Data

Date:
19-05-2008
Country:
Germany
Number:
16 U 62/07
Court:
Oberlandesgericht Köln
Parties:
--

Keywords

MATTERS IMPLICITLY EXCLUDED FROM SCOPE OF CISG (ART. 4 CISG) - SET-OFF - TO BE RESOLVED IN ACCORDANCE WITH OTHERWISE APPLICABLE DOMESTIC LAW

BUYER’S OBLIGATION TO EXAMINE THE GOODS IN GOOD TIME (ART. 38 CISG)

BUYER'S OBLIGATION TO GIVE SELLER NOTICE OF LACK OF CONFORMITY OF GOODS (ART. 39 CISG).

RIGHT TO SUSPEND PERFORMANCE - REQUIREMENTS (ART. 71(1) CISG)

CONSEQUENCE OF AVOIDANCE (ART. 81 CISG) - PARTIES RELEASED FROM ALL OBLIGATIONS UNDER CONTRACT

Abstract

Two parties, both distributors of agricultural chemical products, entered into a long-term commercial relationship. A dispute arose between them. The court of first instance granted the seller’s claims only partially and both parties appealed.

The Appellate Court dismissed the appeal of both parties.

As to the seller’s claims, the Appellate Court agreed with the Court of first instance in assuming that the seller was not entitled to payment of one of the orders placed by the buyer. Since the parties had reached an agreement to avoid (terminate) the contract, the buyer was released from its obligation to pay the purchase price pursuant to Article 81(1) CISG (CISG being the law governing the contract).

As to the buyer’s claims, the Court of Appeal denied that the buyer was entitled to set off with a counterclaim against the seller's claim. After recalling that set-off is a matter excluded from CISG (Art. 4 CISG), the Court applied Italian law and concluded that requirements for set-off under the Italian Civil Code had not been satisfied. The Court also excluded that the buyer had a right of retention, finding that the requirements of Article 71 CISG had not been fulfilled in the case at hand. Given that the seller had made cover sales, the buyer was no longer interested in the seller’s performance, which meant that the necessary connection between performance and counter-performance was lacking.

Finally, the appellate Court confirmed that the buyer was not entitled to damages because of lack of timely inspection and notification of non-conformity of part of the goods delivered (Arts. 38 and 39 CISG).

Fulltext

OBERLANDESGERICHT KÖLN
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

In dem Rechtsstreit

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhand-
lung vom 14.04.2008
durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Jennissen sowie die
Richterinnen am Oberlandesgericht Dr. Ahn-Roth und Appel-Hamm

- -

f ü r R e c h t e r k a n n t:

Die Berufung der Klägerin sowie die Berufung der Beklagten gegen
das am 08.11.2007 verkündete Urteil der 3. Kammer für Handelssa-
chen des Landgerichts Bonn – 14 O 3/07 – werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagte zu 70 %
und die Klägerin zu 30 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Schuldner können die Zwangsvollstreckung durch den jeweiligen
Gläubiger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des voll-
streckbaren Betrages abwenden, falls nicht der jeweilige Gläubiger
selbst vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu
vollstreckenden Betrages leistet.

G r ü n d e :

I.

Die Klägerin und die Beklagte vertrieben gewerbsmäßig chemische Produkte
für den landwirtschaftlichen Gebrauch und standen in ständigen Lieferbezie-
hungen.

Die Klägerin hat in erster Instanz Erfüllungsansprüche aus der Lieferung von
Pflanzenschutzmitteln in Höhe von 661.156,54 Euro sowie Transportkosten gel-
tend gemacht. Die Beklagte hat das Fehlen der internationalen Zuständigkeit
des Landgerichts Bonn gerügt, zu einigen der geltend gemachten Forderungen
Einwendungen erhoben und im Übrigen die Aufrechnung mit Gegenansprüchen
erklärt.
- -

Mit Urteil vom 08.11.2007 hat das Landgericht unter Abweisung der weiterge-
henden Klage die Beklagte zur Zahlung von 477.356,54 Euro zuzüglich Zinsen
sowie vorgerichtlicher Kosten verurteilt. Es hat nach Vernehmung von Zeugen
den auf die Rechnung Nr. 44 (Produkt „U“) in Höhe von 165.000,00 Euro ge-
stützten Zahlungsanspruch verneint und insoweit eine von der Beklagten be-
hauptete Aufhebungsvereinbarung als bewiesen angesehen. Bei der Rechnung
Nr. 45 („B“) hat es einen Abzug von 16.800,00 Euro als gerechtfertigt angese-
hen, weil es sich insoweit um eine nicht vereinbarte Mehrlieferung gehandelt
habe. Im Übrigen hat das Landgericht der Klage weitgehend stattgegeben. We-
gen der Einzelheiten der vom Landgericht getroffenen tatsächlichen Feststel-
lungen, der erstinstanzlichen Anträge der Parteien sowie der Rechtsausfüh-
rungen des Landgerichts wird auf den Inhalt des Urteils (Bl. 391 ff. d. A.) Bezug
genommen.

Gegen dieses Urteil haben beide Parteien frist- und formgerecht Berufung ein-
gelegt und ihr Rechtsmittel jeweils in prozessordnungsgemäßer Weise begrün-
det.

Die Klägerin beanstandet die Beweiswürdigung des Landgerichts, soweit dieses
die auf die Rechnung Nr. 44 gestützte Klage abgewiesen hat. Sie ist der Auf-
fassung, dass aufgrund der widersprüchlichen Aussagen der in erster Instanz
vernommenen Zeugen der Nachweis einer Aufhebungsvereinbarung nicht er-
bracht sei. Soweit das Landgericht die Klageforderung in Höhe weiterer
16.800,00 Euro gekürzt hat, hat die Klägerin dies zwar akzeptiert, zunächst a-
ber mit der Berufung Schadensersatz in gleicher Höhe begehrt, weil die Beklag-
te trotz Aufforderung keine Bereitschaft zur Rückgabe der zuviel gelieferten Wa-
re erklärt habe. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat sie die Klage inso-
weit zurückgenommen.

Die Klägerin beantragt,

1.
die Beklagte unter Aufrechterhaltung des erstinstanzlichen Urteils
im Übrigen zu verurteilen, an die Klägerin weitere 165.000,00 Euro
- -

zuzüglich Zinsen in Höhe von jeweils 7 Prozentpunkten über dem
HRG-Satz für die Hauptrefinanzierungsoperation in der europäi-
schen Zentralbank seit dem 29.08.2006 zu zahlen;

2.
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

1.
die erstinstanzliche Entscheidung aufzuheben und die Klage auch
im Übrigen abzuweisen;

2.
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Auch die Beklagte rügt die – zu ihren Lasten gehende – Beweiswürdigung des
Landgerichts, des Weiteren die rechtliche Würdigung, soweit das Landgericht
ihr eine Verletzung der Rüge- und Untersuchungspflicht betreffend die Liefe-
rung von „N“ vorgeworfen hat. Im Übrigen ist die Beklagte der Auffassung, dass
die von ihr in erster Instanz erklärte Aufrechnung mit Gegenforderungen in Hö-
he von jeweils 20.000,00 Euro gegenüber Rechnung Nr. 68 „P“ und Rechnung
Nr. 58 „Q“ in ein Zurückbehaltungsrecht umzudeuten gewesen wären. Rein vor-
sorglich macht die Beklagte ein entsprechendes Zurückbehaltungsrecht nun-
mehr in zweiter Instanz ausdrücklich geltend. Bezüglich der Klageforderung aus
der Rechnung Nr. 68 „P“ stützt sie dieses Zurückbehaltungsrecht auch auf ei-
nen behaupteten Deckungskauf in der Größenordnung von 26.432,00 Euro.
Des Weiteren macht sie gegenüber der Klageforderung ein Zurückbehaltungs-
recht wegen der in erster Instanz erstmals mit Schriftsatz vom 18.10.2007 (Bl.
317 ff. d. A.) vorgetragenen Gegenforderungen geltend.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die eingereich-
ten Schriftsätze sowie die von ihnen in Bezug genommenen Urkunden verwie-
sen.
- -

II.

Die Rechtsmittel beider Parteien sind zulässig, insbesondere frist- und formge-
recht eingelegt. In der Sache bleiben sie jedoch ohne Erfolg.

1. Das Landgericht hat die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte
zutreffend bejaht. Insoweit wird die Entscheidung von den Parteien auch nicht
angegriffen.

2. Berufung der Klägerin
Der Senat ist mit dem Landgericht der Auffassung, dass der Klägerin nach den
Vorschriften des CISG, das hier zur Anwendung kommt, ein Anspruch auf Zah-
lung von 165.000,00 Euro gemäß Rechnung Nr. 44 vom 31.03.2006 „U“ (Artikel
53 CISG) nicht zusteht, weil die Parteien die Aufhebung des Vertrages verein-
bart haben mit der Folge, dass die Beklagte von ihrer Pflicht zur Zahlung des
Kaufpreises befreit ist (Artikel 81 Abs. 1 CISG).

Die Beweiswürdigung des Landgerichts, das für bewiesen ansieht, dass sich
die Parteien am 28.07.2006 über die Aufhebung des Vertrages einig geworden
sind, ist nicht zu beanstanden.

Das Landgericht hat sich in erster Linie auf die Aussage des Zeugen I gestützt,
der als Einziger der vernommenen Zeugen eine Einigung über die Aufhebung
des Vertrages bestätigt hat, in dem er bekundet hat, dass besprochen worden
sei, „dass das Produkt zurückgehen soll“, sie allerdings noch die Hintergründe
brauchten, um davor geschützt zu sein, „dass so etwas nochmal passiert“ und
dass es „eine Einigung“ gegeben habe. Für die Richtigkeit der Aussage des
Zeugen sprechen die in den Akten befindlichen Urkunden: E-Mail vom
30.07.2006, 13.28 Uhr, gesendet von H an I und J („die Ware geht retour, wir
wollen die ... Probleme nächste Woche klären) und E-Mail vom 30.07.2006,
19.00 Uhr, gesendet von H an I („Bitte schick mir so schnell wie möglich das U
zurück“). Soweit in der erstgenannten E-Mail Probleme angesprochen sind, die
in der nächsten Woche geklärt werden sollten, können sich diese nach der
Aussage des Zeugen I ohne Weiteres auf die Erbringung der Nachweise (wie
- -

Lieferscheine und Belege) beziehen, über die – wie er bekundet hat – am
28.07.2007 geredet worden war. Hinzu kommt, dass auch nach der Aussage
des Zeugen H der Beklagten am 28.07.2006 ein Retour-Angebot unterbreitet
worden ist. Insoweit steht seine Aussage im Einklang mit derjenigen des Zeuge
I. Soweit der Zeuge H weiter bekundet hat, dass die Zeugen J und I dieses von
dem Geschäftsführer der Klägerin unterbreitete Angebot nicht angenommen
hätten, ist der Senat – ebenso wie das Landgericht – von der Richtigkeit dieser
Bekundung nicht überzeugt. Denn es ist kein Grund für die von ihm geschilderte
Verhaltensweise der Vertreter der Beklagten erkennbar, insbesondere ist nicht
ersichtlich, dass der Geschäftsführer der Klägerin das Angebot auf Rücknahme
der Ware von einer Bedingung, etwa der Zahlung aller seinerzeit noch offenen
Rechnungsbeträge abhängig gemacht hat. Durchgreifende Bedenken gegen
die Richtigkeit der Aussage des Zeugen I ergeben sich auch nicht im Hinblick
auf die Bekundungen des Zeugen J, der sich an Gespräche über die Rückgabe
des Produktes nicht zu erinnern vermochte, obwohl nach seiner Aussage „U“
das Hauptthema der Gespräche am 28.07.2006 gewesen ist. Es ist offensicht-
lich, dass den Zeugen insoweit sein Erinnerungsvermögen im Stich gelassen
hat. Denn aufgrund der Aussagen der Zeugen I und H sowie der vorgenannten
E-Mails steht fest, dass die Rückgabe von „U“ entgegen der Aussage des Zeu-
gen J Gesprächsthema gewesen ist. Allerdings hat der Zeuge auch bekundet,
dass „über U noch nach Überprüfung des Gutachtens“ gesprochen werden“
sollte. Aber auch diese Aussage spricht nicht zwingend gegen eine Einigung
über die Rückgabe der Ware. Es ist durchaus möglich, dass der Zeuge, der an
das Gespräch über die Rückgabe von „U“ kein Erinnerung mehr hatte, mit sei-
ner Bekundung auf den von der Klägerin noch zu erbringenden Nachweis der
Herkunft des Produktes angespielt hat. Dass das von dem Zeugen erwähnte
Gutachten, bei dem es sich nur um das Gutachten der Firma K vom 28.06.2006
handeln kann, am 28.07.2006 dem Geschäftsführer der Klägerin übergeben
wurde, steht zur Überzeugung des Senats aufgrund der insoweit übereinstim-
menden Aussagen der Zeugen I und J fest. Dass dieses Gutachten der Kläge-
rin erstmals im vorliegenden Verfahren mit Schriftsatz vom 11.04.2007 über-
reicht worden sein soll – wie es die Klägerin behauptet – erscheint fernliegend,
zumal die Qualität der Ware von der Beklagten bereits mit E-Mail vom
12.06.2006 gerügt worden und sodann anlässlich der Besprechung vom
- -

28.07.2006 auch nach dem eigenen Vortrag der Klägerin von ihr ein Retour-
Angebot unterbreitet worden war. Dass ein solches Angebot alleine aufgrund
eine auf die Qualität der Ware bezogenen vagen Vermutung seitens der Be-
klagten unterbreitet worden sein soll, ist wenig nachvollziehbar.

Unter Würdigung des gesamten Ergebnisses der Beweisaufnahme und unter
Berücksichtigung des Sachvortrages der Parteien nebst den von ihnen vorge-
legten Urkunden ist der Senat deshalb mit dem Landgericht davon überzeugt,
dass die Parteien sich am 28.07.2006 über die Rückgabe des Produktes „U“
einig geworden sind.

Das Landgerichts, auf dessen Ausführungen insoweit verwiesen wird, hat zu-
treffend ausgeführt, dass aufgrund der Aufhebungsvereinbarung der Parteien
der Kaufpreisanspruch der Klägerin erloschen ist (vgl. zur entsprechenden An-
wendung von Art. 81 ff. CISG: Schlechtriem/Schwenzer CISG, 4. Aufl. vor Art.
81 – 84 Rz. 5 m. w. N.); Münchener Kommentar-Huber, CISG, 4. Aufl., Art. 81
Rz. 2 m. w. N.).

3. Berufung der Beklagten

a)
Die Kaufpreisforderung der Klägerin aus der Rechnung Nr. 68 vom 30.05.2006
„P“ ist nicht um 20.000,00 Euro wegen einer entsprechenden Gegenforderung
der Beklagten – Einigung auf Leistung eines pauschalen Schadenersatzes we-
gen Minderlieferung bzw. Schadensersatz wegen der verauslagten Kosten für
einen Deckungskauf – zu kürzen.

Die Voraussetzungen für eine Aufrechnung liegen nicht vor. Da das CISG be-
züglich der Aufrechnung keine Regelungen enthält, ist dafür auf das nach dem
IPR des Forumstaates anzuwendende Recht zurückzugreifen (Art. 28 Abs. 2
EGBGB). Nach italienischem Recht ist zwischen einer sogenannten „Legalauf-
rechnung“ und der gerichtlichen Aufrechnung zu unterscheiden. Für die Legal-
aufrechnung fehlt es an der in diesem Zusammenhang nach Art. 1243 Abs. 1
CC erforderlichen Liquidität der Gegenforderung. Liquide in diesem Sinne ist
- -

eine Gegenforderung nach der insoweit maßgeblichen herrschenden Auffas-
sung im italienischen Recht zwar nicht nur, wenn sie unbestritten oder rechts-
kräftig festgestellt ist, sondern auch bei einem Bestreiten des Gegners, sofern
es als missbräuchlich zu qualifizieren ist. Das wiederum wird von der italieni-
schen Rechtsprechung nur dann angenommen, wenn es offensichtlich unbe-
gründet erscheint und augenscheinlich nur den Zweck hat, die Entscheidung
des Rechtsstreits hinauszuzögern (vgl. Senatsurteil vom 13.02.2006 – 16 U
17/05 in IHR 2006,145 ff). Davon kann im vorliegenden Fall allerdings keine
Rede sein. Die gerichtliche Aufrechnung nach Art. 1243 Abs. 2 CC, die bei Illi-
quidität der Gegenforderung zur Anwendung kommt, setzt voraus, dass beide
Forderungen zur Zeit der gerichtlichen Feststellung der Aufrechnungslage
durchsetzbar sind und dass die Gegenforderung schnell und leicht feststellbar
ist, das heißt die Entscheidungsreife ohne großen Aufwand herbeigeführt wer-
den kann. Auch diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben.

Soweit die Beklagte nunmehr in zweiter Instanz wegen der ihr angeblich zuste-
henden Gegenforderungen ein Zurückbehaltungsrecht geltend macht, ist dieses
in Art. 71 CISG geregelt mit der Folge, dass diese Vorschrift der Regelung in
Art. 1460 CC vorgeht (vgl. Schlechtriem/Schwenzer, a. a. O., Art. 71 Rz. 25 a;
Staudinger-Magnus, CISG, Neubearbeitung 2005, Art. 71 Rz. 40; Münchener
Kommentar-Huber, a. a. O., Art. 71 Rz. 25 f.).

Aber auch die Voraussetzungen des Art. 71 CISG liegen hier nicht vor. Gemäß
Art. 71 CISG kann eine Partei die Erfüllung ihrer Pflichten aussetzen, wenn sich
nach Vertragsschluss herausstellt, dass die andere Partei einen wesentlichen
Teil ihrer Pflichten nicht erfüllen wird. Die Vorschrift ist Ausdruck des funktionel-
len Synallagmas. Das Zurückbehaltungsrecht dient u.a. dazu, den Anspruch zu
sichern und auf den Schuldner Druck ausüben, damit dieser seine Verpflichtung
alsbald erfüllt. Vorliegend hat die Beklagte an der Leistung der Klägerin kein
Interesse mehr, nachdem sie Deckungskäufe getätigt hat, so dass es an der
notwendigen synallagmatischen Verbindung von Leistung und Gegenleistung
fehlt.

- -

Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass das Landgericht, das über die von
der Beklagten in erster Instanz zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung
Beweis erhoben hat, das Ergebnis der Beweisaufnahme zutreffend gewürdigt
und den Vortrag der Beklagten zu Recht als nicht bewiesen angesehen hat.

b)
Die Beklagte hat gegenüber der Forderung der Klägerin aus der Rechnung Nr.
58 vom 26.04.2006 („Q“) auch keinen aufrechenbaren Anspruch auf Zahlung
von 20.000,00 Euro aufgrund einer Vereinbarung betreffend die Rücknahme
des Produktes. Auch hier scheitert eine Aufrechnung an der Vorschrift des Arti-
kel 1243 CC. Dem nunmehr geltend gemachten Zurückbehaltungsrecht steht
die Vorschrift des Art. 71 CISG entgegen. Auch insoweit fehlt es an dem not-
wendigen synallagmatischen Verhältnis.

Im Übrigen ist auch hier die Beweiswürdigung des Landgerichts, dass die von
der Beklagten behauptete Vereinbarung nicht als bewiesen erachtet, nicht zu
beanstanden.

c)
Die gleichen rechtlichen Erwägungen gelten hinsichtlich des in erster Instanz
zur Aufrechnung gestellten Gegenanspruchs in Höhe von 518.400,00 Euro
wegen einer Schlechtleistung in Bezug auf das Produkt „N SCX 5“. Auch inso-
weit kann die Beklagte sich nunmehr nicht mit Erfolg auf ein Zurückbehaltungs-
recht berufen.

Im Übrigen hält der Senat auch hier die rechtlichen Ausführungen des Landge-
richts, das einen Schadensersatzanspruch der Beklagten wegen Verletzung
des Untersuchungs- und Rügerechts (Art. 38, 39 CISGE) verneint hat, für zu-
treffend. Die Lieferung der Ware erfolgte unstreitig im Februar 2006 und ist
nach dem Vortrag der Klägerin erstmals am 28.07.2006 beanstandet worden.
Die Beklagte beruft sich nunmehr in der Berufungsinstanz darauf, dass sie kei-
ne Möglichkeit gehabt habe, gelieferte Produkte zu untersuchen und die Identi-
tät mit dem Referenzmittel zu bestimmen. Dem widerspricht ihr Vortrag in erster
Instanz, wonach die Überprüfung in einem externen Labor vorzunehmen ist, die
- -

durchschnittlich einen Monat beträgt und sich daran eine angemessene Rüge-
frist von 14 Tagen anzuschließen hat. So hat die Beklagte auch die Lieferung
von „Q“ auf die Identität mit dem Originalprodukt „T“ durch ein Gutachten der
Firma K überprüfen lassen.

d)
Soweit die Beklagte weitere Gegenforderungen gemäß Schriftsatz vom
18.10.2007 geltend macht, die das Landgericht gemäß § 296 a ZPO nicht be-
rücksichtigt hat, ist für die Zulassung dieser Gegenforderungen die Vorschrift
des § 533 ZPO maßgeblich. Wird die Zurückhaltung mit einer Geldforderung
gegen eine Geldforderung erklärt, dann liegt darin der Sache nach eine Auf-
rechnungserklärung, so dass § 533 ZPO und nicht § 531 ZPO anzuwenden ist
(vgl. Zöller-Gummer/Heßler, 26. Aufl., § 533 Rz. 17 m. w. N.).

Ob die Gegenforderung hiernach prozessual zuzulassen ist, kann offen bleiben,
da die Ausübung des Rechts schon aus sachlichen Gründen nicht zulässig ist.

Die Klägerin macht mit Schriftsatz vom 18.10.2007 unter anderem Gegenforde-
rungen geltend, weil Kunden von ihr, die mit dem Produkt „U“ beliefert worden
sind, vom Hersteller E gerichtlich wegen Patenverletzung in Anspruch genom-
men und sie infolge dessen mit Prozesskosten belastet worden sind, für die die
Beklagte nach ihrem Vortrag aufgrund der vertraglichen Beziehungen aufzu-
kommen hat. Auch die Aufrechnung mit diesen Gegenforderungen ist nach ita-
lienischem Recht (Art. 1243 CC) unzulässig und einem Zurückbehaltungsrecht
steht die Vorschrift des Art. 71 CISG entgegen.

4.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Ziffer 10, 711 ZPO.}}

Source

Original in German:
- available at the University of Basel website, www.cisg-online.ch

Translation in English:
- available at the University of Pace website, www.cisgw3.law.pace.edu}}