Data

Date:
20-07-1995
Country:
Germany
Number:
41 O 111/95
Court:
Landgericht Aachen
Parties:
Unknown

Keywords

INTEREST - INTEREST RATE (ART. 78 CISG) - MATTER GOVERNED BUT NOT EXPRESSLY SETTLED BY CISG (ART. 7(2) CISG) - DETERMINED BY DOMESTIC LAW OTHERWISE APPLICABLE TO THE CONTRACT

Abstract

An Italian seller concluded a contract with a German buyer for the sale of goods. The buyer failed to pay the price. The seller commenced a legal action.

The Court held that the seller was entitled to payment of price and granted the seller interest on the unpaid price.

As to the applicable interest rate, the Court considered this to be a question governed but not expressly settled by CISG (Art. 7(2) CISG). The Court rejected the opinion according to which the interest rate, in order to achieve a uniform international regulation, shall be determined in accordance with the general principles on which CISG is based: as a matter of fact even when CISG was still only in the preparatory stage it had not been possible to reach a uniform solution to this problem. The Court thus gave preference to the opinion according to which recourse is to be had to the domestic law applicable by virtue of private international law rules. The interest rate was thus determined by Italian law as the law governing the contract in the absence of CISG.

Fulltext

[...]

Entscheidungsgründe:

Der Erlaß eines Versäumnisurteil zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist zulässig.

Zwar herrschen Gerichtsferien gemäß par. 199 GVG, so daß Entscheidungen nach par. 200 Abs. 1 GVG nur in Feriensachen erlassen werden können. Hier handelt es sich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht um eine Feriensache, da weder vorgetragen noch ersichtlich ist, daß die Sache einer besonderen Beschleunigung im Sinne des par. 200 Abs. 4 GVG bedarf. Das allgemeine Interesse jeder vernünftigen Partei an einer zügigen Durchführung und Abwicklung des Verfahrens reicht dazu nicht aus.

Dennoch ist die Kammer nicht gehindert, eine Entscheidung nach par. 331 Abs. 3 ZPO zu erlassen. Ob während der Gerichtsferien ein Versäumnisurteil erlassen werden kann, wenn der Beklagte innerhalb der Notfrist des par. 276 Abs. 1 S. 2 ZPO nicht erklärt hat, daß er sich gegen die Klage verteidigen wolle, ist umstritten (verneinend: OLG Koblenz, NJW 1979, 1465; Zöller-Herget, ZPO, 19. Auflage, par. 331, Rdnr. 14; bejahend: AG Bergisch-Gladbach, NJW 1977, 2080; Hartmann, NJW 1978, 1460; derselbe in Baumbach/Lauterbach, ZPO, 53. Auflage, par. 331, Rdnr. 25 m.w.N. auch zu ablehnenden Meinung; Bruhn, NJW 1979, 2522 und zuletzt LG Münster, MDR 1995, 415 f.).

Die Kammer schließt sich der letztgenannten Auffassung an. Zwar ist nicht zu verkennen, daß der Wortlaut des par. 200 Abs. 1 GVG gegen die Annahme spricht, es sei möglich, in Nichtferiensachen Versäumnisurteile im schriftlichen Vorverfahren zu erlassen.

Jedoch kann nicht außer acht gelassen werden, daß sich bei par. 276 Abs. 1 S. 1 ZPO um die jüngere Norm im Verhältnis zu par. 200 Abs. 1 GVG handelt (vgl. Bruhn, a.a.O., AG Bergisch- Gladbach, ebenda), so daß vieles dafür spricht, die Vorschriften der parr. 276 Abs. 1, Abs. 2, 331 Abs. 3 ZPO als speziellere Vorschriften gegenüber par. 200 Abs. 1 GVG anzusehen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, daß durch die Ausgestaltung der Frist des par. 276 Abs. 1 ZPO als Notfrist der Gesetzgeber eine besondere Beschleunigung des Verfahrens bewirken wollte. Notfristen laufen gemäß par. 223 ZPO auch während der Gerichtsferien. Wenn nun der Ablauf dieser Frist in den Gerichtsferien fällt, ohne daß der Beklagte die Verteidigungsbereitschaft erklärt hat, so hätte die Auffassung, die einer Entscheidung durch Versäumnisurteil in Nichtferiensachen während des Zeitraums vom 15. Juli bis 15. September nicht zulassen will, zur Folge, daß die Notfrist im faktischen Ergebnis gehemmt wäre. Dies kann nicht Zielsetzung der Ausgestaltung der Frist des par. 276 Abs. 1 ZPO als Notfrist sein.

Soweit das OLG Koblenz (a.a.O.) ausführt, es sei der klagenden Partei durchaus zuzumuten, mit dem Erlaß eines Versäumnisurteils äußerstenfalls zwei Monate zuzuwarten, weil diese Verfahrensdauer in der Regel immer noch eine Beschleunigung gegenüber einem Verfahren mit mündlicher Verhandlung darstelle, kann dem - zumindest für den Bereich der Kammer - nicht gefolgt werden, da hier früher erster Termin regelmäßig vor Ablauf einer 2-Monatsfrist stattfindet. Im übrigen kann bei der Bewertung, ob auch in einer Nichtferiensache ohne mündliche Verhandlung ein Versäumnisurteil erlassen werden kann, die Vorschrift des par. 202 GVG nicht außer acht gelassen werden (vgl. Bruhn, a.a.O.). Danach ergibt sich nämlich, daß das Mahnverfahren ein sogenanntes ferienloses Verfahren ist, also ein Vollstreckungsbescheid ohne weiteres während der Gerichtsferien erwirkt werden kann. Wieso die klagende Partei nur deshalb schlechter gestellt werden soll, weil sie kein Mahnverfahren, sondern ein Klageverfahren angestrengt hat, ist nicht ersichtlich, da ein Vollstreckungsbescheid einem Versäumnisurteil gleichzustellen ist (vgl. par. 700 Abs. 1 ZPO).

In der Sache ist die Klage zulässig und begründet, so daß Versäumnisurteil gemäß dem Inhalt des Tenors ergehen konnte.

Dies gilt auch hinsichtlich der Zinsen.

In Artikel 78 CISG findet sich eine Regelung der Zinsen. Diese Vorschrift ist grundsätzlich anwendbar, da Artikel 4 Satz 1 CISG bestimmt, daß das Übereinkommen alle aus dem Kaufvertrag erwachsenden Rechte und Pflichten des Verkäufers und des Käufers regelt. Nach Artikel 78 CISG hat der Verkäufer, wenn der Käufer den Kaufpreis zu zahlen versäumt, für diesen Betrag einen Anspruch auf Zinsen. Diese Vorschrift normiert eine Zinszahlungspflicht allerdings nur dem Grunde nach.

Über die Höhe des zu zahlenden Zinssatzes sagt die Norm nichts. Hier liegt mithin eine Regelungslücke vor. Über deren Auffüllung besteht Streit. Es wird vertreten, die Zinshöhe durch Rückgriff auf allgemeine Grundsätze des CISG zu bestimmen, um auf diese Weise eine international einheitliche Regelung zu erreichen (vgl. Eberstein/Bacher in Caemmerer/ Schlechtriem, Kommentar zum einheitlichen UN-Kaufrecht, 2. Auflage, Artikel 78, Rdn. 21, Fußnote 30). Dagegen spricht jedoch, daß auch bei den Konferenzen zur Erarbeitung des UN- Kaufrechtübereinkommens eine einheitliche Lösung nicht erzielt werden konnte, da die verschiedenen Unterfassungen über die Zinspflicht unvereinbar waren (vgl. derselbe, ebenda, Rdn. 2). Vorzugswürdig ist demnach die Auffassung, wonach die Zinshöhe dem ergänzend anwendbaren nationalen Recht zu entnehmen ist, welches wiederum nach Maßgabe der Kollisionsregeln des Forumstates zu ermitteln ist (vgl. derselbe, ebena, Rdn. 21, Fußnote 31). Nach dem deutschen internationalen Privatrecht bemessen sich die Zinsen - wenn auch nicht unumstritten (vgl. Palandt/Heldrich, BGB, 54. Auflage, Artikel 32 EGBGB, Rdn. 5) - nach dem Vertragstatut (vgl.: Eberstein/Bacher, a.a.O., Art. 78, Rdnr. 27), also nach dem Recht, das auf den Kaufvertrag anwendbar wäre, unterfiele er nicht dem CISG. Nach Artikel 28 EGBGB wäre das Recht des Staates anzuwenden, das mit dem Vertrag die 'engste Verbindung' (Artikel 28 Abs. 1 S. 1 EGBGB) aufweist. Dabei ist auf die Erbringung der charakteristischen Leistung abzustellen (vgl.: Artikel 28 Abs. 2 S. 1 EGBGB bzw. Art. 4 Abs. 2 EVÜ). Bei Kaufverträgen ist mithin das Recht des Staates anzuwenden, in dem der Verkäufer seine Hauptniederlassung hat (vgl. Palandt-Heldrich, a.a.O., Artikel 28 EGBGB, Rdn. 8). Mithin ist für die Zinshöhe italienisches Recht anwendbar. Dort wird - insoweit der deutschen Regelung entsprechend - zwischen einem gesetzlichen Zinssatz und einem Zinsfuß, der auf einem kausalen Verzugsschaden beruht, unterschieden. Da nach Artikel 1284 Abs. 1 c.c.ital. der gesetzliche Zinssatz bereits 10 % beträgt, bestehen keine Bedenken gegen die hier geltend gemachte Zinshöhe. Der von der Klägerin geltend gemachte Zinszeitpunkt ergibt sich aus par. 78 CISG. Danach reicht Fälligkeit für die Berechtigung, Zinsen zu verlangen, aus. Ein Verzug muß nicht gegeben sein (Eberstein/Bacher, a.a.O., Rdn. 9 zu Artikel 78).

Die vorgerichtlichen Kosten sind nach Art. 78 CISG i. V. m. Art. 78, 61 Abs. 1 lit. b CISG zu ersetzen.

Der Streitwert beträgt 15.699,- DM.}}

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Original in German:
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