Data

Date:
23-05-1995
Country:
Germany
Number:
5 U 209/94
Court:
Oberlandesgericht Frankfurt am Main
Parties:
Unknown

Keywords

LACK OF CONFORMITY - NOTICE (ART. 39(1) CISG) - EVIDENCE AS TO TIME AND CONTENTS OF NOTICE

ACCEPTANCE - ACCEPTANCE BY PERFORMANCE (ART. 18(3) CISG)

ACCEPTANCE - DIFFERENT QUANTITY OF GOODS - MATERIAL MODIFICATION OF OFFER - AMOUNTS TO COUNTER-OFFER (ART. 19(1) AND (3) CISG)

Abstract

An Italian seller and a German buyer concluded a contract for the sale of shoes. The buyer ordered 3.240 pairs of shoes, but the seller delivered 540 pairs less. After taking delivery, the buyer complained over the telephone lack of conformity of the goods and refused to pay the price. The seller commenced an action to recover the contract price. The buyer counterclaimed loss of profit that it would have gained had the seller delivered also the remaining 540 pairs of shoes.

The appellate Court confirmed the decision of the lower Court, stating that the buyer was obliged to pay the price according to Art. 53 CISG. As in the first instance, the Court held that the buyer could not rely on lack of conformity because it had not proved either to have given notice within a reasonable time, or to have specified the nature of the defects, as required in Art. 38(1) and Art. 39(1) CISG.

With respect to the buyer's counterclaim, the Court held that the buyer was not entitled to recover damages under Art. 74 CISG. In the Court's reasoning, the buyer's original order for 3.240 pairs of shoes constituted an offer pursuant to Art. 14 CISG and the delivery by the seller amounted to an acceptance by performance (Art. 18(3) CISG). However, since the delivery of a different quantity of goods materially alters the terms of the offer (Art. 19(3) CISG), the seller's delivery of 540 pair less was to be considered a rejection of the offer and a counter-offer (Art. 19(1) CISG). The contract was then concluded only with regard to the lesser quantity delivered by the seller.

Fulltext

T a t b e s t a n d

Die Klägerin, eine Gesellschaft italienischen Rechts, verlangt von der Beklagten den Kaufpreis für zwei Schuhlieferungen über insgesamt 144.148.790 Italienische Lire. Die Beklagte hat in erster Instanz Mangelhaftigkeit der Schuhe eingewandt. Sie hat ferner behauptet, da ihr die Klägerin 540 Paar Schuhe weniger als bestellt geliefert habe, sei ihr durch entgangenen Gewinn ein Schaden von umgerechnet 8.100.000 Lire entstanden. Außerdem habe ihr der inzwischen zum Geschäftsführer der Klägerin bestellte (...) einen Handelsvertreterausgleichsanspruch gegen die Klägerin abgetreten, mit dem sie die Aufrechnung erkläre.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im ersten Rechtszug wird ergänzend auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Hinsichtlich der behaupteten Mängel hat das Landgericht eine Mangelanzeige innerhalb angemessener Frist vermißt. In bezug auf den Schadensersatz hat das Landgericht den Urkundenbeweis über den Bestellungsumfang nicht als geführt angesehen. Für die Aufrechnung mit der Handelsvertreterausgleichsforderung des (...) hat das Landgericht seine internationale Zuständigkeit zur Entscheidung verneint.

Gegen das am 12.8.1994 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 6.9.1994 Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis zum 5.11.1994 an diesem Tag begründet.

Die Beklagte behauptet, die Waren der ersten Lieferung seien am 28. oder 29.9.1992 und die der zweiten Lieferung am 17. oder 18.11.1992 bei ihr angekommen. Die Schuhe hätten seitlich Klebe- oder Spritzränder gehabt, die Vorderkappen seien faltig gewesen und die Zunge habe nicht das Logo der Beklagten getragen. Jeweils einen Tag nach Wareneingang habe Herr (...) namens der Beklagten gegenüber der Klägerin die Fehler telefonisch gerügt und dabei mit einem Herrn (...) und mit einer Frau (...) gesprochen. Die Mängel rechtfertigten eine Herabsetzung des Kaufpreises um ein Viertel.

Da sie von dem Artikel Nr. 643 540 Paar mehr bestellt habe, als ihr geliefert worden seien, und das Fehlen der Schuhe bei der Klägerin auch gerügt habe, stehe ihr ein Schadensersatz für entgangenen Gewinn von 8.100,00 DM oder umgerechnet 8.100.000 Lire zu. Sie hätte die Schuhe mit einem durchschnittlichen Gewinn von 15,00 DM pro Paar weiterverkaufen können.

Die Beklagte erklärt in der nachfolgend vorgetragenen Reihenfolge die Aufrechnung mit zwei Ansprüchen, die (...) als Handelsvertreter gegen die Klägerin zustehen sollen und die (...) - wie nunmehr unstreitig ist - durch schriftliche Erklärung vom 20.4.1994 (Bl. 57 d.A.) an die Beklagte abgetreten hat. Die Beklagte behauptet, (...) habe eine Ausgleichsforderung als Handelsvertreter der Klägerin in Höhe von 127.050.570 Lire und einen Schadensersatzanspruch wegen entgangener Provisionen in Höhe von 30.658.303 Lire. Wegen der Angaben der Beklagten zum Bestehen eines Handelsvertreterverhältnisses und zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs wird auf ihren Schriftsatz vom 6.5.1994 (Bl. 50 ff. d.A.) Bezug genommen. Für das Handelsvertreterverhältnis habe (...) schon zu dessen Beginn in Riva die Geltung italienischen Rechts mit der Klägerin vereinbart. Jedenfalls aber folge die Rechtswahl daraus, daß sowohl (...) wie die Klägerin sich in einem Termin vom 10.7.1994 vor dem Arbeitsgericht in Italien auf die Geltung italienischen Rechts berufen hätten.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, für das Handelsvertreterverhältnis komme deutsches Recht zur Anwendung, weil die Stellungnahmen vor den italienischen Gerichten nur Meinungsäußerungen gewesen seien und auch sonst keine Vereinbarungen über die anzuwendende Rechtsordnung vorlägen. Dem Prozeßgericht fehle deshalb für die Entscheidung über die Aufrechnungsforderungen der Beklagten die internationale Zuständigkeit. Die von (...) an die Beklagte abgetretenen Forderungen seien bestritten.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, jedoch nicht begründet.

1. Die Kaufpreisforderungen der Klägerin aus den Rechnungen Nr. 197 vom 25.9.1992 und Nr. 232 vom 16.11.1992 von zusammen 144.148.790 Lire sind rechnerisch unstreitig. Sie werden in erster Linie mit den von der Beklagten behaupteten Mängeln bekämpft.

Ob diese Mängel vorlagen, ist streitig. Das Landgericht hat die Einwendung schon deshalb für unbeachtlich gehalten, weil eine rechtzeitige und ordentliche Anzeige der Mängel gemäß Art. 38 Abs. 1, 39 Abs. 1 CISG bestritten war und die Beklagte keine konkreten Tatsachen dazu vorgetragen hatte, wann die Ware eingegangen war, wann die telefonische Anzeige mit welchem Inhalt erfolgt sein sollte und mit wem von der Klägerin telefoniert wurde. In zweiter Instanz hat die Beklagte die Behauptungen dazu in der Berufungsbegründung nachgeholt, die Daten des Wareneingangs angegeben und sich für die telefonische Rüge am folgenden Tag auf den 'Zeugen' berufen. Die Klägerin bestreitet auch die substantiierten Angaben der Beklagten.

Die Ladung des Zeugen (...) ist gemäß Par. 273 ZPO angeordnet worden. Jedoch hat sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat herausgestellt, daß (...) inzwischen zum Geschäftsführer der Beklagten bestellt ist. Er gilt demzufolge als Partei und konnte nur unter den Voraussetzungen der Parr. 445 bis 448 ZPO vernommen werden. Die einschlägigen Bestimmungen sind nicht erfüllt. Weder hat die Klägerin einer Parteivernehmung zugestimmt noch ist ein gewisser Anfangsbeweis zugunsten der Beklagten geführt. Eine Parteivernehmung des Geschäftsführers ist daher unzulässig.

Die Beklagte ist in bezug auf die Erhebung und die Rechtzeitigkeit der Mängelrüge nach wie vor beweisfällig. Es bleibt deshalb insoweit bei der Entscheidung des Landgerichts.

2. Die Beklagte kann auch nicht mit einem Schadensersatzanspruch von 8.100.000 Lire aufrechnen. Der Betrag stellt den in Lire umgerechneten, angeblich entgangenen Gewinn dar, den die Beklagte für 540 Paar nicht gelieferte Schuhe erzielt hätte. Die Voraussetzungen des Artikel 74 Satz 1 CISG sind nicht erfüllt.

Die Beklagte behauptet, von dem Schuh-Artikel Nr. 643 habe sie 3.240 Paar bestellt. Erhalten hat sie unstreitig 2.700 Paar.

Die Bestellung ist bestritten. Die Beklagte hat sich für die vereinbarte Lieferung in erster Instanz zunächst auf 'Vorlage des Kaufvertrages' und dann auf eine Vorlage der schriftlichen Bestellung berufen. Da sie beides vor dem Landgericht nicht vorgelegt hat, hat dieses die Behauptung als unbewiesen angesehen.

Im zweiten Rechtszug beruft sich die Beklagte zum Beweis des von ihr 'behaupteten Lieferumfanges' auf den noch als Zeugen benannten Geschäftsführer (...) und die schriftliche Bestellung, die sie als Anlage B 1 bezeichnet, jedoch nicht vorgelegt hat.

Für diesen Anspruch fehlt es bereits an substantiiertem Vortrag, aus dem zu schließen ist, daß eine Verpflichtung der Beklagten zur Lieferung von mehr als 2.700 Paar Schuhen entstanden ist. Man kann lediglich entnehmen, daß die Beklagte eine schriftliche Bestellung über 3.240 Paar Schuhe aufgegeben haben will. Es fehlt aber das Vorbringen, wie die Klägerin diese Bestellung angenommen haben soll.

Die Bestellung der Beklagten wäre ein Angebot im Sinne von Artikel 14, 15 CISG. Die Zusendung der 2.700 Paar Schuhe wäre eine Annahmehandlung im Sinne des Artikel 18 Abs. 3 CISG. Da diese Warenzusendung jedoch nicht den gesamten bestellten Umfang dargestellt hätte, läge nach Artikel 19 Abs. 1 und 3 CISG eine wesentliche Abweichung vor, die dazu führte, daß das Angebot der Beklagten als abgelehnt gälte und die Sendung der Klägerin ein abweichendes Angebot darstellte.

Selbst wenn die Beklagte - was streitig ist - daraufhin das Fehlen von 540 Paar Schuhen moniert hätte, entstand dadurch noch keine Kaufvereinbarung und keine Verpflichtung der Klägerin zur Lieferung weiterer Schuhe, denn es fehlte nach wie vor an einer Annahmeerklärung der Klägerin hinsichtlich der Differenzmenge.

Unabhängig davon muß dieser Anspruch der Beklagten aber auch daran scheitern, daß die Klägerin die Entstehung eines Schadens von 8.100,00 DM bzw. 8.100.00 Lire bestritten hat. Wie bereits im Falle der Mängelrüge steht der Geschäftsführer als Zeuge für den entstandenen Schaden nicht zur Verfügung und kann nicht zum Beweis vernommen werden.}}

Source

Original in German:
- Unpublished

Lower instance:
- Landgericht Frankfurt am Main, dated 13-07-1994, No. 3/13 O 3/94 (see Abstract and Fulltext in UNILEX)}}