Data
- Date:
- 03-04-1996
- Country:
- Germany
- Number:
- VIII ZR 51/95
- Court:
- Bundesgerichtshof
- Parties:
- Unknown
Keywords
INTERPRETATION OF CISG - RECOURSE TO DOMESTIC LAW AS A RULE NOT ADMISSIBLE (ART. 7 CISG)
AVOIDANCE OF CONTRACT FOR NON CONFORMITY OF GOODS - LAST RESORT WITH RESPECT TO OTHER REMEDIES AVAILABLE TO BUYER
DELIVERY OF GOODS OF DIFFERENT KIND (ALIUD) - DOES NOT CONSTITUTE A NON DELIVERY BUT AMOUNTS TO DELIVERY OF NON CONFORMING GOODS - ART. 49(1)(B) CISG NOT APPLICABLE
FUNDAMENTAL BREACH OF CONTRACT (ART. 25 CISG) - LACK OF CONFORMITY OF GOODS - IMPOSSIBILITY TO REMEDY LACK OF CONFORMITY NOT DECISIVE - RELEVANCE OF POSSIBILITY TO USE OR RESALE THE GOODS
FUNDAMENTAL BREACH OF CONTRACT (ART. 25 CISG) - DELIVERY OF NON CONFORMING DOCUMENTS - RELEVANCE OF BUYER'S POSSIBILITY TO EASILY REMEDY NON CONFORMITY OR RESELL GOODS DESPITE NON CONFORMITY OF DOCUMENTS
Abstract
A Dutch seller and a German buyer concluded several contracts for the sale of cobalt sulphate with specific technical qualities. The buyer declared the contracts avoided on the following grounds: the delivered cobalt was of a lower quality than that agreed to under the contracts; the cobalt was produced in South Africa and not in the UK as indicated in the contracts; the seller had delivered non conforming certificates of origin and quality. The seller denied the buyer's right to avoid and brought suit to recover the purchase price.
The Supreme Court held that the buyer had not validly avoided the contracts and awarded the seller the full price.
As to the buyer's argument that it was entitled to avoid the contracts under Art. 49(1)(b) CISG, because the goods were of a kind different from that agreed upon in the contracts and therefore their delivery constituted a non- delivery, the Court stated that CISG, contrary to German domestic law, does not make any difference between delivery of goods of different kind (aliud) and delivery of non-conforming goods. The Court stressed that pursuant to Art. 7 CISG in the interpretation of the Convention recourse to domestic law is as a rule not admissible.
Yet avoidance was impossible also under Art. 49(1)(a) CISG. According to the Court, in the system of the Convention the remedy of avoidance for non conformity of the goods represents the last resort in respect to the other remedies available to the buyer, such as price reduction or damages. In the case at hand the seller's delivery of non-conforming goods did not amount to a fundamental breach of contract. In determining whether the non conformity is fundamental, i.e. deprives the buyer substantially of what it is entitled to expect under the contract (Art. 25 CISG), it is decisive whether the buyer can still make use of the goods or resell them in the usual commercial relationships without incurring any unreasonable difficulties. The fact that the buyer might be forced to resell the goods at a lower price is not to be considered in itself an unreasonable difficulty.
As to the alleged difficulties in exporting the goods due to the then existing embargo against goods produced in South Africa, the Court held that the buyer should at least have proved unreasonable difficulties in trading the goods in Germany.
Likewise the fact that the defects of the goods cannot be repaired, as in the case at hand, is not in itself enough to determine that the breach is fundamental.
The Court, though admitting that the delivery of non conforming documents could amount to a fundamental breach, denied that this was so in the case at hand, since the buyer could have easily obtained the right certificates of origin by itself and the right certificate of quality through expert examination. Moreover, the non conformity of the documents did not prevent the buyer from taking delivery of the goods and disposing of them.
Fulltext
T a t b e s t a n d :
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Bezahlung des Kaufpreises für 15.000 kg Kobaltsulfat 21%. Der Forderung liegen vier Kaufverträge vom 10. und 14. Januar 1992 zugrunde, die die Rechtsvorgängerin der Klägerin mit der Beklagten abgeschlossen hatte. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin, die Firma MPA (im folgenden: MPA), hatte ihren Sitz - ebenso wie die Klägerin - in den Niederlanden. Die Beklagte handelt mit chemischen Erzeugnissen; sie hat ihren Sitz in Hamburg.
Die beiden durch eine Handelsmaklerin vermittelten und von der Firma MPA formulierten schriftlichen Kaufverträge vom 10. Januar 1992 über 3.000 kg und 2.000 kg Kobaltsulfat enthielten u.a. folgende übereinstimmende Angaben:
'Product: Cobalt Sulphate 21
Quality: ex M.
Payment: CAD by cable transfer
Documents: certificate of analysis.'
In den Schlußnoten der eingeschalteten Handelsmaklerin war die Ware als 'Kobaltsulfat min. 20/21%, Ursprung: England (M.)' beschrieben; hinsichtlich der Lieferung von 2.000 kg enthielt die Warenbezeichnung nach der Prozentangabe den Zusatz 'Feed Grade'. Die Zahlungsklausel lautete 'netto Kasse gegen Dokumente'. Unter 'Bemerkungen' war ausgeführt: 'Ursprungszeugnis und Analysenzertifikat sind von dem Verkäufer beizubringen'.
Die beiden Kaufverträge vom 14. Januar 1992 über jeweils 5.000 kg Kobaltsulfat waren telefonisch abgeschlossen worden. Die noch unter dem gleichen Datum von der Firma MPA erstellte schriftliche Fassung dieser Verträge enthielt dieselben Warenbeschreibungen und Zahlungsbedingungen wie die Verträge vom 10. Januar 1992. Unter 'Documents' war ausgeführt: 'Certificates of analysis and origin'.
Sämtliche vier Vertragsurkunden enthielten die abschließende Bemerkung: 'Without return of a signed copy by mail within 2 x 24 hours (after you received originals) we consider this contract accepted.' Eine -ußerung der Beklagten hierauf erfolgte nicht.
Am 29. Januar 1992 übersandte die Firma MPA der Beklagten auf deren Bitte zur Information das einen anderen Vertrag betreffende Analysenzertifikat der Firma M. vom 2. Dezember 1991. Am 2. März 1992 teilte sie der Beklagten mit, daß die Ware in einem Lagerhaus in Antwerpen zur Abholung bereitstehe. Anschließend übersandte sie der Beklagten zwei Rechnungen über 172.000 DM und 348.250 DM, eine Bescheinigung (Ursprungszeugnis) der Handelskammer Antwerpen, wonach die Ware ihren Ursprung in der EWG (EEC) habe, sowie eine technische Information ('Technical Information') der Firma M. mit chemischen Analysewerten. Die Beklagte beanstandete diese Information als nicht ausreichend und rügte die Differenzen zu dem am 29. Januar Abermittelten Zertifikat. An einem ihr daraufhin zugesandten Analysenzertifikat bemängelte sie, daß es zwei, noch dazu unterschiedliche Zinkwerte enthalte. Nachdem die Firma MPA ihr am 17. März 1992 ein weiteres Analysenzertifikat übermittelt hatte, erklärte die Beklagte mit Telefax vom 19. März 1992 den Rücktritt von allen vier Verträgen. Zur Begründung führte sie aus, aufgrund der ungeklärten Widersprüche und nach einer erfolglosen Rückfrage bei dem Londoner Produzenten M. habe sie große Zweifel an der Richtigkeit der vorgelegten Analysenzertifikate. Auf Vorschlag der Firma MPA, die dem Rücktritt der Beklagten widersprach, erklärte sich diese mit der Untersuchung der Ware durch einen - von ihr zu beauftragenden - Sachverständigen einverstanden.
Mit Schreiben vom 26. März 1992 teilte die Firma M. der Beklagten mit, bei den von ihr beanstandeten unterschiedlichen Zinkwerten in den Analysenzertifikaten habe es sich um einen Schreibfehler gehandelt.
Nachdem sie das Gutachten des von ihr eingeschalteten Sachverständigen erhalten hatte, erklärte die Beklagte in einem Telefax vom 23. April 1992 der Firma MPA, wegen der festgestellten Abweichungen der chemischen Werte der untersuchten Ware bleibe sie bei ihrem Rücktritt vom 19. März 1992.
In dem folgenden Schriftwechsel bestand die Firma MPA weiterhin auf der Bezahlung des Kaufpreises. Die Beklagte wiederholte ihre Rücktrittserklärung, nachdem eine der Firma MPA gesetzte Nachfrist zur Beibringung von vier separaten Analysenzertifikaten ergebnislos abgelaufen war; ausdrücklich stützte sie ihren Rücktritt nunmehr auch darauf, daß die Ware zu 2% aus unlöslichen Teilen bestehe und damit nicht handelsüblicher Qualität entspreche. Am 8. Januar 1993 erklärte die Beklagte abermals den Rücktritt, nunmehr auch deshalb, weil die Ware weder, wie vereinbart, englischen Ursprungs sei noch, wie in dem Ursprungszeugnis bescheinigt, in der EWG (EEC) ihren Ursprung habe. Zwischen den Parteien ist im Laufe des Verfahrens unstreitig geworden, daß das Kobaltsulfat von einer südafrikanischen Firma für die Firma M. hergestellt worden ist.
Das Landgericht hat der Klage auf Zahlung des vollen Kaufpreises in Höhe von 520.250 DM stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel der Klageabweisung weiter.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Nach Art. 53 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf (CISG), das im vorliegenden Fall anwendbar sei, sei die Beklagte zur Zahlung des Kaufpreises verpflichtet. Mit der auf Art. 49 Abs. 1 Buchst. a und b CISG gestützten Erklärung der Vertragsaufhebung dringe sie nicht durch, weil eine wesentliche Vertragsverletzung im Sinne der Artt. 49 und 25 CISG nicht gegeben sei. Selbst wenn man davon ausgehe, daß die Lieferung englischer Ware vereinbart worden sei und Kobaltsulfat in England tatsächlich hergestellt werde, stelle die in Südafrika produzierte Ware zwar ein aliud dar. Dieses sei nach UN-Kaufrecht jedoch wie eine Schlechtlieferung zu behandeln, die im vorliegenden Fall das Vertragsinteresse der Beklagten nicht entfallen lasse. Die Beklagte habe nicht vorgetragen, daß die Ware für sie im normalen Geschäftsgang nicht verwertbar oder daß für sie schon der Versuch, die Ware abzusetzen, unzumutbar gewesen sei. Soweit die Beklagte auf ihre Exportgeschäfte mit Indien und Ländern Südostasiens verwiesen habe, bei denen sie wegen des (damaligen) Südafrika-Embargos 'ungeahnte Schwierigkeiten' gehabt hätte, sei der Vortrag unsubstantiiert. Die Beklagte habe nicht dargelegt, daß die Ware in anderen Ländern schwerer, zu schlechteren Preisen oder überhaupt nicht absetzbar gewesen sei.
Auch der von der Beklagten erhobene Vorwurf, die Firma MPA habe sie über die Herkunft der Ware arglistig getäuscht, greife u.a. deshalb nicht durch, weil nicht erkennbar sei, daß die Verkäuferin gewußt oder zumindest damit gerechnet habe, daß der englische Ursprung der Ware für die Beklagte kaufentscheidend gewesen sei. Insbesondere habe die Beklagte die Behauptung der Firma MPA nicht hinreichend widerlegt, die Firma M. vertreibe ausschließlich in Südafrika hergestelltes Kobaltsulfat und versehe dieses handelsüblich mit einem englischen ('UK') Ursprungszeugnis, deshalb sei die Order der Beklagten auch in diesem Sinne zu verstehen. Dies gelte um so mehr, als die Parteien die Verhandlungen für die beiden Kaufverträge vom 10. Januar 1992 nicht unmittelbar, sondern über einen Makler geführt hätten und bei den späteren Verhandlungen für die Kaufverträge vom 14. Januar 1992 unstreitig über den Ursprung der Ware nicht mehr ausdrücklich gesprochen worden sei.
Die Behauptung der Klägerin über das Bestehen eines Handelsbrauchs hinsichtlich des 'UK'-Ursprungszeugnisses für südafrikanisches Kobaltsulfat sei von der Beklagten zwar bestritten worden; dies wie auch der Umstand, daß eine derartige Übung als unlauter zu mißbilligen und rechtlich unverbindlich wäre, schlössen es jedoch nicht aus, daß sich eine solche tatsächliche Handhabung verbreitet habe und die Verkäuferin die Offerte der Beklagten in diesem Sinne verstanden habe.
Was die Beschaffenheit der Ware betreffe, so sei zwar streitig, ob die Beklagte Kobaltsulfat in technischer oder Futtermittelqualität gekauft habe. Jedenfalls habe die Beklagte nicht vorgetragen, daß sie ausdrücklich technische Qualität verlangt habe. Selbst wenn man aber von einer entsprechenden Vereinbarung ausgehe, bedeute dies nicht, daß die Lieferung von Futtermittelqualität eine wesentliche Vertragsverletzung darstelle, die die Beklagte zur Vertragsaufhebung berechtigte. Auch insoweit habe die Beklagte nämlich nicht dargetan, daß sie derartige Ware nur schwieriger oder zu einem schlechteren Preis hätte weiterverkaufen können oder daß ein solcher Verwertungsversuch - etwa mit Hilfe der bereits tätig gewesenen Maklerin - für sie von vornherein unzumutbar gewesen sei.
Die Lieferung unrichtiger Dokumente durch die Firma MPA gebe der Beklagten kein Recht zur Vertragsaufhebung. Dabei könne offenbleiben, ob es sich hier um ein typisches Dokumentengeschäft handele und ob die Lieferung von Analysenzertifikaten und Ursprungszeugnissen eine Hauptpflicht der Verkäuferin gewesen sei. Jedenfalls mit der Expertise des von ihr eingeschalteten Sachverständigen habe die Beklagte ein richtiges Analysenzertifikat erhalten. Ebensowenig sei für die Beklagte der erwartete Erfolg des Geschäfts durch die Vorlage des unrichtigen Ursprungszeugnisses vereitelt worden; ein zutreffendes Ursprungszeugnis könne sie sich nämlich ohne Schwierigkeiten bei der örtlichen Handelskammer besorgen.
Auch der durch die Übergabe unrichtiger Dokumente verursachte Vertrauensverlust der Beklagten begründe eine Vertragsaufhebung nicht. Die Widersprüche zwischen den einzelnen Analysenzertifikaten seien teilweise entschuldigt, im übrigen jedenfalls nicht gravierend. Abgesehen davon sehe Art. 49 CISG, der das Recht zur Vertragsaufhebung als 'ultima ratio' umfassend und abschließend regele, eine Vertragsaufhebung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben wegen schwerwiegenden Vertrauensverlustes nicht vor.
Die Frage, ob die Beklagte etwa unter dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung nach deutschem oder niederländischem Recht im Rahmen des Schadensersatzes Freistellung von der Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises verlangen könne und ob ein solcher Anspruch neben dem UN-Kaufrecht überhaupt in Betracht komme, könne dahinstehen, weil die Beklagte eine Täuschung durch die Verkäuferin nicht dargelegt habe.
Schließlich sei die Kaufpreisforderung auch fällig, da der Beklagten kein Zurückbehaltungsrecht zur Seite stehe. Sie habe gegen Vorlage der Dokumente zu zahlen; diese habe sie erhalten. Ein neues (richtiges) Ursprungszeugnis und den Lagerschein habe sie nicht verlangt. Auch unter einem sonstigen Gesichtspunkt könne sie ein Zurückbehaltungsrecht nicht geltend machen.
II. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung in allen wesentlichen Punkten stand.
1. Zutreffend ist das Berufungsgericht von der Anwendung des UN-Kaufrechts (CISG) ausgegangen. Die Parteien der Kaufverträge haben ihre Niederlassungen in verschiedenen Staaten, die beide Vertragsstaaten des UN-Übereinkommens über Verträge über den Internationalen Warenkauf sind (Art. 1 Abs. 1 Buchst. a CISG; Schlechtriem/Schlechtriem, CISG, 2. Aufl., Anh. I).
2. a) Zu Recht - und insofern von der Revision unbeanstandet - hat das Berufungsgericht weiter angenommen, daß als Rechtsgrundlage für die von der Beklagten erklärte Vertragsaufhebung nur Art. 49 CISG in Betracht kommt. Eine Anwendung des Art. 72 CISG scheidet aus, weil die Verkäuferin mit der vertragsgemäßen Einlagerung der Ware in einem Lagerhaus in Antwerpen und - bei gleichzeitiger Übersendung der Dokumente - der Benachrichtigung an die Beklagte, daß die Ware dort abgeholt werden könne, die ihr obliegende Lieferpflicht - wenn auch mangelhaft - erfüllt hat. Von einer erst drohenden künftigen Vertragsverletzung, wie Art. 72 CISG sie für eine präventive Vertragsaufhebung voraussetzt, kann deshalb hier nicht gesprochen werden.
b) Allerdings meint die Revision, der Verkäufer könne Zahlung des Kaufpreises nur verlangen, wenn er seine Verpflichtung zur Lieferung vertragsgemäßer Ware (Art. 30 CISG) erfüllt habe. Solange er dies nicht dargetan und gebenenfalls bewiesen habe, liege ein Fall der Nichtlieferung vor, der den Verkäufer zur Vertragsaufhebung nach Art. 49 Abs. 1 Buchst. b CISG berechtige. Auf die Frage, ob die Vertragsverletzung der Firma MPA als wesentlich im Sinne der Artt. 25, 49 Abs. 1 Buchst. a CISG anzusehen sei, komme es deshalb nicht an. Diese Auffassung trifft nicht zu.
Das CISG differenziert - anders als etwa das deutsche Recht - bei nicht vertragsgemäßer Ware nicht zwischen Schlechtlieferung und Falschlieferung. Eine aliud-Lieferung stellt deshalb, jedenfalls regelmäßig, keine Nichtlieferung, sondern eine - wenn auch mangelhafte - Lieferung dar; insofern unterscheidet sich das CISG vom deutschen Recht, dessen Vorschriften und spezielle Prinzipien bei der Auslegung des UN-Kaufrechts grundsätzlich unanwendbar sind (Art. 7 CISG). Ob in einem Fall besonders krasser Abweichung von der vertraglichen Beschaffenheit eine Nichtlieferung im Sinne des Art. 49 Abs. 1 Buchst. b CISG anzunehmen ist (vgl. dazu die Nachweise bei Schlechtriem/ Schwenzer, Art. 35 CISG Rdnr. 10 Fn. 32, und bei Soergel/ Lüderitz, 12. Aufl., UN-Kaufabkommen, Art. 35 Rdnr. 5 Fn. 5), kann dahinstehen, weil eine derartige Vertragswidrigkeit hier nicht vorliegt. Die Beklagte hat Kobaltsulfat 21% gekauft; solches hat die Verkäuferin geliefert. Zwar ist nach dem Vorbringen der Beklagten für das Revisionsverfahren davon auszugehen, daß die Beklagte nicht die gelieferte Futtermittelqualität, sondern technische Qualität, d.h. Ware ohne Fließmittelzusatz bestellt hat. Diese Abweichung ist aber nicht so erheblich, daß die Lieferung nicht nur als vertragswidrig, sondern als überhaupt nicht geschehen zu behandeln wäre (vgl. insgesamt Herber/ Czerwenka, Internationales Kaufrecht, Art. 49 Rdnr. 8; Schlechtriem/ Schwenzer aaO Rdnrn. 9 und 10; Art. 49 Rdnr. 19; Soergel/Lüderitz aaO Art. 35 Rdnr. 5; Staudinger/ Magnus, BGB, 13. Bearbeitung, Art. 35 CISG Rdnrn. 7 ff; Holthausen, RIW 1990, 101, 106; Kappus, NJW 1994, 984).
c) aa) Als Rechtsgrund einer Vertragsaufhebung verbleibt daher lediglich die Vorschrift des Art. 49 Abs. 1 Buchst. a CISG. Sie setzt voraus, daß die Nichterfüllung einer dem Verkäufer obliegenden Pflicht eine wesentliche Vertragsverletzung darstellt. Wesentlich ist eine Vertragsverletzung nach der Definition des Art. 25 CISG dann, wenn sie für die andere Partei einen solchen Nachteil zur Folge hat, daß ihr im wesentlichen entgeht, was sie nach dem Vertrag hätte erwarten dürfen, es sei denn, daß die vertragsbrüchige Partei diese Folge nicht vorausgesehen hat und eine vernünftige Person der gleichen Art diese Folge unter den gleichen Umständen auch nicht vorausgesehen hätte.
Für die Feststellung des wesentlichen Vertragsinteresses in diesem Sinne kommen grundsätzlich Vertragspflichten jeder Art in Betracht, gleichgültig, ob sie eine Haupt oder Nebenpflicht darstellen oder Qualität, Menge, Lieferzeitpunkt oder sonstige Erfüllungsmodalitäten betreffen. Maßgebend sind in erster Linie die Parteivereinbarungen (Art. 35 Abs. 1 CISG). Soweit die Parteien nichts anderes vereinbart haben, gilt die Ware als vertragsgemäß nur dann, wenn sie sich für einen gewöhnlichen oder einen bestimmten Verwendungszweck eignet, einem bestimmten Muster oder einer Probe entspricht und wenn sie in der üblichen oder notwendigen Weise verpackt ist (Art. 35 Abs. 2 CISG). Beruht die Vertragswidrigkeit auf einer Abweichung von der vertraglichen Beschaffenheit oder einem sonstigen Mangel der Ware,so kommt es darauf an, ob eine anderweitige Verarbeitung oder der Absatz der Ware im gewöhnlichen Geschäftsverkehr, wenn auch etwa mit einem Preisabschlag, ohne unverhältnismäßigen Aufwand möglich und zumutbar ist (Herber/ Czerwenka aaO, Art. 25 CISG Rdnr. 7; Soergel/ Lüderitz aaO, Art. 25 CISG Rdnr. 2 und Art. 49 Rdnr. 3; Staudinger/ Magnus aaO, Art. 25 CISG Rdnr. 12; Kappus aaO S. 984 unter II).
bb) Für das Revisionsverfahren ist davon auszugehen, daß die von der Firma MPA gelieferte Ware hinsichtlich ihres Ursprungs und ihrer Beschaffenheit nicht den vertraglichen Abmachungen entspricht. Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat aber, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht substantiiert vorgetragen, daß ihr infolge der diesbezüglichen Vertragsverletzungen der Verkäuferin im wesentlichen entgangen sei, was sie nach dem Vertrag hätte erwarten dürfen.
cc) Von der - zweckmäßigen (vgl. Kappus aaO S. 985 unter III 2; Holthausen aaO S. 102 unter III 1; Soergel/ Lüderitz, Art. 49 CISG Rdnr. 7) - Möglichkeit, die von ihr für wesentlich gehaltenen Pflichten in den Verträgen ausdrücklich als solche festzuhalten, hat die Beklagte keinen Gebrauch gemacht. Eine entsprechende stillschweigende Vereinbarung ergibt sich auch nicht aus den Umständen der Vertragsabschlüsse.
dd) Bei der Prüfung, wann bei Fehlen ausdrücklicher vertraglicher Vereinbarungen eine Vertragsverletzung des Verkäufers das Erfüllungsinteresse des Käufers im wesentlichen entfallen läßt, ist vor allem auch auf die Tendenz des CISG, die Vertragsaufhebung zugunsten der anderen in Betracht kommenden Rechtsbehelfe, insbesondere der Minderung oder des Schadensersatzes (Art. 50, 54, Abs. 1 Buchst. b CISG) zurückzudrängen, Rücksicht zu nehmen. Die Rückabwicklung soll, wie das Oberlandesgericht zu Recht betont hat, dem Käufer nur als letzte Möglichkeit zur Verfügung stehen, um auf eine Vertragsverletzung der anderen Partei zu reagieren, die so gewichtig ist, daß sie sein Erfüllungsinteresse im wesentlichen entfallen läßt (Kappus aaO; ähnlich Herber/ Czerwenka aaO, Art. 49 CISG Rdnrn. 1 und 2; Schlechtriem/ Huber aaO, Art. 49 CISG Rdnr. 2). Erst wenn der Käufer diese Voraussetzungen dargelegt und erforderlichenfalls bewiesen hat, stellt sich die Frage, ob der Verkäufer - was nach Art. 25 letzter Halbsatz CISG zu vermuten ist - diese Folge vorausgesehen hat oder vernünftigerweise voraussehen konnte.
Der Auffassung der Revision, für die Unterscheidung zwischen unwesentlicher und wesentlicher Verletzung sei allein darauf abzustellen, ob die Möglichkeit einer Nachbesserung bestehe oder nicht, ist nicht zu folgen. Inwieweit die Möglichkeit einer Nachbesserung die Annahme einer wesentlichen Vertragsverletzung ganz oder zeitweise ausschließt (vgl. dazu Schlechtriem/ Schlechtriem aaO, Art. 25 CISG Rdnr. 25; Schlechtriem/ Huber aaO, Art. 49 Rdnrn. 9, 12 ff; Staudinger/ Magnus aaO, Art. 25 CISG Rdnr. 12), bedarf hier keiner Entscheidung. Auch wenn nämlich - wie vorliegend - eine Nachbesserung ausscheidet, bedeutet dies nicht zwangsläufig und unabhängig von Art und Umfang des Mangels, daß damit das Erfüllungsinteresse des Käufers im wesentlichen entfällt. 'Wesentlich' im Sinne der Artt. 49 und 25 CISG verlangt sowohl nach seinem Wortsinn als auch nach der Zielrichtung der Bestimmungen des CISG über die Rechtsbehelfe des Käufers Erheblichkeit der Vertragsverletzung; diese kann sich aus dem Vertrag selbst, aus den maßgebenden Gesamtumständen (Art. 8 CISG) oder aus den in Art. 35 Abs. 2 CISG aufgezählten Gründen ergeben. Ist hiernach Wesentlichkeit einer Vertragsverletzung zu verneinen, dann kann auch ein nicht nachbesserungsfähiger Mangel der verkauften Ware nicht zur Aufhebung des Vertrages nach Art. 49 Abs. 1 Buchst. a CISG führen.
Die Beantwortung der Frage, ob eine Vertragswidrigkeit nach dem dargelegten Maßstab als wesentlich anzusehen ist, obliegt in erster Linie dem Tatrichter. Entscheidend sind stets die Umstände des Einzelfalles (Soergel/ Lüderitz aaO, Art. 25 Rdnr. 2; Staudinger/ Magnus aaO, Art. 25 Rdnr. 13); dazu gehört vor allem auch die Möglichkeit einer zumutbaren anderweitigen Verwertung. Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht beachtet. Seine Bewertung, eine wesentliche Vertragsverletzung sei im vorliegenden Fall zu verneinen, ist deshalb aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
aaa) Was den Ursprung der Ware betrifft, so reicht die Behauptung der Beklagten, sie exportiere und verkaufe 'vornehmlich' nach Indien und Südostasien und hätte dort - wegen des Südafrika-Embargos - 'ungeahnte Schwierigkeiten' gehabt, nicht aus, um darzutun, daß die Exportfähigkeit der Ware hinsichtlich eines dieser Länder für sie wesentlicher Vertragsinhalt gewesen sei. Weder hat die Beklagte potentielle Abnehmer in einem dieser Länder benannt oder ihre bisherigen Exportgeschäfte konkret dargelegt, noch hat sie behauptet, daß eine Verwertung in Deutschland oder eine Ausfuhr in ein anderes Land nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich gewesen wäre.
bbb) Für die Beschaffenheit der Ware gilt das Gesagte entsprechend. Nachbesserung (Entfernung des Fließmittels) scheidet auch insoweit aus. Ausdrücklich vereinbart (Art. 35 Abs. 1 CISG) war eine bestimmte Qualität auch nach dem Vorbringen der Beklagten nicht. Allerdings hat die Beklagte unter entsprechendem Beweisantritt behauptet, mangels einer besonderen Beschaffenheitsangabe sei technische Qualität als vereinbart anzusehen (Art. 35 Abs. 2 Buchst. a CISG). Daraus folgt indessen zumindest unter den hier gegebenen Umständen nicht, daß die - unterstellte - vertragswidrige Lieferung von Kobaltsulfat mit Fließmittelzusatz (Tierfutterqualität) eine wesentliche Vertragsverletzung im Sinne des Art. 49 Abs. 1 Buchst. a CISG darstellt. Ein Indiz dagegen ist vor allem die Tatsache, daß die Schlußnote der Handelsmaklerin zu dem Vertrag vom 10. Januar 1992 über die Lieferung von 2.000 kg Kobaltsulfat 21% bei der Warenbezeichnung den Zusatz 'Feed grade' enthielt und die Beklagte dem nicht widersprochen hat.
d) Die Revision macht weiter geltend, die Beklagte sei zur Vertragsaufhebung auch deshalb berechtigt, weil die Verkäuferin lediglich unrichtige Dokumente geliefert und die ihr gesetzte Nachfrist zur Übergabe von vier OriginalAnalysenzertifikaten und vier Ursprungszeugnissen ergebnislos habe verstreichen lassen. Auch insoweit habe sie daher ihre vertraglichen Pflichten nicht erfüllt, so daß die Voraussetzungen einer Vertragsaufhebung nach Art. 49 Abs. 1 Buchst b CISG gegeben seien.
aa) Richtig ist, daß auch die Lieferung vertraglich ausbedungener Dokumente eine wesentliche Vertragspflicht darstellen kann, deren Verletzung dem Käufer einen Aufhebungsgrund im Sinne des Art. 49 Abs. 1 CISG gibt (Schlechtriem/ Huber, Art. 49 CISG Rdnrn. 16, 25 f; Staudinger/ Magnus, Art. 49 CISG Rdnrn. 9 und 33). Dabei bedarf es keiner Vertiefung, ob es sich im vorliegenden Fall im Hinblick auf die Klausel 'Kasse gegen Dokumente' bzw. 'CAD by cable transfer' jeweils um echte Dokumentengeschäfte gehandelt hat. Denn als Dokumente waren in den Kaufverträgen vom 10. Januar 1992 nur das Analysenzertifikat, in den Verträgen vom 14. Januar 1992 außerdem noch das Ursprungszertifikat genannt; nicht erwähnt war dagegen der Lagerschein, den die Beklagte benötigte, um die Ware am Verwahrungsort in Empfang zu nehmen. Daß die Verkäuferin ihr den Lagerschein vorenthalten habe, hat die Beklagte in den Tatsacheninstanzen nicht geltend gemacht.
Auch wenn indessen alle vier Kaufverträge als typische Dokumentengeschäfte anzusehen wären, läge entgegen der Auf fassung der Revision ein Fall der Nichterfüllung nicht vor. Für die Dokumente gilt insofern nichts anderes als für die Ware selbst; werden sie - wenn auch fehlerbehaftet - dem Käufer übergeben, so sind sie 'geliefert' mit der Folge, daß die Anwendung des Art. 49 Abs. 1 Buchst. b CISG ausscheidet. Es kommt dann darauf an, ob dem Käufer durch die Fehlerhaftigkeit der Dokumente im wesentlichen das entgeht, was er nach dem Vertrag erwarten durfte. Dabei darf allerdings nicht allein auf die Dokumente und darauf abgestellt werden, ob die Ware mit den gelieferten Dokumenten etwa weitergehandelt werden konnte oder nicht. Kann der Käufer unschwer den Fehler selbst beheben, indem er sich ein zutreffendes Dokument beschafft, so kann er die Ware oder daraus hergestellte Erzeugnisse ohne weiteres veräußern, sofern die Ware nicht ihrerseits gravierende Mängel aufweist. Von einem Wegfall des wesentlichen Vertragsinteresses kann dann keine Rede sein. Denkbar ist aber ebenso, daß es für die weitere Verwendung der Ware (Verkauf oder Verarbeitung) auf ihren Ursprung überhaupt nicht ankommt. Dann kann von einem Wegfall des wesentlichen Vertragsinteresses als Folge des fehlerhaften Dokuments erst recht nicht gesprochen werden.
bb) So liegen die Dinge hier. Zwar hat die Revision Recht, wenn sie darauf hinweist, daß das von der Firma MPA übergebene Ursprungszeugnis der Handelskammer Antwerpen unzutreffend war und daß der Beklagten ein Gebrauch dieses Zeugnisses bei der Weiterveräußerung nicht zuzumuten war. Der Begriff 'Ursprung' ist sowohl nach dem allgemeinen Sprachgebrauch als auch nach den einschlägigen Bestimmungen der Europäischen Gemeinschaft dahin zu verstehen, daß es auf den Ort der Erzeugung oder der (wesentlichen) Be- oder Verarbeitung ankommt (vgl. Anl. D.l zu dem Übereinkommen zur Vereinfachung und Harmonisierung der Zollverfahren, Abschnitt 'Ursprungsregeln', abgedruckt bei Ehlermann/ Bieber, Handbuch des Europäischen Rechts, I A 21/8.3). Der Einwand der Klägerin, maßgebend sei auf die ordnungsgemäße Hinfuhr abzustellen, das Ursprungszeugnis 'EEC' sei daher im Zeitpunkt seiner Ausstellung zutreffend gewesen, greift deshalb nicht durch.
Konnte sich aber die Beklagte ein zutreffendes Ursprungszeugnis, wie die Klägerin unwidersprochen vorgetragen hat, ohne weiteres selbst besorgen, so war damit ihr wesentliches Vertragsinteresse auch insoweit gewahrt, als sie ein solches Zeugnis für den Weiterverkauf der Ware benötigte. Für das Ursprungszeugnis gilt dasselbe wie für die Ware selbst. Daß sie das Kobaltsulfat mit einem zutreffenden Ursprungszeugnis 'Südafrika' nicht hätte verwerten können, hat die Beklagte nicht dargetan.
cc) Was schließlich die von der Verkäuferin vorzulegenden Analysenzertifikate betrifft, ist zwar davon auszugehen, daß keines der vier vorgelegten Schriftstücke den vertraglichen Anforderungen entsprach. Auch dieser Umstand führt aber nicht dazu, daß der Beklagten im wesentlichen entgangen ist, was sie nach dem Vertrag hätte erwarten dürfen. Die Parteien hatten sich auf Vorschlag der Firma MPA darauf geeinigt, das gelieferte Kobaltsulfat durch einen von der Beklagten auszuwählenden Sachverständigen untersuchen zu lassen. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, mit der Expertise dieses Sachverständigen habe die Beklagte ein richtiges Analysenzertifikat erhalten, infolgedessen könne von einem Wegfall des Vertragsinteresses keine Rede sein, ist nicht zu beanstanden. Noch weniger vermag die Tatsache, daß die Verkäuferin nicht vier getrennte Zertifikate für die unstreitig aus einem Produktionsvorgang stammende Lieferung übergeben hat, eine Vertragsaufhebung zu rechtfertigen. Der Sachverständige hatte im Auftrag der Beklagten die gesamte eingelagerte Ware besichtigt, Proben gezogen und diese Proben untersucht. Seine Expertise umfaßte deshalb die Lieferungen hinsichtlich aller vier Kaufverträge. Selbst wenn die Beklagte beabsichtigt haben sollte, die vier Partien getrennt zu verwerten und hierfür jeweils ein Analysenzertifikat benötigte, konnte sie die Mehrexemplare als Fotokopien ohne weiteres selbst herstellen.
e) Ob arglistiges Unterschieben vertragswidriger - hier: in Südafrika hergestellter - Ware stets eine wesentliche Vertragsverletzung im Sinne der Artt. 25, 49 CISG darstellt, wie die Beklagte meint, erscheint nicht unbedenklich, kann hier aber dahinstehen; denn die Beklagte hat ein arglistiges Verhalten der Verkäuferin nicht dargetan. Dies würde voraussetzen, daß die Verkäuferin die - behauptete - Unkenntnis der Beklagten über die südafrikanische Herkunft der Ware bewußt ausgenutzt hat. Zwar hat die Beklagte unter Beweisantritt vorgetragen, es sei weder ihr noch dem eingeschalteten Handelsmakler bekannt gewesen, noch sei es allgemein bekannt, daß das von der Vorlieferantin, der Firma M., gelieferte Kobaltsulfat ausschließlich in Südafrika produziert werde. Es treffe im übrigen auch nicht zu, daß die Firma M. - wie die Klägerin behauptet - nur aus Südafrika stammendes Kobaltsulfat liefere. Dieses Vorbringen ist nach seinem Gesamtzusammenhang dahin zu verstehen, daß die Vorlieferantin auch mit englischer Ware handelt. Dies unterstellt, kann arglistiges Verhalten der Verkäuferin aber nicht angenommen werden. Denn die Beklagte hat weder dargelegt noch unter Beweis gestellt, daß die Firma MPA bei M. südafrikanisches Material bestellt hat oder überhaupt wußte,daß die Lieferung von dort erfolgen würde.
Geht man dagegen von der Darstellung der Klägerin aus, die Firma M. vertreibe ausschließlich in Südafrika produziertes Kobaltsulfat, versehe dies allerdings mit einem englischen Ursprungsetikett, so scheitert die Annahme von Arglist jedenfalls an den subjektiven Voraussetzungen. Denn hieraus ergäbe sich lediglich ein Irrtum der Beklagten über den Ursprung der Ware, jedoch keine bewußte Ausnutzung dieser Fehlvorstellung durch die Firma MPA, die - unwidersprochen - davon ausging, der Beklagten seien diese Verhältnisse bekannt. Damit hat sie die Unwahrheit hinsichtlich des Warenursprungs, die entweder schon in der vertraglichen Vereinbarung englischer Ware, spätestens aber in der Übergabe eines unrichtigen Ursprungszeugnisses lag, plausibel erklärt. Es hätte deshalb der Beklagten oblegen, diese Erklärung zu widerlegen (Baumgärtel/ Laumen, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, Bd. 1, 2. Aufl., Par. 123 BGB Rdnr. 13).
f) Ist mithin ein deliktisches Verhalten der Firma MPA von der Beklagten nicht hinreichend substantiiert behauptet, so war das Berufungsgericht entgegen der Auffassung der Revision nicht gehalten zu prüfen, ob die Beklagte unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes aus unerlaubter Handlung nach deutschem oder niederländischem Recht im Ergebnis die Zahlung des Kaufpreises zu Recht verweigern konnte.
3. Ohne Erfolg bleibt schließlich auch der Einwand der Revision, die Beklagte sei jedenfalls berechtigt, nach Art. 58 Abs. 1 CISG ein Zurückbehaltungsrecht geltend zu machen. Nach dieser Vorschrift ist der Käufer zur Zahlung des Kaufpreises (erst) verpflichtet, wenn der Verkäufer ihm die Ware oder die Dokumente, die zur Verfügung darüber berechtigen, zur Verfügung gestellt hat. Als Dokumente in diesem Sinne kommen in erster Linie die sogenannten echten Traditionspapiere, daneben aber auch ähnliche Papiere, die dem Käufer einen Zugriff auf die Ware unter Ausschluß des Verkäufers ermöglichen, in Betracht (Schlechtriem/ Hager aaO, Art. 58 Rdnr. 10). Dazu zählen insbesondere der Lagerschein, nicht jedoch Ursprungszeugnisse oder Qualitätszertifikate; ihre Andienung ist zur Begründung der Kaufpreisfälligkeit i.d.R. weder erforderlich noch ausreichend (Staudinger/ Magnus aaO, Art. 58 Rdnr. 21).
Daß die Klägerin nicht in der Lage und bereit sei, ihr den Lagerschein Zug um Zug gegen Zahlung des Kaufpreises zu übergeben, hat die Beklagte in den Tatsacheninstanzen zu keinem Zeitpunkt erklärt. Ihre Behauptung, die Ware sei nicht mehr vorhanden, erfolgte ersichtlich ins Blaue hinein; über die Existenz der Ware hätte sich die Beklagte, ebenso wie der von ihr beauftragte Sachverständige, jederzeit durch Augenschein überzeugen können. Ob sie im Hinblick auf die zunächst unvollständigen Dokumente oder die Unrichtigkeit des EEC-Ursprungszeugnisses trotz der Zahlungsklausel 'Kasse gegen Dokumente' bzw. 'CAD' die Kaufpreiszahlung zurückhalten durfte, kann unentschieden bleiben. Jedenfalls vor Beendigung der Tatsacheninstanzen wäre ein solches Zurückbehaltungsrecht erloschen. Das zutreffende Analysenzertifikat hat die Beklagte mit dem Gutachten des Sachverständigen erhalten. Das richtige Ursprungszeugnis konnte sie sich spätestens nach der Klärung der Herkunftsfrage selbst beschaffen.
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- Prof. Dr. Peter Schlechtriem, Universität Freiburg, Germany
Published in German:
- Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (ZIP), 1996, 1041-1046
- Neue juristische Wochenschrift (NJW), 1996, 2364-2367
- Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (EuZW), 1996, 444
- Monatsschrift für deutsches Recht (MDR), 1996, 778-780
Commented on by:
- N. Spiegel, Recueil Dalloz, 1997, 218-219
- B. Piltz, Wesentliche Vertragsverletzung im UN-Kaufrecht, Anwaltspraxis, 1997, 425-426}}