Data
- Date:
- 15-02-1996
- Country:
- Germany
- Number:
- 11 O 4185/95
- Court:
- Landgericht Kassel
- Parties:
- Unknown
Keywords
NOTICE OF LACK OF CONFORMITY - NOTICE GIVEN TO AN INDEPENDENT MEDIATOR - NOTICE NOT GIVEN BY MEANS APPROPRIATE IN THE CIRCUMSTANCES (ART. 27 CISG)
Abstract
An Italian seller and a German buyer concluded a contract for the sale of marble tiles to be produced in accordance with the buyer's specifications. The buyer refused to pay the price alleging that it had complained by telephone of the lack of conformity of the goods to an independent third party who had acted as a mediator in the contract formation between the parties. The seller never received the complaint and commenced legal action to recover the contract price.
The Court stated that the buyer could not rely on lack of conformity as it had not given notice to the seller within a reasonable time after discovery (Art. 39(1) CISG). In particular, the notice given to an independent mediator who had no further relationship with the seller could not be considered as having been given by means appropriate in the circumstances (Art. 27 CISG) and for this reason the buyer had to bear the risk of its failure to reach the seller. The seller was therefore awarded the contract price.
Fulltext
[...]
A u s d e n G r ü n d e n:
Gem. Art. 53 CISG kann die Kl. von der Bekl. alsbaldige Zahlung restlicher Vergütung von 22.506,60 DM verlangen. Nachdem die Kl. in Einklang mit dem Vorbringen der Bekl. eine dahingehende Abrede außer Streit gestellt hat, unterliegt der Vertrag dem von den Parteien gewählten deutschen Recht, Art. 27 I 1 EGBGB. Zu diesem Recht gehört nach dem Gesetz zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 11.4.1980 (BGBl II, 586) auch das vereinheitlichte UN-Kaufrecht, das vorrangig anzuwenden ist (v. Caemmerer/ Schlechtriem, CISG, 2. Aufl., Art. 1 RdnL 40) . . .
Der Pflicht zur Zahlung des . . . offenen Rests vermochte sich die Bekl. durch ihren Hinweis auf angebliche Mängel nicht zu entziehen; denn der Käufer verliert das Recht, sich auf eine Vertragswidrigkeit der Ware zu berufen, wenn er - wovon vorliegend auszugehen ist - diese dem Verkäufer nicht innerhalb einer angemessenen Frist nach dem Zeitpunkt, in dem er sie festgestellt hat oder hätte feststellen müssen, anzeigt und dabei die Art der Vertragswidrigkeit genau bezeichnet, Art. 39 I CISG. Die den Käufer insoweit treffende Obliegenheit zur Mängelrüge dient dabei nicht nur dem allgemeinen Interesse des Handelsverkehrs an einer raschen und endgültigen Abwicklung von Rechtsgeschäften, sondern in erster Linie den Belangen des Verkäufers, der in die Lage versetzt werden soll, entsprechende Feststellungen und notwendige Dispositionen - vor allem zur Schadensabwendung- zu treffen, um sich nicht längere Zeit nach Ablieferung etwa mangelbedingten, mit zunehmendem Zeitablauf nur unsicher klärbaren Ansprüchen ausgesetzt zu sehen (BGH, NJW 1982, 2730 [2731] = LM EKG Nr. 6 - zu Art. 39 II EKG; BGHZ 66, 208 = NJW 1976, 1353 = LM Par. 377 HGB Nr. 17; BGHZ 91, 293 = NJW 1984, 1964 = LM Par. 378 HGB Nr. 7; BGHZ 110, 130 = NJW 1990, 1290 [1292] = LM Par. 377 HGB Nr. 33 - zu Par. 377 I HGB). Diesen Zweck kann die erforderliche Anzeige nur erfüllen, wenn sie dem Verkäufer zugeht, was im Streitfall vom Käufer darzulegen und zu beweisen ist (BGH, BGHR HGB Par. 377 - Mängelanzeige 1; vgl. auch LG Frankfurt a. M., NJW-RR 1994, 1264 [1265]; OLG Frankfurt a. M., NJW-RR 1995, 1216) oder wenn sie zumindest mit einem nach den Umständen geeigneten Mittel abgesandt wurde, Art. 27 CISG. In Einklang damit genügt es - was für das unvereinheitlichte Kaufrecht anerkannt ist (RG, LZ 1907, 343 Nr. 13) und für das vereinheitlichte Kaufrecht nicht anders gilt (BGH, BGHR EKG Art.39 - Rügefrist 1) - keineswegs, die Mängelanzeige an irgendeine mit der Vertragsabwicklung befaßte Person zu richten. Vielmehr gebietet es der mit der Rügeobliegenheit bezweckte Schutz der Verkäuferinteressen auch und gerade im grenzüberschreitenden Warenverkehr, daß der Verkäufer über etwaige Beanstandungen des Käufers möglichst schnell, vollständig und unmißverständlich informiert wird. Da die gebotene Anzeige in gewährleistungsrechtlicher Hinsicht schwerwiegende Auswirkungen auf das Vertragsverhältnis hat, ist eine mündliche Beanstandung gegenüber einem nicht im Lager des Verkäufers stehenden Dritten regelmäßig ungeeignet. Eine ordnungsgemäße Mängelanzeige kann folglich nur dann angenommen werden, wenn der Dritte die Beanstandung innerhalb angemessener Frist spezifiziert an einen empfangsberechtigten Mitarbeiter des Verkäufers weitergeleitet hat oder wenn er selbst ausnahmsweise zu ihrer Entgegennahme gesondert ermächtigt war.
In der einen wie der anderen Richtung hat die Bekl. trotz aus drücklicher Erörterung substantiiert nichts beachtliches vorgetragen: Soweit sie sich zunächst darauf berufen hat, der Zeuge A sei nach ihrer Kenntnis 'bevollmächtigter Kontaktmann' der Kl., hat jene dies ausdrücklich - ohne auf konkreten Widerspruch der Bekl. zu stoßen - dahin klargestellt, daß der genannte Zeuge zwischen den streitenden Parteien nur als Makler tätig geworden sei. Letzteres steht in Einklang mit den ergänzenden Angaben der Bekl., die hervorgehoben hat, daß es sich bei dem Zeugen A nicht um einen Angestellten der Kl., sondern um einen selbständigen Kaufmann handele. Hieran knüpfend vermochte der Prozeßbevollmächtigte der Bekl. im Termin zur mündlichen Verhandlung nur weiter zu erläutern, daß dem Zeugen jedenfalls nicht die Stellung eines Handelsvertreters der Kl. zukomme, während er sich ansonsten nicht in der Lage sah, den Begriff des 'bevollmächtigten Kontaktmanns' inhaltlich auszufüllen. Damit darf dem Zeugen A auch nach dem Vorbringen der Bekl. mit hinreichender Sicherheit mehr als die Rolle eines Maklers selbst dann nicht zugebilligt werden, wenn er an sich zum Abschluß des in Rede stehenden Geschäfts ermächtigt gewesen sein sollte. Zum Kreis der - im Lager des Verkäufers stehenden - empfangsberechtigten Adressaten einer Mängelrüge gehören selbständige Handelsmakler nach allgemeiner Ansicht indes nicht (Baumbach/Duden/Hopt, HGB, 29. Aufl., Par. 377 Rdnr. 28; Staub, HGB, 4. Aufl., Par. 377 Rdnr. 141).
In entsprechender Weise kann zugleich nicht angenommen werden, die nur telephonische Rüge etwaiger Mängel gegenüber dem Zeugen A stelle sich im Verhältnis zur Kl. als ein den Umständen nach geeignetes Mittel i.S. von Art. 27 CISG dar. Da die gebotene Anzeige - wie erwähnt - in gewährleistungsrechtlicher Hinsicht schwerwiegende Auswirkungen auf das Vertragsverhältnis hat, muß der Anzeigepflichtige alles Zumutbare unternehmen, um ihren Zugang sicherzustellen. Demgemäß bot sich im vorliegenden Fall ohne weiteres eine direkte Übermittlung per Telefax an; denn die dazu erforderlichen Daten, nämlich Anschrift und Telefax-Nummer der Kl., ergaben sich zweifelsfrei aus den zuvor gestellten Rechnungen. Wählte die Bekl. deshalb gleichwohl - etwa um Sprachschwierigkeiten zu vermeiden- durch bloße mündliche Unterrichtung des Zeugen A einen abweichenden Übermittlungsweg, hatte sie sich über dessen Zuverlässigkeit zu vergewissern. Hierzu hatte sie den Zeugen zumindest auf seine Botenfunktion und die besondere Bedeutung der fraglichen Nachricht hinzuweisen, sowie die Ausführung des erteilten Auftrags zu kontrollieren (v. Caemmerer/Schlechtriem, Art. 27 Rdnr. 7). Geschah derartiges - wovon mangels irgendwelcher Anhaltspunkte für einen anderen Geschehensablauf auszugehen ist - nicht, handelte die Bekl. auf eigenes Risiko (v. Caemmerer/Schlechtriem, Art. 39 Rdnr. 14 a.E.). Da weiterhin nichts dafür ersichtlich ist, daß der Zeuge A eine möglicherweise ihm gegenüber erhobene Rüge ordnungsgemäß und fristgerecht an die Kl. weitergeleitet hätte, hat die Bekl. das Recht, sich auf eine etwaige Vertragswidrigkeit der gelieferten Ware zu berufen, verloren; denn soweit an sich beachtliche Einwen dungen in der Klageerwiderung vom 29.8.1995 erhoben wurden, sind diese auch bei Anlegung eines großzügigen Maßstabs jedenfalls verspätet (v. Caemmerer/ Schlechtriem, Art. 39 Rdnr. 17).}}
Source
Published in German:
- Neue Juristische Wochenschrift - RechtsprechungsReport (NJW-RR), 1996, 1146-1147}}