Data

Date:
06-07-1994
Country:
Germany
Number:
2/1 O 7/94
Court:
Landgericht Frankfurt am Main
Parties:
Unknown

Keywords

USAGE (ART. 9(2) CISG) - IMPLIED TERM WHERE WIDELY KNOWN AND REGULARLY OBSERVED IN INTERNATIONAL TRADE - CONCLUSION OF CONTRACT BY LETTER OF CONFIRMATION - NOT IMPLIED IN A CONTRACT BETWEEN A GERMAN BUYER AND A FRENCH SELLER

ORAL CONCLUSION OF SALES CONTRACT - LETTER OF CONFIRMATION AS CIRCUMSTANTIAL EVIDENCE FOR THE CONCLUSION AND CONTENT OF A CONTRACT

Abstract

For the abstract of this case, see:
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, 05-07-1995, in UNILEX

Fulltext

[...]

Entscheidungsgründe:

Das Versäumnisurteil vom 28.01.1991, gegen das der Beklagte form- und fristgerecht Einspruch eingelegt hat, war aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerin kann nicht beweisen, daß sich der Beklagte zur Zahlung des verlangten Kaufpreises verpflichtet hatte. Die Frage, ob ein den Beklagten bindender Kaufvertrag zustandegekommen ist, ist nach dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf (CISG) zu prüfen.

Das Begehren der Klägerin ist nach französischem Recht zu beurteilen. Gemäß Artikel 28 I EGBGB gilt das Recht des Staates, mit dem der Vertrag die engsten Verbindungen aufweist. Gemäß Art. 28 Abs. 2 EGBGB wird vermutet, daî die engsten Verbindungen zu dem Staat bestehen, in dem die Partei ihren Sitz hat, welche die charakteristische Leistung zu erbringen hat. Dies ist die Klägerin mit Sitz in Frankreich, da sie die Schokoladenerzeugnisse zu liefern hatte. Eine von der gesetzlichen Regelung abweichende Wahl einer Rechtsordnung haben die Parteien nicht getroffen. Nach französischem Recht gilt das oben zitierte Abkommen, da es von der Republik Frankreich bereits vor Abschluß des behaupteten Vertrages, nämlich am 01.01.1988 in Kraft gesetzt worden ist.

Die tatsächlichen Umstände, die gem. ARt. 14, 15, 18, 31, 53 CISGG Voraussetzung für den Kaufpreisanspruch sind, wurden zwar vorgetragen, sind aber, soweit die Umstände bestritten wurden, nicht bewiesen. Es läît sich nicht ausschließen, daß die Klägerin das Risiko des Weiterverkaufs übernommen hatte und die Parteien vereinbart hatten, daß zwischen ihnen ein Kaufvertrag nur unter der Bedingung zustandekommen sollte, daß ein Konsument Ware erwirbt (sog. Konditionsgeschäft). Keiner der vernommenen Zeugen konnte konkrete Angaben zum Inhalt der telefonisch getroffenen Vereinbarung machen. Die Angaben der Zeugen Levy, Burrus und Favre sprechen allerdings dafür, daß eine solche Bedingung nicht vereinbart worden ist. Danach macht die Klägerin keine Kommissionsgeschäfte oder Geschäfte vergleichbarer Art. Da es sich um verderbliche Ware handelt, liegt ihr Interesse auf der Hand, die Artikel sofort endgültig weiter zu verkaufen und nicht der Gefahr ausgesetzt zu sein, nicht mehr weiterverkäufliche Ware zurücknehmen zu müssen, wie dies bei einer Konsignation, Verkaufskommission oder einem Konditionsgeschäft der Fall wäre. Diesen Aussagen stehen jedoch die nicht weniger glaubhaften Angaben der Zeugen Kinsbach und Sarp gegenüber. Danach war der Beklagte seinerzeit von der Firma Racke damit beauftragt gewesen, Unternehmen zu finden, deren Produkte die Firma Racke auf Provisionsbasis vertreiben wollte. Man habe testen wollen, ob die Produkte der Klägerin absetzbar seien. Weder die Firma Racke noch der Beklagte seien als Käufer solcher Produkte aufgetreten. Da der Beklagte nicht als Großhändler für Süîwaren tätig ist und auch die Firma Racke derartige Produkte nicht käuflich erwirbt, liegt es nahe, daî der Beklagte derartige Produkte nicht selbst aufkauft oder dies als Einkaufskommissionär für die Firma Racke tut. Es bleibt immerhin denkbar, daß die Klägerin hier das Risiko eingegangen ist, nicht mehr verwertbare Waren zurücknehmen zu müssen, um einen neuen Markt erschließen zu können.

Ob ohne Einschränkung vereinbart war, daß die gelieferten Waren an den Beklagten verkauft sein sollten, läßît sich aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme nicht bejahen. Es mag sein, daß bei der telefonischen Bestellung von einer oder evtl. auch von beiden Seiten nicht ausreichend angegeben wurde, wie man genau verfahren wollte oder daß die Parteien sich in dem hier streitigen Punkt, ohne dies zu merken, einander widersprechende Erklärungen abgegeben haben. Mangels genauere Kenntnis des Inhaltes des Telefonats vom 31.10.89 läßt sich somit nicht klären, ob damit ein Kaufvertrag ohne jede Einschränkung zu standegekommen ist, zumal nicht feststeht, ob die Parteien wußten, welche Art von Vertrag die andere Seite abschließen wollte und wie sie ansonsten ihre Geschäfte abzuwickeln pflegte. Denn offengeblieben ist auch, was bei dem vorangegangenen Gespräch (oder mehreren Gesprächen) auf einer Messe im einzelnen erörtert worden ist. Allein die Tatsache, daß die Klägerin einen unbedingten Kaufvertrag bestätigt hat, ohne daß der Beklagte dem sofort widersprochen hätte, läît nicht den sicheren Schluß zu, daß dies mündlich auch so vereinbart war. Einen Erfahrungssatz des Inhalts, daß solche Schreiben den mündlich geschlossenen Vertrag zutreffend wiedergeben, gibt es nicht.

Die im deutschen Recht entwickelten Regeln zum Schweigen auf Bestätigungsschreiben gelten im Bereich des einheitlichen UN-Kaufrechts nicht (Herber, Czerwenka, Internationales Kauf recht 1991, vor Art. 14 Rdnr. 17; Art. 18 Rdnr. 7; von Caemmerer, Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht 1990, Art. 11, Rdnr. 6; vor Art 14 - 24 Rdnr. 4; Art. 19 Rdnr. 4). Ein Rückgriff auf internationale Handelsbräuche (Art. 9 Abs. 2 CISG) scheitert daran, daß dieser Brauch nur in Deutschland und in der Schweiz beachtet wird.

Die Beweislast dafür, daß ein unbedingter Kaufvertrag zustande gekommen ist, trägt die Klägerin. Sie muß die Tatsachen nach weisen, die regelmäßig gegeben sein müssen, um einen Anspruch zu begründen (vgl. von Caemmerer/Schlechtriem, Art. 4 Rdnr. 2; Art. 46 Rdnr. 18 ff; Herber/Czerwenka, Art. 4 Rdnr. 8). Zu diesen Tatsachen gehört, daß man sich über den Verkauf von Waren unbedingt geeinigt hatte, ohne das Geschäft noch von dem Eintritt einer Bedingung abhängig zu machen. Die Bedingung, auf die der Beklagte sich beruft, ist keine Ausnahme von der Regel, die sie beweisen müßte. Denn im CISG ist nicht zum Ausdruck gebracht worden, daß die unbedingt eingegangene Verpflichtung als die Regel, die Vereinbarung einer Bedingung als Ausnahme anzusehen sei, etwa, weil unbedingt abgeschlossene Kaufverträge häufiger vorkommen und damit wahrscheinlicher sind, als Verträge unter einer aufschiebenden Bedingung. Die Beklagte bestreitet somit nur eine Tatsache, auf die die Klägerin ihren Anspruch stützt. Rechtsbegründende Tatsachen hat aber der Anspruchsteller (hier also die Klägerin) zu beweisen. Abzustellen bei der Frage, wer die Beweislast trägt, ist auf die gesetzliche Regelung, nicht darauf, ob rein tatsächlich Konditionsgeschäfte nur ein Ausnahmefall sind.

Die Klägerin kann ferner nicht beweisen, daß der Beklagte nachträglich seine Zahlungsverpflichtung anerkannt und auf sein Bestreiten der Klageforderung verzichtet hat. Der Zeuge Burrus hat insoweit angegeben, der Beklagte habe ihm gegenüber erklärt, daß er die Ware bezahlen werde und daß diese im übrigen im Verkauf sei. Dies kann auch so gemeint gewesen sein, daß er zugesagt hatte, die weiter verkaufte Ware zu bezahlen und die übrige eben noch zum Verkauf angeboten werde.

Der Kaufpreis, der von dem Beklagten auch nach seinem Vorbringen bezahlt werden müßte, nämlich für die Packungen, die weiterverkauft werden konnten, kann der Klägerin nicht zugesprochen werden, da sie die Abrechnungen des Beklagten nicht in den Rechtsstreit eingeführt hat.

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Original in German:
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