Data
- Date:
- 25-08-1994
- Country:
- Germany
- Number:
- 31 O 27/92
- Court:
- Landgericht Düsseldorf Kammer für Handelssachen
- Parties:
- Unknown
Keywords
FUNDAMENTAL BREACH BY SELLER (ART. 25 CISG)
CONFORMITY OF GOODS (ART. 35 CISG) - BURDEN OF PROOF OF NON CONFORMITY
DAMAGES - DUTY TO MITIGATE (ART. 77 CISG) - ENTRUSTEMENT OF AN AGENT WITH THE POWER TO COLLECT OUTSTANDING DEBTS
INTEREST RATE (ART. 78 CISG) - DETERMINED BY DOMESTIC LAW OTHERWISE APPLICABLE TO THE CONTRACT
Abstract
An Italian seller and a German buyer entered into a contract for the sale of fashion goods. In ordering the goods, the buyer had drawn the seller's attention to differences in Italy and Germany concerning the sizes 'S', 'M' and 'L'. After delivery of the goods, the buyer claimed that the sizes labelled on the goods did not correspond to the ones ordered. The buyer finally paid only the part of the price referring to the goods sized 'L'. The seller commenced legal action claiming payment of the balance of the price.
The Court held that the contract was governed by CISG as the German rules of private international law led to the application of the law of Italy, a contracting State (Art. 1(1)(b) CISG).
The Court left open whether or not the buyer had given the seller notice of the lack of conformity of the goods within a reasonable time after discovery of the defects (Art. 39(1) CISG). The Court held that the buyer had to pay the balance of the price, as it could not prove the existence of an oral agreement according to which the seller would take back the goods not corresponding to the ones ordered.
The buyer was neither entitled to claim partial avoidance of contract because it had not proved a fundamental breach of contract (Arts. 49 and 25 CISG). The existence of a lack of conformity of the goods could not be established because the goods had already been destroyed.
As to the seller's claim for damages, the Court rejected the seller's claim for loss insofar as the entrustment of an agent with the power to recover the outstanding debts amounted to a breach of the seller's duty to mitigate the loss (Art. 77 CISG). Such an entrustment would only be a reasonable measure if the agent could avail itself of better means to recover the aforementioned debts than the seller's, a circumstance which was not proved in the case at hand.
The Court stated that the seller was entitled to interest on the price. As CISG does not determine the rate of interest the Court held that the rate was to be determined in accordance with the law otherwise applicable to the contract (Italian law).
Fulltext
[...]
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist mit Ausnahme eines Teils der geltend gemachten Zinsen und der Inkassokosten begründet.
Der nach den Bestimmungen des UN-Kaufrechts vom 11. April 1980 (CISG) zu bewertende Anspruch der Klägerin ist zwar nicht schon aufgrund verspäteter Mängelrüge des Beklagten begründet, jedoch deswegen, weil der Beklagte weder die von ihm behauptete Vereinbarung einer Rücknahmeverpflichtung der Klägerin noch das Vorliegen einer wesentlichen Vertragsverletzung im Sinn des par. 25 CISG (unzutreffende Konfektionsgröße), die zur Vertragsaufhebung nach Art 49 CISG berechtigt hätte, zu beweisen vermocht hat. Es kann auch nicht festgestellt werden, daß der Klägerin aufgrund einer Leistung ihres Kreditversicherers ein Ausgleich zugeflossen wäre.
1. Auf die Vereinbarung der Parteien finden die Bestimmungen des CISG Anwendung. Zwar haben die Parteien den Kaufvertrag über die streitgegenständliche Konfektionsware schon im Sommer 1990 abgeschlossen, zu einem Zeitpunkt, als das Übereinkommen in der Bundesrepublik noch nicht in Kraft getreten war. Nach dem sich an Art 28 EGBGB orientierenden Anknüpfungstatbestand findet das CISG gleichwohl deswegen Anwendung, weil das Recht des Staates, mit dem der Vertrag die engste Verbindung aufweist (Italien), bereits seit 1. Januar 1988 die Anwendbarkeit des Übereinkommens vorsah (ARt 1 Abs. 1 lit b CISG; Piltz, NJW 1989, 615 <619>; Schwenzer NJW 1990, 602 <603>).
2. Der Kaufpreisanspruch der Klägerin ist aufgrund der am 20. Juni 1990 mündlich - zulässig nach Art 11 CISG - getroffenen Vereinbarung gemäß Art 53 CISG begründet. Gewährleistungsansprüche, insbesondere die von ihm geltend gemachte (teilweise) Vertragsaufhebung, stehen dem Beklagten nicht zu.
a) Gewährleistungsansprüche entfallen nicht schon deswegen, weil der Beklagte den behaupteten Mangel - fehlerhafte Konfektionsgrößen verspätet im Sinn der Artt 39 Abs. 1, 38 Abs. 1, 43 Abs. 1 CISG gerügt hatte. Aufgrund der von ihm vorgelegten Fax-Mitteilungen vom 16. August 1990 (Bl. 76 d.A) und 29. August 1990 Bl. 78 d.A.) ist davon auszugehen, daß die Rüge die Klägerin wegen deren Betriebsferien und daheraus Gründen, die in ihrer Sphäre liegen, nicht erreicht hat.
b)
aa) Der Beklagte hat seine Behauptung, sich mit der Klägerin auf die Rücknahme der Konfektionsartikel, die mit den Größen M und S ausgezeichnet waren, geeinigt zu haben, nicht bewiesen. Zwar haben die Zeugen [...] die Behauptung des Beklagten bestätigt. Die Zeugen [...] haben indessen das Gegenteil ausgesagt. Unstreitige Umstände sprechen eher gegen eine Rücknahmevereinbarung als für sie.
Der Zeuge [...] hat durchgängig erklärt, er habe auf Wunsch des Beklagten am 2. Oktober 1990 (die Angabe 20.10. in seiner schriftlichen Darstellung Bl. 94 d.A. beruht ersichtlich auf einem Schreibversehen) mit dem Geschäftsführer der Klägerin [...] gesprochen. Nachdem er erklärt habe, die Größen der übersandten Artikel stimmten nicht, habe dieser sich bereit erklärt, die Ware, die der Beklagte nicht (gleichwohl) verkaufen könne, zurückzunehmen. Er habe lediglich gebeten, sie nicht nach Italien zu versenden, er lasse sie 'prossimamente' (bald) abholen. Auch der Zeuge [...] hat ausgesagt, der Geschäftsführer der Klägerin habe zugesagt, innerhalb kurzer Zeit - an ein Datum vermochte es sich bei der letzten Vernehmung nicht mehr zu erinnern - die Bekleidungsstücke abzuholen.
Demgegenüber haben die Zeugen ausdrücklich erklärt, im Rahmen des Gesprächs, das sie aufgrund lautgestellter Telefonanlage mitgehört hätten, hätte sich der Geschäftsführer der Klägerin gegenüber dem italienisch sprechenden Vertreter des Beklagten geweigert, die Ware zurückzunehmen. Unter den gegebenen Umständen kann nicht festgestellt werden, daß der Geschäftsführer der Klägerin mit der Rücknahme der Ware einverstanden gewesen ist. Es ist nicht gerechtfertigt, den Aussagen der Zeugen [...] und [...] gegenüber den Aussagen der von der Klägerin benannten Zeugen größeres Gewicht beizumessen. Objektive Umstände begründen Zweifel an der Richtigkeit der Aussagen.
Zum einen ist nicht nachvollziehbar, weshalb der Beklagte einen zweiten italienischen Staatsbürger um Hilfe bei der Übermittlung seiner Beanstandung gebeten hat, wenn ein erster (die Reihenfolge der Anrufe hat in der Beweisaufnahme nicht aufgeklärt werden können) schon die Zusage erhalten hatte, die Klägerin akzeptiere die teilweise Vertragsaufhebung. Zum anderen spricht gegen die von den genannten Zeugen bestätigte Darstellung des Beklagten der Umstand, daß er ursprünglich bereit gewesen ist, die Ware abzunehmen, obwohl ihm die angeblich fehlerhaften Größen bekannt gewesen sind. Er hat nämlich - unstreitig - nach seinem Fax vom 31. August 1990 (Anl. K 1, Bl. 31 d.A.) und seinem Schreiben vom 31. August 1990 (Anl. K 7, Bl. 56 f d.A.) am 1. September 1990 einen Scheck über den Gesamtkaufpreis ausgestellt (Anl. K 8, Bl. 58 d.A.), der mangels Deckung oder weil er widerrufen worden ist (der Grund ist nicht vorgetragen) nicht eingelöst worden ist.
Die bestehenden Zweifel am Inhalt des Anfang Oktober 1990 geführten Telefonates gehen zu Lasten des beweispflichtigen Beklagten. Soweit dieser beantragt hat, den Zeugen Bottazzi erneut unter Hinzuziehung eines Dolmetschers zu hören, ist dem Beweisangebot nachzugehen. Der Zeuge Bottazzi war ersichtlich in der Lage, sich nahezu fehlerfrei deutsch zu artikulieren. Wie seine letzte Vernehmung (am 5. Mai 1994) ergeben hat, hatte er lediglich Verständnisschwierigkeiten bezüglich der Größenbezeichnung S, M und L.
bb) Von der Wirksamkeit einer Rücknahmevereinbarung ist auch nicht deswegen auszugehen, weil die Klägerin dem Schreiben des Beklagten vom 26. November 1990 (Anl. K 5, Bl. 39 f d.A.), in welchem der angebliche Inhalt des Telefonats vom 2.10.1990 schriftlich niedergelegt wird, nicht entgegengetreten ist.
Zu Unrecht mißt der Beklagte diesem Fax die Wirkung eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens zu. Es fehlt schon an dem Merkmal der Unmittelbarkeit. Ein kaufmännisches Bestätigungssschreiben ist nur dann erkennbar bestimmt, den erfolgten Abschluß einer Vereinbarung und deren Inhalt verbindlich festzulegen, wenn es der Verhandlung zeitlich unmittelbar folgt. Das ist bei einem Zeitabstand von ca. 7 Wochen nicht der Fall. Hinzu kommt, daß das Institut des kaufmännischen Bestätigungsschreibens dem UN-Kaufrecht fremd ist (vgl. Piltz in: von Westphalen, Handbuch des Kaufvertragsrechts, UN-Kaufrecht Rdn 37 und 38).
c) Der Beklagte hat auch keinen Anspruch auf (teilweise) Vertragsaufhebung nach Art 49 CISG. Voraussetzung wäre, daß er eine wesentliche Vertragsverletzung (Art 25 CISG) der Klägerin nachweisen würde. Insoweit beruft er sich darauf, die übersandten Artikel entsprächen in der Größenrelation nicht den vorgelegten Mustern (Art 35 Abs. 2 lit c CISG). Dies hat die Zeugin Reck in ihrer schriftlichen Aussage vom 16. November 1992 (Bl. 88 f d.A.) auch bestätigt. Demgegenüber hat die Zeugin Tagiavini erklärt, dem Beklagten seien bei seinem Besuch Modeartikel der Größe 'S vorgeführt worden. Auf der Basis der vorgeführten Modelle seien die übrigen Größen abgestimmt und für den Beklagten produziert worden. Ob die Modelle mit den Größenbezeichnungen S und M tatsächlich kleiner als Größe 36/38 der bundesdeutschen Größenpalette sind, läßt sich mit dem von dem Beklagten angebotenen Sachverständigenbeweis nicht mehr feststellen, da nach eigener Einlassung des Beklagten die Bekleidungsstücke nicht mehr vorhanden sind.
3. Die Klägerin hat ihren Anspruch auf Zahlung des restlichen Kaufpreises auch nicht deswegen verloren (ob dies ein Fall fehlender Aktivlegitimation wäre, ist zweifelhaft), weil sie insoweit von ihrem Kreditversicherer befriedigt worden ist. Die hierauf gerichtete Behauptung des Beklagten ist ersichtlich spekulativ. In dem Fax (Anl. K 4, Bl. 37 d.A.), ist lediglich die Rede davon, daß Deckung aus einer Kreditversicherung besteht, nicht aber, daß der Versicherer den Schaden ausgeglichen hat. Die von den Parteien geführte Auseinandersetzung fällt typischerweise auch nicht in das Risiko einer Kreditversicherung. Jedenfalls hat aber der Beklagte für seine Behauptung keinen Beweis angeboten.
4.
a) Der Zinsanspruch, soweit ihm stattgegeben wurde, ist gemäß Art 78 CISG, Art 1284 Abs. 1 Cc (Codice Civile - d.i. das italienische Zivilgesetzbuch) begründet. Die Höhe des Zinsanspruchs ist in Art 78 CISG ausdrücklich offengelassen. Sie richtet sich (über Art 28 Abs. 2 EGBGB) nach italienischem Recht. Die Höhe des Zinssatzes in Italien bestimmte Art 1284 Abs. 1 Cc a.F. mit 5% und bestimmt ihn in der seit dem 16. Dezember 1990 geltenden Fassung (vgl. Kindler, RIW 1991, 304) mit 10%. Die Neufassung des Gesetzes gilt auch für Verbindlichkeiten, bei denen der Zinslauf vor dem 16. Dezember 1990 begonnen hat.
Den weitergehend geltend gemachten Zinsschaden hat die Klägerin nicht unter Beweis gestellt.
b) Unbegründet ist der geltend gemachte Anspruch auf Inkassokosten. Mit der Einschaltung eines Inkassobüros hat die Klägerin ihre Schadensminderungspflicht aus Art 77 CISG verletzt.
Zwar zählen zu den nach Art 74 CISG zu erstattenden Verlusten grundsätzlich auch die Kosten einer angemessenen Rechtsverfolgung. Die Einschaltung eines Inkassobüros ist indessen nur dann als eine angemessene Maßnahme der Rechtsverfolgung anzusehen, wenn das Inkassounternehmen über Möglichkeiten der Rechtverfolgung verfügt, die denjenigen des Gläubigers überlegen sind. Gerade im zwischenstaatlichen Rechtsverkehr fehlt es hieran grundsätzlich und auch im vorliegenden Fall. Zudem war der Klägerin bekannt, daß der Beklagte Einwendungen materiell-rechtlicher Art geltend gemacht hatte, schon deswegen war zu erwarten, daß er auf eine (einfache) Mahnung der Inkassostelle nicht zahlen würde.
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