Data

Date:
01-03-2010
Country:
Germany
Number:
2 U 816/09
Court:
Oberlandesgericht Koblenz
Parties:
--

Keywords

APPLICATION OF CISG - BASED ON PARTIES' CHOICE

ACCEPTANCE CONTAINING NO MATERIAL MODIFICATIONS TO OFFER'S TERMS - NOT AMOUNTING TO COUNTER-OFFER (ART. 19(2) CISG)

Abstract

A French company ordered a mobile asphalt mixing device from a German manufacturer. A dispute arose between the parties as to whether the actual seller had been the German manufacturer or its affiliate French company and, consequently, whether the German manufacturer's standard terms - which contained a forum selection clause in favor of German courts and a choice of law clause in favor of CISG - had become part of the contract.

The Court of first instance held itself competent with respect to the case and found for the seller. The buyer appealed.

The Court of Appeal regarded the buyer's appeal as unfounded, and then the buyer withdrew it. In reaching such a conclusion, the Court of Appeal rejected the buyer's argument that the German manufacturer had not become party to the contract. Indeed, both the first and second offer addressed to the buyer referred to the German manufacturer as the seller. No relevance had, inter alia, the fact that the buyer’s cheques covering the down payment had been cashed by the French affiliate, which merely served as payee.

Nor did the Court of Appeal confirm the buyer's contention that no contract had been concluded between the parties. The fact that the buyer had marked pages 19-21 of the first offer with the word "non" could not be considered as a counter-offer in terms of Art. 19 CISG, as the remark "non" referred to one of two alternatives proposed by the seller, which regarded technical specifications of the device. As a result, the remark could not prevent the contract from coming into existence following the buyer's acceptance through issuance of the cheques covering the down payment.

Fulltext

(...)

Prüfung der internationalen Zuständigkeit bei Vorliegen doppelrelevanter Tatsache
1. Bei der Frage, ob ein deutsches Unternehmen oder die französische Tochtergesellschaft (S.A.R.L.) Vertragspartner geworden und die internationale und örtliche Zuständigkeit eines deutschen Gerichts begründet ist, handelt es sich um eine so genannte doppelrelevante Tatsache, die sowohl für die Zuständigkeit als auch für die Begründetheit der Klage von Bedeutung ist. Die Prüfung der internationalen Zuständigkeit unterliegt nur einer begrenzten Schlüssigkeitsprüfung dahingehend, ob bei unterstellter Richtigkeit des klägerischen Vorbringens der Rechtsweg zulässig ist. 2. Zu der Problematik einer Annahme eines Vertragsangebots bei unwesentlichen Änderungen hinsichtlich technischer Vorgaben einer Asphaltmaschine. OLG Koblenz, Hinweisbeschluss vom 1. 3. 2010 - 2 U 816/09
Zum Sachverhalt:
Die Kl. fordert von der Bekl. die restliche Bezahlung einer dieser auf Grund eines Vertrags vom Januar 2006 gelieferten Asphaltmischanlage in Höhe von 431400 Euro, entsprechend 30% des vereinbarten Kaufpreises. Dazu macht sie im Wesentlichen geltend, sie – und nicht etwa ihr französisches Tochterunternehmen B-France S.A.R.L. – sei die Vertragspartnerin der Bekl. und ihre die Zuständigkeit des LG Trier regelnden Allgemeinen Geschäftsbedingungen seien Vertragsbestandteil geworden. Danach sei das LG Trier zuständig und in materieller Hinsicht seien die Vorschriften des CISG anwendbar. Sie habe vertragsgemäß geleistet. Die Kl. hat zunächst beantragt, die Zulässigkeit der Klage festzustellen. Die Bekl. hat im Wesentlichen geltend gemacht, ihre Vertragspartnerin sei nicht die Kl., sondern vielmehr deren französisches Tochterunternehmen B-France S.A.R.L. mit Sitz in Frankreich geworden, für welches der Zeuge A gehandelt habe. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Kl. seien nicht Vertragsbestandteil geworden. Dementsprechend sei auf das Vertragsverhältnis der Parteien materielles französisches Zivilrecht anwendbar. Lediglich für den Fall, dass entgegen ihrer Auffassung die Kl. als Vertragspartnerin anzusehen sei, seien die Vorschriften des CISG anzuwenden. Die Asphaltmischanlage sei ihr verspätet und mangelhaft geliefert worden, sie entspreche nicht den in Frankreich geltenden Vorschriften. Sie habe die Anlage nicht vereinbarungsgemäß nutzen können. Zufolge der Lieferung sei ihr ein Schaden in der mit dem Hilfswiderklageantrag zu 1 geltend gemachten Höhe entstanden. Sie mache von dem ihr zustehenden Zurückbehaltungs- und Aufrechnungsrecht Gebrauch. Nach dem von ihr eingeholten Gutachten des Sachverständigen M seien ganz erhebliche Änderungen an der Anlage erforderlich, um diese in einen den französischen Normen entsprechenden Zustand zu versetzen.
Das LG hat über die Zulässigkeit der Klage vorab entschieden und die Klage für zulässig erachtet. Der Senat hat die Bekl. mit vorliegendem Hinweisbeschluss darauf hingewiesen, dass ihre Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat. Die Bekl. hat die Berufung daraufhin zurückgenommen.
Aus den Gründen:
II. Die Bekl. rügt in formeller Hinsicht, dass der Tatbestand willkürlich unvollständig sei. Der Angriff verfängt nicht. Es entspricht der gesetzlichen Vorgabe des § ZPO § 313 Absatz II ZPO, dass Angriffs- und Verteidigungsmittel nur ihrem wesentlichen Inhalt nach knapp dargestellt werden sollen. Die Bekl. hat zudem versäumt, einen Tatbestandsberichtungsantrag zu stellen.
Das LG hat zu Recht durch Zwischenurteil die Klage als zulässig erklärt (§§ ZPO § 280, ZPO § 303 ZPO). Das LG Trier – KfH – ist zur Entscheidung des Rechtsstreits international, örtlich, sachlich und funktionell zuständig. Vertragspartnerin der Bekl. ist die Kl. geworden. Die internationale und örtliche Zuständigkeit des LG Trier ergibt sich aus der Klausel des Gerichtsstandes und Erfüllungsortes in Nr. X 1 der AGB, die Bestandteil des Vertrags sind.
Die zwischen den Parteien zu Stande gekommene Gerichtsstandsvereinbarung genügt den formellen und materiellen Anforderungen der Art. EWG_VO_44_2001 Artikel 5 EWG_VO_44_2001 Artikel 23 EuGVVO. Ob die Kl. oder die B- France S.A.R.L. Vertragspartner ist, ist eine so genannte doppelrelevante Tatsache, die sowohl für die Zuständigkeit von Bedeutung ist als auch für die Begründetheit. Insoweit ist für die örtliche Zuständigkeit anerkannt, dass nur eine begrenzte Schlüssigkeitsprüfung dahin zu erfolgen hat, ob – das Vorbringen des Kl. unterstellt – der Rechtsweg zulässig ist (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 12 Rdnr. ZOELLERKOZPO ZPO § 12 Randnummer 14). Dies gilt auch für die internationale Zuständigkeit (vgl. Schlosser, EuGVVO, 3. Aufl., Art. 26 Rdnr. 1). Die Gerichtsstandsvereinbarung ist auch wirksam zu Stande gekommen. Art. EWG_VO_44_2001 Artikel 23 EuGVVO verankert den Grundsatz der Prorogationsfreiheit. Die erforderliche Schriftform ist gewahrt. Hierfür reicht ein Schriftwechsel oder die Übermittlung von Kopien der Schriftstücke, z.B. per Fax aus. Eine Unterschrift ist nicht erforderlich. Es genügt, dass die Identität der
erklärenden Personen feststeht (BGH, NJW 2001, NJW Jahr 2001 Seite 17Zöller/Geimer, Art. 23 EuGVVO Rdnr. 13). Diese Formerfordernisse sind mit der Überreichung der in dem Angebot der Kl. vom 7. 1. 2006 enthaltenen Klausel Nr. X 1 der AGB gewahrt. Der Rechtsstreit ist in materieller Hinsicht nach den Vorschriften des CISG zu entscheiden. Die Parteien stimmen bezüglich der Anwendbarkeit der Vorschriften des CISG für den Fall, dass die Kl. Vertragspartnerin der Bekl. geworden ist, überein. Entgegen den Ausführungen der Berufung kommt hier nicht deshalb französisches Recht zur Anwendung, weil die B-France S.A.R.L. ihre Niederlassung in Frankreich hat.
Das LG hat zu Recht angenommen, dass die Kl. und nicht ihr französisches Tochterunternehmen B-France S.A.R.L. im Januar 2006 Vertragspartner geworden ist. Dafür sprechen folgende Umstände: Das schriftliche Angebot vom 7. 1. 2006 weist als Ausstellerin die in Deutschland residierende Kl. aus, für welche der Zeuge A mit der Angabe seiner Funktion „Directeur B-France” unterzeichnet hat. Es heißt dort wörtlich „B-GmbH & CO- KG M./Mosel ...”
Dem Angebot waren die darin auch ausdrücklich als solche in Bezug genommenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Kl. beigefügt. Der gesetzliche Vertreter der Bekl. hat jede Seite des Angebots und der Allgemeinen Geschäftsbedingungen paraphiert oder unterschrieben und an den Zeugen A zurückgesandt. Die schriftliche Auftragsbestätigung Nr. 107761 vom 25. 1. 2006 weist zudem die Kl. als Ausstellerin des Schreibens aus. Schließlich weisen auch die der Bekl. übersandten Rechnungen vom 7. 7. 2006 über 1438000 Euro netto und vom 1. 8. 2006 über 359500 Euro netto die Kl. als Ausstellerin der Rechnung aus. Zutreffend führt das LG aus, dass die von der Bekl. aufgezeigten Indizien nicht ausreichend Anhaltspunkte dafür bieten, dass die B-France S.A.R.L. Vertragspartnerin geworden ist. Dass der Zeuge A der Bekl. eine Visitenkarte überlassen hat, auf der er als „Directeur” der B-France S.A.R.L. bezeichnet ist, ist nicht von entscheidendem Gewicht. Maßgebend ist, dass das erste Angebot vom 7. 1. 2006 bereits die Kl. als Vertragspartnerin auswies. Das Angebot entspricht den Anforderungen der Art. UNKAUFRUE Artikel 14 und UNKAUFRUE Artikel 15 CISG. Es ist entgegen den Ausführungen der Berufung der Bekl. wirksam zugegangen. Der gesetzliche Vertreter der Bekl., der Präsident und Generaldirektor T hat das Angebot auch sehr genau zur Kenntnis genommen. Denn er hat jede Seite abgezeichnet und deutlich gemacht, welche Optionen er nicht wollte. Das zweite Angebot erfolgte dann am 15. 1. 2006. Die Bekl. hat der Bezeichnung der Kl. als Vertragspartnerin wiederum nicht widersprochen, sondern vielmehr nach Erstellung der ersten Rechnungen ihre Abschlagszahlungen erbracht. Auch stellt der Umstand, dass die von der Bekl. auf die „S.B.” ausgestellten Schecks über die Anzahlungen von der B-France S.A.R.L. eingelöst wurden, kein wesentliches Indiz dafür dar, dass die B-France S.A.R.L. Vertragspartner geworden wäre. Die B-France S.A.R.L. diente insoweit lediglich als Zahlungsempfänger und war französische Kontaktstelle der deutschen Muttergesellschaft. Die Anzahlungen sind an die Muttergesellschaft weitergeleitet worden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Bekl. das Angebot der Kl. vom 7. 1. 2006 auf den S. 19–21 mit der Bemerkung „non” versehen und an die „S.B.” zurückgegeben hat sowie die Einbindung der B-France S.A.R.L. in die weitere Vertragsabwicklung. Es ist darin keine Ablehnung des ursprünglichen Angebots i.S. des Art. UNKAUFRUE Artikel 19 CISG zu sehen. Danach ist eine Antwort auf ein Angebot, die eine Annahme darstellen soll, aber Ergänzungen oder sonstige Änderungen (modifizierte Annahme) enthält, als eine Ablehnung des Angebots und Abgabe eines Gegenangebots zu sehen. Es handelt sich hier um eine unwesentliche Änderung i.S. des Art. UNKAUFRUE Artikel 19 UNAKUFRUE Artikel 19 Absatz II CISG, die mangels Beanstandung der Kl. Vertragsinhalt wurde. Die Bemerkung „non” bezog sich lediglich auf die zur Position 7.0 von der Kl. angebotene Vertragsvariante in Position 8 (Parc à liant mobile). Diese Variante hat die Bekl. mit ihrem „non” abgelehnt. Die Ablehnung dieser die technische Ausgestaltung der mobilen Asphaltmischanlage betreffende Vertragsoption hat jedoch keine Auswirkungen auf das Zustandekommen des V ertrags. Das von der Bekl. als Anlage B 4 überreichte Schreiben vom 24. 3. 2006 von B-France an T rechtfertigt keine andere Betrachtung der Vertragssituation. Dieses Schreiben betrifft lediglich die Lieferungsfrist, Angaben zur Lärmbelästigung und weitere technische Details. Die Ausführungen der Berufung zur offenen Stellvertretung nach französischem Recht und der Erkennbarkeit des Vertretungswillens (ähnlich § BGB § 164 BGB § 164 Absatz II BGB) sind unerheblich, da aus dem vorhandenen Angebot vom 7. 1. 2006 neben den weiteren Umständen ersichtlich war, dass die Kl. Vertragspartnerin wird und damit das CISG Anwendung findet. Im Übrigen hat das LG nach Beweisaufnahme und der Vernehmung des Zeugen A in nachvollziehbarer Weise die Überzeugung gewonnen, dass der Vertrag mit der Kl. und nicht mit der B-France S.A.R.L. geschlossen wurde. Die Bekl. greift die Beweiswürdigung des LG ohne Erfolg an, indem sie vorträgt, das LG habe sich unzureichend mit der Visitenkarte des Zeugen A, der Adressatenfrage des Angebots vom 11. 1. 2006 und der Frage, wer Scheckbegünstigter gewesen sei, befasst bzw. ignoriert. Der Zeuge A hat bekundet, dass nach seinem Verständnis die Kl. Vertragspartner der Bekl. geworden sei und nicht die B-France S.A.R.L. Er habe den gesetzlichen Vertreter der Bekl., T, am 6. 1. 2006 erstmals getroffen und ihm anhand der mitgeführten Dokumente das Unternehmen der Kl. vorgestellt. Er, A, habe ihm die Kl. als
Muttergesellschaft genannt und deren Verbindung zur B-France S.A.R.L. aufgezeigt. Dazu habe er erläutert, welche Personen für die B-France S.A.R.L. tätig seien und wie der Auftrag – unter Koordination und Gewährleistung des Kundendienstes durch sie – abgewickelt werden solle. Das Angebot vom 7. 1. 2006 habe er am 9. 1. 2006 vom gesetzlichen Vertreter der Bekl. unterzeichnet zurückbekommen, das endgültige Angebot habe dann etwa vom 15. 1. 2006 datiert. Obwohl er um eine Empfangsbestätigung gebeten habe, habe die Bekl. das endgültige Angebot nicht mehr unterzeichnet zurückgegeben. Es seien dann allerdings kurzfristig bereits Zahlungen der Bekl. erfolgt, noch bevor der Bekl. Rechnungen erteilt worden seien. Dass auf den erteilten Rechnungen als Aussteller die Kl. erschienen sei, habe die Bekl. jedenfalls ihm gegenüber nie beanstandet. Er habe mit dem gesetzlichen Vertreter der Bekl. zwar nie ausdrücklich über die Frage gesprochen, ob die Kl. oder die B-France S.A.R.L. Vertragspartnerin der Bekl. werden sollte. Der Vertreter der Bekl. habe ihm gegenüber aber auch nie zum Ausdruck gebracht, dass er einen Vertrag nur mit der B-France S.A.R.L. abschließen wolle. Die Abschlagszahlungen der Bekl. seien an die B-France S.A.R.L. gegangen und anschließend an die Kl. weiter überwiesen worden. Er sei von der Kl. bevollmächtigt, für diese zu handeln.}}

Source

Original in German:
- available at the University of Basel website, http://www.globalsaleslaw.org/}}