Data

Date:
27-07-1995
Country:
Germany
Number:
1 U 247/94
Court:
Oberlandesgericht Rostock
Parties:
Unknown

Keywords

DECLARATION UNDER ART. 92 CISG - EXCLUSION OF PART II OF CISG (FORMATION OF CONTRACT) - DOMESTIC LAW APPLICABLE

INTEREST (ART. 78 CISG) - INTEREST RATE DETERMINED BY DOMESTIC LAW OTHERWISE APPLICABLE

DAMAGES - COSTS OF MANDATING AN AGENT TO COLLECT DEBTS - MATTER EXCLUDED BY CISG

Abstract

A Danish flower dealer and a German buyer concluded a contract for the sale of plants. After delivery and further to the buyer's refusal to pay the price, the seller commenced an action claiming payment of the price plus interest and costs for entrusting an agent with the power to collect the outstanding amount.

The Court held that since one of the parties had its place of business in Denmark, and Denmark has excluded application of part II of CISG (Art. 92 CISG), CISG was applicable except as concerns questions regarding the formation of contract, which would be governed by the domestic law referred to by private international law rules.

According to the Court, a valid contract had been concluded. The seller was entitled to payment of the price (Art. 53 CISG), and interest accruing from the date the price was due (Arts. 78 and 58(1) CISG). As CISG does not determine the applicable interest rate, the Court held that the rate had to be determined in accordance with the law otherwise applicable to the contract (in the case at hand, Danish law as the law at the seller's place of business).

The Court finally held that recovery of damages arising from mandating an agent with the power to collect debts is a question excluded by CISG.

Fulltext

[...]

T a t b e s t a n d:

Die Klägerin verlangt von den Beklagten zu 1.) und 2.) Zahlung aus Kauf.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft dänischen Rechts mit dem Sitz in Odense/Dänemark. Die Beklagten zu 1.) und 2.) betrieben unter der Firma Flora (F.) einen Blumengroßhandel in Parchim und einen Marktstand in Rostock. Im Jahr 1992 bestellten die Beklagten zu 1.) und 2.) bei der Klägerin diverse Pflanzen. Die Klägerin lieferte die Pflanzen an die Beklagten zu 1.) und 2.). Sie übersandte den Beklagten zu 1.) und 2.) insgesamt 4 Rechnungen. Hierbei handelt es sich um folgende Rechnungen:

Rechnung vom 27. September 1992
Gesamtpreis: 3.971,84 DM

Rechnung vom 25. Oktober 1992
Gesamtpreis: 777,89 DM

Rechnung vom 28. Oktober 1992
Gesamtpreis: 1.830,24 DM

Rechnung vom 19. November 1992
Gesamtpreis: 19.260,00 DM

Im übrigen wird auf die Rechnungen Bezug genommen (Bl. 12 - 15 d. A.). Hinsichtlich der Rechnung vom 19. November 1992 erteilte die Klägerin den Beklagten zu 1.) und 2.) am 26. November 1992 eine Gutschrift in Höhe von 10.015,20 DM. Ferner gewährte die Klägerin auf Grund einer Reklamation den Beklagten zu 1.) und 2.) einen weiteren Preisnachlaß in Höhe von 10,00 DM pro Baum. Da 480 Bäume geliefert wurden, betrug der Preisnachlaß 4.800,00 DM netto; einschließlich 7 % MwSt betrug der Nachlaß 5.136,00 DM. Die Forderung der Klägerin gemäß der Rechnung vom 19. November 1992 betrug:

[...]

4.108,80 DM

Außerdem gewährte die Klägerin den Beklagten zu 1.) und 2.) drei weitere Gutschriften über:

[...]

541,78 DM

Insgesamt belief sich die Forderung der Klägerin auf:

[...]

10.146,99 DM

Mit Schreiben vom 31. Oktober 1992 und vom 30. November 1992 übersandte die Klägerin den Beklagten zu 1.) und 2.) zwei Kontoauszüge, aus denen sich eine Forderung der Klägerin ergab. Auf die Kontoauszüge wird Bezug genommen (B1. 20/21 d. A.). Die Klägerin schaltete sodann ein Inkassobüro ein, um ihre Forderung gegen die Beklagten zu 1.) und 2.) durchzusetzen. Auf ein Mahnschreiben des Inkassobüros vom 03. Dezember 1992 reagierten die Beklagten zu 1.) und 2.) nicht. Auf das Mahnschreiben wird Bezug genommen (Bl. 22 d. A.). Der Klägerin entstanden durch die Einschaltung des Inkassobüros Kosten in Höhe von 843,83 DM. Am 12. Januar 1994 zahlten die Beklagten zu 1.) und 2.) an die Klägerin auf die Hauptforderung 1.000,00 DM.

Die Klägerin hat vorgetragen, ihr stehe gegen die Beklagten zu 1.) und 2.) ein Anspruch auf Grund der Lieferungen in Höhe von 15.283,99 DM zu. Ferner könne sie Ersatz der Inkassokosten in Höhe von 843,83 DM verlangen. Sie nehme ständig Bankkredit in einer die Klageforderung übersteigenden Höhe zu einem Zinssatz von 12 % in Anspruch.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 15.283,99 DM nebst 12 % Zinsen seit dem 01. Dezember 1992 sowie weitere 843,83 DM zu zahlen.

Die Beklagten zu 1.) und 2.) haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben vorgetragen, die Klägerin habe die Forderung abgetreten. Sie würden einen Betrag in Höhe von 11.537,19 DM anerkennen.

Mit Schriftsatz vom 28. Juni 1994, der nach Schluß der mündlichen Verhandlung beim Landgericht eingegangen ist, haben die Beklagten zu 1.) und 2.) erklärt, sie würden eine Forderung der Klägerin in Höhe von 9.743,99 DM anerkennen.

Das Landgericht Schwerin hat die Beklagten zu 1.) und 2.) als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 15.283,99 DM nebst 12 % Zinsen seit dem 01. Dezember 1992 sowie 843,83 DM abzüglich am 18. Januar 1994 gezahlter 1.000,00 DM zu zahlen.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Forderung der Klägerin sei auf Grund der Warenlieferung unstreitig. Auch müßten die Beklagten zu 1.) und 2.) die Kosten für die Einschaltung des Inkassobüros übernehmen. Soweit der Schriftsatz der Beklagten zu 1.) und 2.) vom 28. Juni 1994 neuen Tatsachenvortrag enthalte, sei dieser gemäß Par. 296 a ZPO nicht mehr zu berücksichtigen.

Dagegen wenden sich die Beklagten zu 1.) und 2.) mit ihrer zulässigen Berufung. Sie tragen vor, die Klägerin habe ihren Anspruch nicht nachvollziehbar dargelegt.

Die Beklagten zu 1.) und 2.) beantragen,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und weist darauf hin, daß die Beklagten zu 1.) und 2.) die Klageforderung in Höhe von 11.537,19 DM anerkannt hätten. Sie hätten das Anerkenntnis nicht widerrufen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

A.

Die Berufung der Beklagten zu 1.) und 2.) ist teilweise begründet.

1.) Die Beklagten zu 1.) und 2.) sind gemäß Art. 53 CISG (Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf) verpflichtet, an die Klägerin 9.146,99 DM zu zahlen.

a.) Das Übereinkommen ist gemäß Art. 1 Abs. 1, lit. a.) CISG anwendbar. Danach findet das Übereinkommen auf Kaufverträge über Waren zwischen Parteien Anwendung, wenn sie ihre Niederlassung in verschiedenen Staaten haben und diese Staaten Vertragsstaaten sind.

Die Klägerin hat ihren Sitz in Dänemark, die Beklagten zu 1.) und 2.) wohnen in der Bundesrepublik Deutschland. Sowohl die Bundesrepublik Deutschland als auch das Königreich Dänemark sind dem CISG beigetreten (von Caemmerer/Schlechtriem, Anlage I zum einheitlichen UN Kaufrecht - CISG - 2. Auflage).

Zudem findet das Übereinkommen gemäß Art. 1 Abs. 1, lit. b.) CISG Anwendung. Nach dieser Norm ist das Übereinkommen anzuwenden, wenn Parteien, die ihre Niederlassung in verschiedenen Staaten haben, einen Kaufvertrag über Waren abgeschlossen haben und wenn die Regeln des internationalen Privatrechts zur Anwendung des Rechts eines Vertragsstaates führen.

Gemäß Art. 28 Abs. 1, 2 EGBGB wäre das Recht des Königreiches Dänemark anwendbar, weil die Klägerin, die die vertragscharakteristische Leistung zu erbringen hat, dort ihren Sitz hat. Das Königreich Dänemark hat jedoch bei der Ratifikation des Übereinkommens gemäß Art. 92 Abs. 2 CISG erklärt, daß Teil II des Übereinkommens für Dänemark nicht verbindlich sei. Teil II des Übereinkommens, also die Art. 14 - 24 CISG, regeln das Zustandekommen des Kaufvertrages. Da diese Vorschriften hier nicht gelten, ist insoweit gemäß Art. 31 Abs. 1; 28 Abs. 1, 2 EGBGB dänisches Recht anzuwenden.

b.) Ein Kaufvertrag kommt nach dänischem Recht gemäß den Parr. 1 - 9 Aftl. (Aftaleloven; Gesetz über Vereinbarungen und andere Rechtsgeschäfte auf dem Gebiet des Vermögensrechts) durch Angebot und Annahme zustande (Handbuch des Kaufvertragsrechts in den EG-Staaten, Graf von Westfalen-Steinrücke, Dänemark, Rdn. 1 - 6).

Die Klägerin hat durch die Vorlage der Rechnungen hinreichend dargelegt, daß die Beklagten zu 1.) und 2.) bei ihr Pflanzen bestellten und sie die Bestellung annahm.

c.) Unstreitig betrug der Kaufpreis 10.146,99 DM.

Der Senat hat insoweit die Ansprüche der Beklagten zu 1.) und 2.) gemäß den Artikeln 50, 51 CISG auf Minderung - die Klägerin hat Gutschriften etc. erteilt - berücksichtigt.

d.) Durch die unstreitige Zahlung in Höhe von 1.000,00 DM auf die Kaufpreisschuld wurde die Forderung der Klägerin teilweise erfüllt. Ihr Anspruch beläuft sich daher auf 9.146,99 DM.

e.) Durch die Erklärung der Beklagten zu 1.) und 2.) in ihrem Schriftsatz vom 24. Mai 1994 ergibt sich keine höhere Forderung der Beklagten zu 1.) und 2.).

Die Beklagten zu 1.) und 2.) haben zwar in dem Schriftsatz erklärt, sie würden die Forderung in Höhe von 11.537,19 DM anerkennen. Das Anerkenntnis wurde aber nicht wirksam abgegeben. Das Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 16. Juni 1994 enthielt keine Feststellung darüber, daß das Anerkenntnis abgegeben und die Protokollierung genehmigt worden ist (Parr. 160 Abs. 3 Nr. 1; 162 Abs. 1 ZPO). Aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16. Juni 1994 ergibt sich vielmehr, daß der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten zu 1.) und 2.) beantragt hat, die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Soweit die Beklagten zu 1.) und 2.) mit Schriftsatz vom 28. Juni 1994 anerkannt haben, der Klägerin 9.743,99 DM zu schulden, ist diese Erklärung unbeachtlich. Zum einen ist der Inhalt des Schriftsatzes vom 28. Juni 1994 nicht vorgetragen worden (Par. 137 Abs. 1, 2 ZPO). Es handelt sich hierbei allenfalls um angekündigten Vortrag. Zu Recht sah sich das Landgericht auf Grund dieses Vortrages nicht veranlaßt, erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten, um den Beklagten zu 1.) und 2.) Gelegenheit zu geben, den Inhalt des Schriftsatzes vorzutragen (Parr. 296 a, 156 ZPO). Zum anderen ist das Anerkenntnis nicht gemäß Par. 160 Abs. 3 Nr. 1 ZPO protokolliert worden.

2.) Die Klägerin kann von den Beklagten zu 1.) und 2.) gemäß Art. 78 CISG die Zahlung von 7 % Zinsen seit dem 01. Dezember 1992 auf die Kaufpreisschuld verlangen.

Die einzige Voraussetzung für die Zinszahlungspflicht ist die Fälligkeit des zu zahlenden Kaufpreises (von Caemmerer/Schlechtriem/Eberstein/Bader, a. a. O., Art. 78 Rdn. 9). Gemäß Art. 58 Abs. 1 CISG ist die Kaufpreisforderung in Höhe von 10.146,99 DM spätestens am 01. Dezember 1992 fällig geworden.

Mangels einer anderen Regelung im CISG richtet sich die Höhe des Zinssatzes nach dem nationalen Recht, auf welches die Regelungen des internationalen Privatrechts verweisen (vgl. von Caemmerer/Schlechtriem/Eberstein/Bader, a. a. O., Art. 78 Rdn. 26, 27). Gemäß Art. 32 Abs. 1, Nr. 3 EGBGB ist dänisches Recht anzuwenden. Danach betragen die Verzugszinsen 6 % p. a. über dem je weiligen Diskontsatz der dänischen Nationalbank (Parr. 3, 5 Ren teloven; Zinsgesetz).

Die Klägerin hat nicht dargelegt, wie hoch der Diskontsatz der dänischen Nationalbank seit dem 01. Dezember 1992 war. Sie hat auch nicht bewiesen, daß der geltend gemachte Verzugsschaden in Höhe von 12 % eingetreten ist.

Der Senat schätzt, daß der Diskontsatz der dänischen Nationalbank mindestens 1 % betrug, sodaß ein einheitlicher Zinssatz in Höhe von 7 % seit dem 01. Dezember 1992 besteht.

Die Beklagten zu 1.) und 2.) schuldeten der Klägerin in der Zeit vom 01. Dezember 1992 bis zum 12. Januar 1994 10.146,99 DM. Auf diesen Betrag sind 7 % Zinsen zu zahlen.

Seit der teilweisen Erfüllung der Kaufpreisforderung am 12. Januar 1994 beträgt die Verbindlichkeit der Beklagten zu 1.) und 2.) 9.146,99 DM, so daß seit dem 13. Januar 1994 die Schuld mit 7 % zu verzinsen ist.

3.) Die Klägerin kann von den Beklagten zu 1.) und 2.) keinen Ersatz der Inkassokosten in Höhe von 843,83 DM gemäß Par. 30 Kbl (Lov om kob; Kaufgesetz) verlangen.

Gemäß Art. 32 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB ist wegen des Verzuges dänisches Recht anwendbar. Das CISG enthält im Hinblick auf den geltend gemachten Schadensersatzanspruch wegen der Inkassokosten keine Regelung. Gemäß Par. 30 Kbl kann der Verkäufer Ersatz des durch den Verzug entstandenen Schadens verlangen (Handbuch des Kaufrechts in den EG-Staaten, Graf von Westfalen-Steinrücke, Dänemark, Rdn. 111).

Die Verzugsvoraussetzungen sind gegeben, denn gemäß Par. 28 Kbl gerät der Käufer in Verzug, wenn er den Kaufpreis nicht rechtzeitig gezahlt hat. Wie bereits an anderer Stelle ausgeführt, war der Kaufpreis am 01. Dezember 1992 fällig.

Die Klägerin kann jedoch nur diejenigen Aufwendungen als Schadensersatz geltend machen, die erforderlich waren, um ihre Forderung durchzusetzen. Nach Auffassung des Senats war die Einschaltung eines Inkassounternehmens nicht erforderlich. Die Klägerin berühmte sich zum damaligen Zeitpunkt einer Hauptforderung in Höhe von 15.283,99 DM. Da die Forderung, wie es jetzt unstreitig ist, erheblich geringer war, war es vorhersehbar, daß die Beklagte auf die Zahlungsaufforderung des Inkassounternehmens nicht zahlen würde.

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Source

Published in German:
- OLG-Report (Brandenburg, Dresden, Jena, Naumburg, Rostock), 1996, 50-51}}