EGBGB bezüglich der Wirkung der Aufrechnung und des Bestands der Gegenforderung maßgeblich ist, eine solche Abrede im einzelnen regelt. Der Inhalt einer solchen Abrede ist nämlich von der darlegungspflichtigen Beklagten nicht hinreichend konkret dargetan.

[...]

Das Landgericht hat somit den Anspruch zu Recht zuerkannt.

Die Zinsforderung ist gemäß Art. 78 CISG dem Grunde nach gerechtfertigt, da die Zahlung jedenfalls am 4.02.1994 fällig war (Art. 58, 59 CISG). Mangels Regelung im CISG richtet sich die Zinshöhe nach niederländischem Recht, das gemäß Art. 27, 28 Abs. 1 und 2 EGBGB auf den Kaufvertrag, für den die charakteristische Leistung in der Lieferung der Ware durch die Klägerin liegt, Anwendung findet. Die Unterlagen über die Regelung der gesetzlichen Zinshöhe gemäß Parr. 119 Abs. 1, 120 des niederländischen Zivilgesetzbuches in Verbindung mit dem entsprechenden Durchführungsgesetz, die dem Senat aus einem anderen Verfahren zur Verfügung standen, waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Sie belegen den gesetzlichen Zinssatz in der geltend gemachten Höhe.

Die Kostenentscheidung beruht auf Par. 97 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus Parr. 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat hat den Streitwert auf 144.540,54 DM festgesetzt unter Berücksichtigung der hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen, soweit diese streitwerterhöhend sind.

Dem entspricht die Beschwer der Beklagten durch dieses Urteil.

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