Data

Date:
15-11-2012
Country:
Austria
Number:
1 Ob 218/12h
Court:
Oberster Gerichtshof
Parties:
--

Keywords

GROUNDS FOR TERMINATION OF CONTRACT - TERMINATION AS LAST RESORT

Abstract

[CLOUT case no. 1517, abstract prepared by Martin Adensamer, National Correspondent]

In the case at hand, the parties agreed on the purchase of a fashion collection, which
was to be exclusively delivered to the two buyer’s stores, located in different cities.
After delivery, however, it came to the buyer’s attention that the goods had also
been offered to another retail store in the city where one of its department stores
was located. As the buyer considered this fact a breach of the exclusivity agreement,
it declared avoidance of the contract in regards to the goods that had not been sold
yet. About five weeks later, the goods were withdrawn from the competitor’s retail
store and no longer sold there. The buyer thus proposed to maintain the contract
with a 50 per cent price reduction. The seller did not accept.

Both the court of first instance and the court of appeal found the declaration of
avoidance unjustified. The Supreme Court held these rulings in line with its case
law and dismissed the appeal. In its reasoning, the Supreme Court stressed that the
declaration of avoidance requires weighing the interests of the parties. The kind and
amount of the breach of contract, its effects on the other party, any possibility to
repair the goods or to deliver them in due time, the costs and the reasonableness for
the buyer are all to be considered. The avoidance of the contract is a remedy of last
resort. The court further noted that in the case at hand, the goods had been delivered
to a different department store only in one of the two cities where the buyer had its
stores, and they were sold only for a short time so that the buyer had not lost all
chances to sell them in its store. Moreover, the buyer by offering to maintain the
contract had shown that it was not unreasonable for the buyer to perform the
contract.

Fulltext

(…)

Beschluss
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.468,08 EUR (darin enthalten 244,68 EUR USt) und den 1.617,05 EUR (darin enthalten 269,51 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens jeweils binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
1. Die Revision ist entgegen dem nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.
2. In der ausführlich begründeten Entscheidung 4 Ob 159/11b (= EvBl 2012/39 [zust Rudolf] = RIS-Justiz RS0127288) legte der Oberste Gerichtshof dar, dass regelmäßig aufgrund einer Gesamtschau der Umstände des Einzelfalls nach objektiven Kriterien zu bestimmen sei, ob eine wesentliche, die Aufhebung des Vertrags rechtfertigende Vertragsverletzung nach dem UN-Kaufrechtsübereinkommen (Art 49 Abs 1 lit a iVm Art 25 CISG) vorliege. In die gebotene Interessensabwägung seien neben Art und Ausmaß der Vertragsverletzung und deren Auswirkungen auf die vertragstreue Partei unter anderem auch die Möglichkeit einer Nachlieferung oder Verbesserung innerhalb angemessener Frist, deren Kosten sowie deren Zumutbarkeit für den Käufer einzubeziehen. Die Rückabwicklung solle dem Käufer nur als letzte Möglichkeit zur Verfügung stehen, um auf eine Vertragsverletzung der anderen Partei zu reagieren, die so gewichtig sei, dass sie sein Erfüllungsinteresse im Wesentlichen entfallen lasse. Kritik an dieser Entscheidung enthält die Revision nicht.
3. Nach diesen Kriterien ist es kein korrekturbedürftiges Ergebnis ihrer rechtlichen Beurteilung, wenn die V orinstanzen den wegen V Ersetzung eines Nebenintervenienten die mit exklusiven Bezugsrechts erklärten Rücktritt der Beklagten in casu für nicht gerechtfertigt hielten:
Zwar lieferte die Verkäuferin einen Teil der Herbst- und Winterkollektion einer italienischen Marke nicht nur an die beiden Standorte der Beklagten, sondern auch an eine Filiale eines Kaufhauses in jener Stadt, in der auch die Beklagte eines ihrer Geschäfte betrieb. Die Beklagte erfuhr davon Mitte August 2011 und erklärte ihren Rücktritt vom Kaufvertrag, soweit es die noch nicht verkaufte Ware betraf. Nach Intervention des zweiten Nebenintervenienten wurde die an die Filiale des Kaufhauses gelieferte Kollektion am 21. 9. 2011 nach Geschäftsschluss entfernt und seither nicht mehr verkauft. Mit Schreiben vom 27. 9. 2011 bot die Beklagte an, den Kaufvertrag gegen einen Preisnachlass von 50 % aufrecht zu lassen. Nachdem dieses Angebot nicht angenommen worden war, erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 10. 10. 2011, dass es beim Rücktritt vom Vertrag bleibe und die nicht verkaufte Ware abzuholen sei.
Die Konkurrenzsituation betraf demnach nur einen der Standorte der Beklagten und bestand auch nicht über einen so langen Zeitraum, dass die Verkaufschancen der Beklagten geradezu vernichtet worden wären. Ihr Argument, zum 21. 9. 2011 wäre die im Sommer begonnene Herbst-Winter-Saison „gelaufen“ gewesen, überzeugt nicht. Auch nach Herbstbeginn können Kunden am Kauf von Mode aus einer Herbst-Winter-Kollektion interessiert sein. Dass die Beklagte selbst die Aufrechterhaltung des Kaufvertrags nicht als unzumutbar sah, zeigt die nach Beendigung des rechtswidrigen Zustands vorgeschlagene Preisreduktion.
4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 iVm § 50 Abs 1 ZPO. Die klagende Partei und ihre Nebenintervenientin haben auf die mangelnde Zulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels hingewiesen..}}

Source

Published in original:
- Internationales Handelsrecht (IHR), 2014, 149 ff.
- available at the University of Basel website, www.globalsaleslaw.org}}