Data
- Date:
- 21-11-2007
- Country:
- Germany
- Number:
- 1U 486/07
- Court:
- Oberlandesgericht Koblenz
- Parties:
- --
Keywords
FUNDAMENTAL BREACH BY SELLER - LACK OF CONFORMITY OF THE GOODS (ART. 25 CISG)
AVOIDANCE OF CONTRACT - FORM AND CONTENT OF NOTICE OF DECLARATION OF AVOIDANCE (ART. 26 CISG)
NOTICE OF LACK OF CONFORMITY - REQUIREMENTS (ART. 39)
ADDITIONAL TIME FOR PERFORMANCE (ART. 47 CISG) - NOT NECESSARY IN CASE OF FUNDAMENTAL BREACH
SELLER'S FUNDAMENTAL BREACH - NOTICE OF TERMINATION OF CONTRACT WITHIN A REASONABLE TIME AFTER BREACH (ART. 49 CISG)
AVOIDANCE IN CASE OF NON-CONFORMITY OF PART OF THE GOODS - AVOIDANCE OF CONTRACT IN ENTIRETY WHEN NON-CONFORMITY AMOUNTS TO A FUNDAMENTAL BREACH (ART. 51(2) CISG)
Abstract
An Italian seller and a German buyer concluded a contract for the supply of shoes on a regular basis. A lot of boots delivered between March and September 2001 showed defects and, as from July 2001, the buyer started to receive complaints from its customers. The buyer gave specified notice thereof to the seller in respect to 36 pairs of boots. On 12 December 2001, the buyer sent a letter to the seller declaring the contract avoided and returned the goods to the seller. Since the buyer paid only for part of the goods, the seller brought an action against him and claimed payment of the outstanding price.
The Court of First Instance ruled in favor of the seller, finding that it was entitled to recover the outstanding purchase price. The Court also held that the buyer's declaration of avoidance was not justified according to Art. 49 CISG, as only 36 pairs of shoes of a total amount of 319 had shown a lack of conformity.
The Court of Appeal reversed the decision of the Court of First Instance. In so doing, the Court found first of all that the contract was governed by CISG, as both parties had their place of business in Contracting States (Art. 1(1)(a) CISG).
Moreover, the Court held that, by means of its letter dated 12 December 2001 (Art. 26 CISG), the buyer had rightfully declared the contract avoided according to Arts. 49(1)(a) and 51(2) CISG, as the defects, although regarding only part of the goods, amounted to a fundamental breach of contract within the meaning of Art. 25 of CISG. In fact, in the present case the goods were either of a such poor material or so badly manufactured to lead the buyer to believe that also the remaining pair of boots were defective. Furthermore, on account of the complaints already received by its customers, the buyer had reasonably expected a decrease in the sales and a consequent loss of reputation; all the more so, because the buyer run a small shoe shop. Therefore, the circumstance that the defects regarded only a small percentage of the total amount of the shoes delivered did not prevent the contract from being avoided in its entirety.
Furthermore, the Court held that the buyer had not lost its right to rely on the lack of conformity of the goods, since it informed the seller about the lack of conformity, specifying its nature, within a reasonable time after discovery, that is upon receipt of the customers' complaints (Art. 39(2) CISG).
Again, the buyer had not forfeited its right to declare the contract avoided, since it gave notice to the seller thereof without delay after having received the complaints by its customers, that is within a reasonable time after it had become aware of the seller's breach (Art. 49(2)(b) CISG).
Finally, the Court rejected the seller's argument that the fixing of an additional period of time of reasonable lenght for performance by the seller was a requirement for contract termination (Art. 47 CISG). In fact, such an additional period is not necessary where a fundamental breach of contract has occurred.
Fulltext
Der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Richter am Oberlandesgericht Dennhardt, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Dr. Cloeren und die Richterin am Amtsgericht Stadler
auf die mündliche Verhandlung vom 31. Oktober 2007
für R e c h t erkannt:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 15.02.2007 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
G r ü n d e
I. Die Parteien streiten um die Bezahlung von Schuhlieferungen. Die Beklagte betreibt ein Schuhgeschäft in M… und bezog von der Klägerin, einem italienischen Schuhhersteller,
regelmäßig Waren. Zuletzt bestellte sie insgesamt 319 Paar Stiefelmodelle der Marke S… zum Gesamtpreis von 24.800,-- DM (= 12.680,04 Euro), die zwischen März und September 2001 ausgeliefert und in Rechnung gestellt wurden.
Ab Juli 2001 kam es zu Reklamationen durch Kundinnen wegen gelöster Nähte und Sohlen, die seitens der Beklagten bezüglich 36 Paar Stiefeln jeweils im Einzelnen angezeigt wurden. Wegen der Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichten Kopien über die Reklamationen (Bl. 147ff. d.A.) Bezug genommen. Die Klägerin erteilte der Beklagten zwei Gutschriften über insgesamt 476,55 Euro. Auf den verbleibenden Differenzbetrag hat die Beklagte 1.276,-- Euro gezahlt. Den offenen Restkaufpreis in Höhe von 10.927,49 Euro verlangt die Klägerin mit ihrer Klage.
Mit Schreiben vom 12.12.2001 erklärte die Beklagte hinsichtlich der noch in ihrem Besitz verbliebenen 154 Paar Stiefel wegen der vorangegangenen Reklamationen die „Wandlung“ und sandte die Schuhe zurück. Wegen der Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichte Kopie dieses Schreibens (Bl. 48f. d. A.) Bezug genommen. Die Beklagte ist der Ansicht, ein Festhalten am Vertrag sei ihr im Hinblick auf die vorangegangenen Reklamationen nicht zumutbar gewesen.
Das Landgericht hat der Beklagten unter Berücksichtigung der insoweit erteilten Gutschriften einen Abzug von 978,63 Euro für die mit konkreten Mängelrügen zurückgesandten Schuhe zuerkannt. Es hat eine weitere Scheckzahlung der Beklagten über 2.854,02 Euro als erwiesen angesehen und der Klage in Höhe von 7.094,34 Euro stattgegeben. Die Aufhebung des gesamten Vertrages war nach Ansicht des Landgerichts nicht gerechtfertigt, da von den 319 Paar Schuhen nur 35 Paar nachweislich mangelhaft gewesen seien. Diese Quote rechtfertige keine Vertragsaufhebung nach Art. 49 CISG.
Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Sie ist der Ansicht, man müsse die Anzahl der mangelhaften Schuhe ins Verhältnis zu den verkauften 165 Paar Schuhen setzen, da sich die Mängel unstreitig erst nach einer gewissen Tragezeit gezeigt hätten. Der Anteil von dann 21,2% stelle eine erhebliche Vertragsverletzung dar, die die Aufhebung des gesamten Vertrages nach Art. 49 CISG gerechtfertigt habe. Der Verkauf weiterer Exemplare sei ihr nicht zumutbar gewesen.
Soweit die Beklagte in erster Instanz weitere Zahlungen behauptet hatte (579,29 Euro, 1.276,18 Euro sowie Gutschrift Nr. 726 über 161,56 Euro), wird gegen die Nichtberücksichtigung dieser Positionen durch das Landgericht mit der Berufung nichts erinnert.
Die Beklagte beantragt,
das am 15.02.2007 verkündete Urteil des Landgerichts Mainz, Az.: 2 O 343/02 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, eine Vertragsaufhebung scheitere an der fehlenden Nachfristsetzung, die nach Art. 47 CISG erforderlich sei. Die Wandlungserklärungen vom 12.12.2001 und 24.01.2002 seien daher ungültig und ohnehin zu unbestimmt, da sie sich nicht auf bestimmte Verträge bzw. Rechnungen bezögen. Ferner habe die Beklagte ihre Rechte verloren, weil sie entgegen Art. 49 Abs. 2 CISG die Aufhebung nicht innerhalb angemessener Frist erklärt habe. Die Wandlungserklärungen seien etwa ein Jahr nach der ersten Lieferung erfolgt und nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten hätten sich die Reklamationen seit Juli 2001 gehäuft. Im Übrigen rechtfertigten die nachgewiesen 35 mangelhaften Paar Schuhe nicht die Aufhebung des gesamten Vertrages.
Die Klägerin beruft sich ferner darauf, Gegenstand des Wandlungsbegehrens seien Schuhe, die aus einer vorangegangenen Lieferung stammten, die nicht mit den streitgegenständlichen Rechnungen abgerechnet worden sei. Die Rüge vom 02.07.2001 könne die zeitlich später erfolgten Lieferungen vom 27.07.2001 und 31.08.2001 nicht betreffen und sich daher nur auf die Lieferung aus Februar 2001 beziehen. Vergleiche man nun die Auflistung der Stiefelmodelle in der Wandlungserklärung mit dieser Lieferung, so ergebe sich keinerlei Übereinstimmung hinsichtlich der Artikelnummern. Der Wandlung seien somit nicht die erforderlichen Rügen vorausgegangen.
Von der weitergehenden Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts bzw. der Darstellung von Änderungen wird nach §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
II. Die zulässige Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Zahlung restlichen Kaufpreises zu. Ein solcher ergibt sich nicht aus Art. 53 CISG, da die Beklagte zur Aufhebung des gesamten Vertrages berechtigt war und daher gemäß Art. 81 CISG von ihren Vertragspflichten befreit ist.
Auf das Vertragsverhältnis der Parteien findet gemäß Art. 1 Abs. 1 lit. a CISG internationales Kaufrecht Anwendung, da die beteiligten Kaufleute ihren Sitz in Deutschland und Italien haben und beide Länder Vertragsstaaten des Übereinkommens der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf (CISG) sind.
Nach Art. 49 Abs. 1 lit. a, § 51 Abs. 1, 2 CISG kann der Käufer die Aufhebung des Vertrages erklären, wenn eine wesentliche Vertragsverletzung vorliegt. Die Erklärung über die Vertragsaufhebung hat gemäß Art. 26 CISG gegenüber der anderen Vertragspartei zu erfolgen.
Die Beklagte hat der Klägerin mit Schreiben vom 12.12.2001 mitgeteilt, sie lehne ein Festhalten an den vertraglichen Bindungen im Hinblick auf die vorausgegangenen Gewährleistungsfälle ab und erkläre die Wandlung hinsichtlich der noch in ihrem Besitz verbliebenen Stiefel.
Darin liegt eine Aufhebungserklärung im Sinne von Art. 26 CISG. Diese ist auch hinreichend bestimmt, da die Beklagte die betroffenen Schuhe nach Modell, Artikelnummer und Anzahl genau bezeichnet und auf die vorausgegangenen Reklamationen Bezug genommen hat. Ein Verweis auf bestimmte Lieferscheine oder Rechnungen war nicht erforderlich, da die Beklagte alle betroffenen Stiefelpaare im Einzelnen aufgelistet und zurückgesandt hat, so dass kein Zweifel über den Umfang der Vertragsaufhebung entstehen konnte.
Die Beklagte hatte auch Grund zur Erklärung der Vertragsaufhebung.
Der Käufer ist nach Art. Art. 49 CISG zur Erklärung der Vertragsaufhebung berechtigt, wenn die Nichterfüllung einer dem Verkäufer obliegenden Pflicht eine wesentliche Vertragsverletzung darstellt. Dem Verkäufer obliegt unter anderem die Pflicht, Waren in vertraglich vereinbarter Qualität zu liefern (Art. 35 Abs. 1 CISG). Haben die Parteien nichts vereinbart, gilt die Ware als vertragsgemäß, wenn sie sich für die Zwecke eignet, für die Ware der gleichen Art gewöhnlich gebraucht wird (Art. 35 Abs. 2 lit. a. CISG).
Die mittels konkreter Rügen beanstandeten 36 Paar Schuhe waren mangelhaft. Der Kleber löste sich, das Leder war brüchig, teilweise lösten sich die Sohlen oder die Nähte, oftmals war das Ledermaterial zu knapp. Hierin liegt – wie das Landgericht unangegriffen festgestellt hat – ein Mangel, da ein Stiefel mit einem Einkaufswert von 79,-- bis 89,-- DM auch mehrmaliges Tragen beanstandungsfrei überstehen muss.
Die Beklagte war auch berechtigt, sich umfassend vom Vertrag zu lösen, wenngleich hier nur ein Teil der Schuhe sichtbar mangelhaft war.
Ist lediglich ein Teil der gelieferten Ware nicht vertragsgemäß, kann die Aufhebung des gesamten Vertrages nur verlangt werden, wenn die nicht vertragsgemäße Lieferung eine wesentliche Vertragsverletzung darstellt (Art. 51 Abs. 2 CISG).
Wesentlich ist eine Vertragsverletzung dann, wenn sie für die andere Partei solchen Nachteil zur Folge hat, dass ihr im Wesentlichen entgeht, was sie nach dem Vertrag hätte erwarten dürfen, es sei denn, dass die vertragsbrüchige Partei diese Folge nicht vorausgesehen hat und eine vernünftige Partei der gleichen Art diese Folge unter den gleichen Umständen auch nicht vorausgesehen hätte (Art. 25 CISG).
Hier war ein Teil der gelieferten Ware von mangelhaftem Material bzw. fehlerhaft verarbeitet. Die Kundinnen der Beklagten reklamierten die Stiefel in regelmäßigen Abständen. Bei lebensnaher Betrachtung musste die Beklagte befürchten, dass der noch nicht verkaufte Warenbestand zumindest teilweise eine ebenso mangelhafte Qualität aufwies. Insoweit lag hinsichtlich der Gesamtlieferung dieser Stiefelmodelle eine Art „latenter Mangel“ vor. Die bereits aufgelaufenen Reklamationsfälle begründeten die Gefahr von Umsatzeinbußen, da mangelhafte Qualität eines Produkts das Vertrauen eines Kunden langfristig zu enttäuschen vermag. Dies gilt für ein hier betroffenes kleineres Fachgeschäft in besonderem Maße, selbst wenn die mangelhafte Ware zahlenmäßig nur einen verhältnismäßig geringen Teil des Sortiments ausmacht. Anders als bei einer Warenhauskette im Niedrigpreissegment ist der Verkauf mangelhafter Schuhmodelle für den kleineren Fachhändler zwangsläufig mit einem Imageverlust für dessen gesamte Produktpalette verbunden, da negative Erlebnisse von Kunden regelmäßig über Mund-zu-Mund-Propaganda verbreitet werden und daher über den einzelnen Mangelfall hinaus Bedeutung erlangen. Die an die Beklagte gelieferte Ware war – wie die Klägerin unstreitig wusste – ausschließlich zum Weiterverkauf an Endverbraucher bestimmt. Da der Beklagten die umfassende Zufriedenstellung ihrer Kunden nicht verwehrt werden kann, liegt in der zu 36 Reklamationen führenden Lieferung eine wesentliche Vertragsverletzung, ohne dass es auf eine bestimmte Quote mangelhafter Ware ankäme. Entscheidend ist, dass die Beklagte bei einem andauernden Verkauf dieser Modelle weitere Reklamationen befürchten musste. Hierbei ist unerheblich, aus welcher konkreten Lieferung die mangelhaften Schuhe stammten, da der weitere Verkauf von Stiefeln der Marke S… der Beklagten aufgrund der vorangegangenen Reklamationen nicht mehr zumutbar war. Dies könnte allenfalls dann anders zu beurteilen sein, wenn ein gravierender Qualitätsunterschied zwischen den einzelnen Lieferungen bestanden hätte, beispielsweise aufgrund einer Änderung des verwendeten Materials oder der Einschaltung eines anderen Subunternehmers. Derartige Umstände, die gegen die latente Mangelhaftigkeit des verbliebenen Warenbestandes sprechen könnten, behauptet aber selbst die Klägerin nicht.
Es lag somit eine wesentliche Vertragsverletzung vor, auf die sich die Beklagte auch berufen durfte.
Auf die Vertragswidrigkeit der Ware kann sich der Käufer nach Art. 39 Abs. 1 CISG nur dann nicht berufen, wenn er sie dem Verkäufer nicht innerhalb einer angemessenen Frist nach dem Zeitpunkt, in dem er sie festgestellt hat oder hätte feststellen müssen, anzeigt und dabei die Art der Vertragswidrigkeit genau bezeichnet.
Daran bestehen vorliegend keine Zweifel, weil die Beklagte die mangelhaften Stiefel nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme und den nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts umgehend nach der Reklamation durch ihre jeweiligen Kundinnen an die Klägerin bzw. deren bevollmächtigten Handelsvertreter zurückgesandt hat. Die Beklagte hat Kopien von Lieferscheinen vorgelegt, ausweislich derer die Rücksendung der Stiefel teilweise im Abstand weniger Tage (z.B. am 27.09.2001, 29.09.2001, 09.10.2001, 19.10.2001, 23.10.2001 und 26.10.2001) und damit unmittelbar nach der Reklamation durch die jeweilige Kundin erfolgte.
Den einzelnen Reklamationen lassen sich ausweislich der in Kopie zu den Akten gereichten Übersendungsschreiben (Bl. 147ff.) die gerügten Mängel auch inhaltlich genau entnehmen. So ist darin beispielsweise aufgeführt „rechter Schuh an der Seite aufgelöst, Leder zu knapp“, „linker Schuh vorne Leder gewölbt, stört beim Laufen“, „Stiefel löst sich an der Seite auf, Material zu knapp, kann nicht repariert werden“ oder „rechter Stiefel oben in der Mitte, Naht löst sich“, so dass bei der Klägerin keine Unsicherheiten über Art und Ausmaß der Mängel entstehen konnten.
Die Beklagte hat ihr Recht zur Erklärung der Vertragsaufhebung auch nicht nach Art. 49 Abs. 2 lit. b. CISG verloren. Hiernach musste sie die Aufhebung innerhalb angemessener Frist, nachdem sie die Vertragsverletzung kannte oder kennen musste, erklären. Dies hat sie durch ihr Schreiben vom 12.12.2001 getan.
Die Reklamationen der Kundinnen begannen im Juli 2001 und setzten sich dann kontinuierlich fort. Sie häuften sich im September und Oktober durch Retouren vom 27.09.2001, 29.09.2001, 09.10.2001, 19.10.2001, 23.10.2001 und 26.10.2001. Bis zum 26.10.2001 waren 25 Paar Stiefel aufgelaufen, am 12.12.2001 kamen weitere 5 Paar hinzu. Bei dieser Sachlage erfolgte die Aufhebungserklärung vom 12.12.2001 nach Ansicht des Senats noch innerhalb angemessener Frist. Die Beklagte hat nicht vorschnell aufgrund einer einzelnen Reklamation gehandelt, sondern erst die ungewöhnliche Häufung zum Anlass genommen hat, sich insgesamt vom Vertrag zu lösen. Dieses Zuwarten kann ihr nicht angelastet werden, da nach Art. 49, 51 CISG erst eine wesentliche Vertragsverletzung überhaupt zur Aufhebung des gesamten Vertrages berechtigt.
Entgegen der Ansicht der Klägerin war auch die Setzung einer Nachfrist nach Art. 47 CISG nicht erforderlich.
Bei der Lieferung vertragswidriger Ware hängt das Recht des Käufers zur Vertragsaufhebung allein davon ab, ob die Vertragsverletzung wesentlich im Sinne von Art. 25 CISG ist (Schlechtriem/Schwenzer, UN-Kaufrecht, 4. Auflage, Art. 47 Rz. 1). Eine Nachfristsetzung wird – wie sich schon dem Wortlaut des Art. 49 Abs. 1 (lit. a/lit. b „oder“) entnehmen lässt – bei einer wesentlichen Vertragsverletzung gerade nicht vorausgesetzt (Schlechtriem/Schwenzer, UN-Kaufrecht, 4. Auflage, Art. 49 Rz. 8).
Die Beklagte hat also mit Schreiben vom 12.12.2001 berechtigt die Aufhebung des (gesamten) Vertrages erklärt, so dass beide Parteien nach Art. 81 Abs. 1 CISG von ihren Vertragspflichten befreit sind und restliche Kaufpreiszahlung nicht mehr verlangt werden kann. Die Klage war daher insgesamt abzuweisen.
Da die Klägerin voll unterlegen ist, hat sie gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 auch die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO.
Schutzanordnungen nach § 711 ZPO sind im Hinblick auf § 713 ZPO unterblieben.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 7.094,34 Euro festgesetzt.}}
Source
Original in German:
- available at http://www.globalsaleslaw.org/
English Translation:
- available at the University of Pace website, http://www.cisg.law.pace.edu}}