Data

Date:
18-01-1996
Country:
Switzerland
Number:
Court:
Schweizerisches Bundesgericht
Parties:
Unknown

Keywords

JURISDICTION - 1988 LUGANO CONVENTION - JURISDICTION OF COURT FOR PLACE OF PAYMENT OF PRICE (ART. 57 CISG)

PLACE OF PAYMENT - SELLER'S PLACE OF BUSINESS (ART. 57(1)(A) CISG)

PLACE OF PAYMENT - PLACE OF DELIVERY OF GOODS - ONLY WHEN PAYMENT IS MADE AGAINST HANDING OVER OF GOODS (ART. 57(1)(B) CISG)

PAYMENT AGAINST HANDING OVER OF GOODS - ONLY WHEN BUYER AND SELLER MUST PERFORM SIMULTANEOUSLY (ART. 58(1) CISG)

Abstract

A Swiss seller and an Italian buyer concluded a contract for the sale and installation of an antipollution device. After delivery and installation by the seller the buyer declared the contract avoided alleging lack of conformity of the delivered item. The seller commenced an action before a Swiss court claiming payment of the price. The buyer objected that the Swiss court had no jurisdiction.

The Supreme Court confirmed the lower court decision, applying Art 5(1) of the 1988 Lugano Convention on Jurisdiction and the Enforcement of Judgments in Civil and Commercial Matters, which states that a person domiciled in a contracting state (in the case at hand: the buyer) may be sued in the court for the place of performance of the obligation in question (in the case at hand: the payment of the price).

The Court applied CISG (held applicable to the contract according to Art. 1(1)(a)) to determine the place of payment of the price. In the absence of a contrary agreement between the parties, payment of the price was to be made at the seller's place of business (Art. 57(1)(a) CISG), and not at the place of delivery of the goods (Art. 57(1)(b) CISG). The latter rule applies only when payment is to be made against the handing over of the goods or documents. According to the Court this happens only when the respective obligations of the buyer and the seller have to be simultaneously fulfilled (Art. 58(1) CISG) and not when, as in the case at hand, the buyer is entitled to pay part of the price after performance by the seller (delivery and installation). On this ground the jurisdiction of the Swiss lower court was affirmed.

Fulltext

[...]

A u s d e n E r w ä g u n g e n:

3. - Die Vorinstanz hat ihre Zuständigkeit mit zwei verschiedenen Begründungen bejaht, die unabhängig voneinander bestehen und zum selben Ergebnis führen. Beide Begründungen sind angefochten (siehe BGE 120 II 312 E. 2 S. 314 mit Hinweis). Ergibt sich der Gerichtsstand W. und damit die Zuständigkeit des Handelsgerichts des Kantons Zürich bereits aus Art. 5 Ziff. 1 LugÜ (Lugano-Übereinkommen; SR 0.275.11), erübrigt sich die Prüfung der Frage, ob allenfalls eine Gerichtsstandsvereinbarung gültig zustande gekommen ist.

a) Die Beklagte hat ihren Sitz in Italien, die Klägerin in der Schweiz. Das Lugano-Übereinkommen ist für die Schweiz am 1. Januar und für Italien am 1. Dezember 1992 in Kraft getreten. Die Klage auf Zahlung der gelieferten Anlage ist erst später erhoben worden. Das Abkommen ist somit anwendbar (Art. 54 Abs. 1 LugÜ; GERARDO BROGGINI, La Convenzione di Lugano: introduzione ed interpretazione, la competenza giurisdizionale, in: La convenzione di Lugano - temi scelti e prime esperienze, S. 5 ff., 24).

b) Gemäss Art. 5 Ziff. 1 Lug. Ü. besteht ein Gerichtsstand am Erfüllungsort, wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand eines Verfahrens bilden. Der Begriff des Vertrages bzw. der vertraglichen Ansprüche ist aus der Systematik und Zielsetzung des Abkommens selber, d.h. autonom auszulegen, während der Erfüllungsort sich nach dem auf den Vertrag bzw. die Leistung anzuwendenden Recht (lex causae) richtet (Botschaft betreffend das Lugano-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, in BBl 1990 II 265 ff., S. 290 f.; OSCAR VOGEL, Grundriss des Zivilprozessrechts und des internationalen Zivilprozessrechts der Schweiz, 4. Aufl., 1995, 4. Kp. N 45i ff.). Bei synallagmatischen Verträgen hat der Gerichtsstand des Erfüllungsortes nach Art. 5 Ziff. 1 LugÜ zur Folge, dass für jede Leistung ein gesonderter Gerichtsstand besteht (VOGEL, a.a.O., 4. Kp. N 451). Streitgegenstand ist vorliegend die Zahlung des Kaufpreises, was zweifellos unter den Begriff des vertraglichen Anspruchs im Sinne des Lugano-Übereinkommens fällt. Zu prüfen ist, wo diese Leistung zu erbringen ist. Gemäss dem Wiener Kaufrecht (WKR; SR 0.221.211.1), das hier anwendbar ist (Art. 1 Abs. 2 IPRG; SR 291), ist die Kaufpreisschuld mangels anderer Vereinbarung am Ort der Niederlassung des Verkäufers zu leisten oder, wenn die Zahlung gegen Übergabe der Ware oder von Dokumenten zu leisten ist, an dem Ort, an dem die Übergabe stattfindet (Art. 57 Abs. 1 WKR). Das Handelsgericht ist davon ausgegangen, dass kein sogenanntes Zug-um-Zug-Geschäft vorliege und deshalb die Zuständigkeit am Sitz der Verkäuferin und damit Klägerin gegeben ist. Die Beklagte sieht darin eine falsche Auslegung des Wiener Kaufrechts.

c) Art. 57 Abs. 1 lit. b WKR verweist mit der Wendung "wenn die Zahlung gegen Übergabe der Ware oder von Dokumenten zu leisten ist auf die in Art. 58 Abs. 1 zweiter Satz enthaltene Regel (HAGER, in: Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 2. Aufl., München 1995, N 12 zu Art. 57 WKR), wonach der Verkäufer beim Zug-um-Zug-Geschäft die Ware zurückbehalten kann, wenn der Käufer den Kaufpreis nicht sofort bezahlt. Entgegen der Auffassung der Beklagten genügt es nicht, dass bloss die Fälligkeit des Kaufpreises vom Zeitpunkt der Lieferung abhängt. Der Kauf mit Leistung Zug um Zug steht als Barkauf im Gegensatz zum Kauf mit Vorausbezahlung des Kaufpreises (Pränumerandokauf) und zum Kreditkauf, bei dem der Kaufpreis erst eine gewisse Zeit nach Lieferung der Kaufsache zu bezahlen ist (GUHL/MERZ/KOLLER, Das Schweizerische Obligationenrecht, 8. Aufl., 1991, S. 346; PIERRE TERCIER, Les contrats spéciaux, 2. Aufl., 1995, Rz 222 ff.). Das Besondere bei der Leistung Zug um Zug besteht darin, dass keine Partei vorleistungspflichtig ist (vgl. VON TUHR/ESCHER, Allgemeiner Teil des Obligationenrechts, Bd. II, 3. Aufl., 1974, S. 58; HAGER, a.a.O., N 2 zu Art.57 WKR). Die Abgrenzung hat - wie bei Art. 82 OR (vgl. LEU, in: Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Obligationenrecht 1, Art. 1-529 OR, N 9 zu Art.82) - danach zu erfolgen, ob einer Partei Kredit gewährt werden soll oder nicht. Im Vordergrund steht die Frage, ob - wie von der Beklagten behauptet - die Leistung der Klägerin nur Zug um Zug mit der Bezahlung des Kaufpreises zu erbringen war oder nicht.

d) Im vorliegenden Fall handelt es sich insofern um einen atypischen Kauf, als die Verkäuferin und jetzige Klägerin sich nicht nur zur Übertragung des Eigentums und Übergabe des Besitzes an einer Sache verpflichtet, sondern gleichzeitig auch die Montage der gelieferten Anlage bei der Käuferin übernommen hat. Damit erschöpft sich die klägerische Verpflichtung nicht in einer einmaligen Handlung. Die Umschreibung des Geschäfts Zug um Zug in Art. 58 WKR ist demgegenüber auf den typischen Kaufvertrag zugeschnitten, bei dem die Leistungspflicht grundsätzlich in einer einmaligen Handlung besteht. Gesetzliche Umschreibungen sind nach dem Zweck der entsprechenden Norm auszulegen. Art.57 Abs.1 WKR sieht bei Zug-um-Zug-Geschäften als Erfüllungsort für den Kaufpreis den Ort vor, an dem der Kaufgegenstand übergeben wird; die gleichzeitige Erfüllung beider Leistungen ist möglich, wenn nicht nur der Zeitpunkt der Erfüllung, sondern auch der Ort der Erfüllung für Leistung und Gegenleistung identisch ist. Anderenfalls kann eine Partei nicht sofort feststellen, ob die Gegenpartei ihre Leistung tatsächlich gleichzeitig erbringt, und deshalb nicht von ihrem Recht Gebrauch machen, ihre eigene Leistung bis zur Leistung der Gegenseite zurückzuhalten (Art. 58 Abs. 1 WKR). Art. 57 Abs. 1 lit. b WKR ist mit Blick auf diesen Zweck auszulegen. Bei mehreren Erfüllungshandlungen kann insoweit nicht mehr von einem Geschäft Zug um Zug gesprochen werden, wenn die Gegenleistung für die einzelne Teilleistung nicht sofort erbracht werden muss, sondern eine Kreditierung erfolgt. Daran vermag auch nichts zu ändern, dass der nächste Teilakt der Erfüllung verweigert werden kann, solange die Gegenleistung für die vorhergehende Leistung nicht erbracht worden ist. Der Zeitunterschied zwischen den einzelnen Leistungsteilen erlaubt es ohne weiteres, die Gegenleistung an einem anderen Ort erfüllen zu müssen.

e) Gemäss den vereinbarten Zahlungsbedingungen hatte die Beklagte je 30% des Kaufpreises bei Bestellung, bei Montagebeginn sowie bei Montageende und die restlichen 10% nach erfolgter Inbetriebsetzung zu zahlen. Die Parteien hatten somit gegenseitige Kreditierung vorgesehen. Zuerst war die Käuferin vorleistungspflichtig, indem sie bei der Bestellung bereits eine Anzahlung zu leisten hatte; danach hatte die Verkäuferin die bestellte Anlage zu liefern und mit der Montage zu beginnen, demnach ihre eigene Leistung zu erbringen. Der Montagebeginn löste wiederum die Leistungspflicht der Beklagten aus, wobei nicht vorgesehen war, die zweite Zahlung habe gleichzeitig mit dem Beginn der Montage zu erfolgen. Ebensowenig erlaubte der Vertrag der Klägerin, den Beginn der Montage im Sinne von Art. 58 Abs. 1 WKR von der Zahlung der zweiten 30% des Kaufpreises abhängig zu machen. Weitere 30% des Kaufpreises waren sodann nach Beendigung der Montage fällig, so dass insoweit eindeutig die Verkäuferin vorleistungspflichtig war. Das galt auch für die verbleibenden 10% des Kaufpreises, die erst mit der Inbetriebnahme der Anlage fällig wurden.

Die Staffelung der Kaufpreisschuld führt zur Minderung des Risikos der Kreditierung und zur Möglichkeit für die Verkäuferin und jetzige Klägerin, einzelne Leistungen bis zur Zahlung der vorgängig fälligen Teile des Kaufpreises zurückzubehalten. Insofern nähert sich die vereinbarte Leistungsweise einem sogenannten Zug-um-Zug-Geschäft. Der zu beurteilende Warenkauf unterscheidet sich von einem solchen im Sinne von Art. 57 Abs. 1 lit. b WKR aber dennoch wesentlich, weil in keiner Phase der Leistungsabwicklung die (Teil) Leistung einer Partei gleichzeitig mit jener der Gegenpartei zu erfolgen hatte.

4. - Nach dem Gesagten hat das Handelsgericht zu Recht angenommen, es liege kein Zug-um-Zug-Geschäft im Sinne von Art. 57 Abs. 1 lit. b WKR vor, so dass der Kaufpreis am Ort der Niederlassung der Verkäuferin, hier der Klägerin zu entrichten ist (Art. 57 Abs. l lit. a WKR). Die Zuständigkeit des Handelsgerichts des Kantons Zürich ist somit gegeben, und die Berufung ist abzuweisen.}}

Source

Published in German:
- Recueil officiel des Arrêts du tribunal Fédéral Suisse, 1996, III, 43-48}}