Data

Date:
01-12-1993
Country:
Germany
Number:
2 H O 1434/92
Court:
Landgericht Memmingen
Parties:
Unknown

Keywords

SCOPE OF CISG - CONTRACT FOR THE PRODUCTION AND SUPPLY OF GOODS - COVERED BY CISG (ART. 3(1) CISG)

PROBATIVE FORCE OF WRITING (ART. 11 CISG) - APPLICATION OF LEX FORI

Abstract

A German buyer and a French seller concluded a contract for the sale of granite stones to be produced by the seller. A dispute arose between the parties as the seller requested payment of the purchase price and the buyer refused to pay asserting to have concluded the contract with another firm, with which it had been in a business relationship. In order to prove the contract, the seller provided two order forms containing the name of its firm which it assumed had been signed by the buyer.

The Court held that the contract was governed by CISG, as at the time of the conclusion of the contract the parties had their places of business in contracting States (France and Germany) (Art. 1(1)(a) CISG) and because, under Art. 3(1) CISG, contracts for the supply of goods to be manufactured or produced are to be considered contracts of sale governed by CISG unless the party who orders the goods undertakes to supply a substantial part of the necessary materials.

After recalling Art. 11 CISG, according to which 'a contract of sale ... may be proved by any means, including witnesses', the Court held that the question concerning the probative force of a writing relating to a contract governed by CISG must be decided in accordance with the procedural law of the forum. In the case at hand, the Court applied German law and found that a contract between the parties had been validly concluded since both the order forms contained the signatures of the parties thus indicating the plaintiff as the seller. This was confirmed by the testimony of two witnesses and not objected to by the buyer. The seller was therefore awarded payment of the price.

Finally, the Court held that the seller was entitled to interest and to further damages according to Arts. 78 and 74 CISG. The Court left open the question of the determination of the applicable interest rate but awarded interest at the rate reported on a bank certificate submitted by the seller.

Fulltext

[...]

Zur Bedeutung der Identität des Vertragspartners bei internationalen Warenkaufverträgen nach CISG, Zur Frage der Beweiskraft privatschriftlicher Urkunden über Kaufverträge nach CISG.

Die Kl., eine Firma mit Sitz in Frankreich, macht gegen die Bekl. einen Kaufpreisanspruch in Höhe von insgesaml 32.567,60 DM geltend.

Die Kl. trägt vor, die Bekl. zu l ) habe sie mit der Lieferung von Granitsteinen beauftragt. Die entsprechenen Auftragsformulare Nr. 7965 und 7966 seien von den Mitarbeitern B. und M. der Bekl. zu 1) jeweils am 25.6. 1991 handschriftlich unterzeichnet worden. Daß sie selbst und nicht eine Firma L. Vertragspartner der Bekl. zu 1) gewesen sei, ergebe sich in eindeutiger Weise bereits aus den beiden vorliegenden Auftragsformularen, welche den Namen ihrer Firma ausweisen. Sie habe ferner der Bekl. zu 1) mit Telefaxschreiben vom 26.6. 1991 mit ihrer Firmenbezeichnung im Briefkopf eine Skizze eines bestellten Warenstiicks unter Hinweis auf bestimmte Sägestellen übersandt. Die Bekl. zu 1) habe diesem Schreiben mit Telefaxschreiben vom 27.6. 1991 unter Beifügung des Vemerks 'o.k.'' zugestimmt.

Die Firma L. hätte im übrigen die streitgegenständlichen Aufträge nicht ausführen können, da die genannte Firma nicht über geeignete Sägen zur Bearbeitung des Materials verfügt habe. Entsprechend den erteilten Aufträgen habe sie am 5.7. 1991 und 31.7. 1991 die Lieferscheine Nr.1870 und 1907 erstellt und die gelieferte Ware am 5.7. 1991 mit 21.624,96 DM und am 25.7. 1991 mit 10.942,64 DM berechnet.

Die Bekl. wurden durch Versäumnisurteil des Landgerichts Memmingen vom 4.11. 1992 gesamtschuldnerisch zur Zahlung von 32.567,60 DM zuzüglich 14,5 % Zinsen seit 5.9 1991 verurteilt.

Die Kl. beantragt nach fristgemäßem Einspruch der Bekl., das Versäumnisurteil des Landgerichts Memmingen vom 4.11. 1992 aufrechtzuerhalten. Die Bekl. beantragen, das Versäumisurteil des Landgerichts Memmingen vom 4.11. 1992 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Sie bestreiten die Aktivlegitimation der Kl. Die Bekl. zu 1) habe seit vielen Jahren nur mit der Firma L. in Geschäftsbeziehung gestanden. Zur Beseitigung von Unstimmigkeiten wegen früherer Lieferungen hätten sich ihre Vertreter am 25. 6. 1991 zum Geschäftsführer der Firma L. begeben. Die beiden streitgegenständlichen Aufträge Nr. 7965 und 7966 habe sie der Firma L. bereits vor der Besprechung vom 25.6. 1991 mündlich erteilt. Die Unterschrift ihrer Vertreter unter die Auftragsformulare habe nur deklaratorische Bedeutung.

Bei den beiden streitgegenständlichen Aufträgen handele es sich um Folgeaufträge aus einer früheren Geschäftsabwicklung mit der Firma L. Die Kl. nehme in ihrem Lieferschein vom 5.7.1991 selbst auf einen Auftrag Nr.403 vom 4. 3. 1991 Bezug. Daß sie am 25. 6. 1991 Vertragsverhandlungen ausschließlich mit der Firma L. geführt habe, ergebe sich auch aus einer Niederschritt der Dolmetscherin [...], die von den Vertragsparteien unterzeichnet wurde.

Die Bekl. tragen weiter vor, es habe am 25. 6. 1991 keinerlei Anhaltspunkte gegeben, daß nunmehr die Kl. ihr Vertragspartner der Bekl. zu 1) sei. Die Verhandlungen seien in den Räumen der Firma L. mit dem Geschäftsführer dieser Firma vorgenommen worden. Die Kl. habe die gleiche Telefon-und Telefaxnummer wie die Firma L. und bediene sich in ihrer Firmenbezeichnung des Wortes 'L.'. Die streitgegenständliche Ware sei auch von der Firma L. geliefert worden. Etwaige Bestellungen der Bekl. zu 1) bei der Kl. seien wegen Irrtums rechtzeitig angefochten worden.

Entscheidungsgründe:

Das Versäumnisurteil des Landgerichts Memmingen vom 4.11. 1992 war nach form- und fristgerechtem Einspruch der Bekl. aufrechtzuerhalten.

I . Die Kl. hat nach Art.53 UNKÜ einen Anspruch auf Zahung der geltend gemachten Kaufreisforderungen in Höhe von insgesamt 32.567,60 DM.

a) Nach Art. l Abs. l UNKÜ findet das UN-Übereinkommen auf Kaufverträge über Waren zwischen Parteien Anwendung, die ihre Niederlassung in verschiedenen Staaten haben, wenn diese Staaten Vertragsstaaten sind. Den Kaufverträgen stehen Verträge über die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender Ware gleich (Art. 3 Abs. I UNKÜ). Sitz bzw. Niederlassung der Kl. ist Frankreich, der Bekl. Deutschland. Das UN-Übereinkommen ist in Frankreich am 1.1. 1988, in Deutschland am 1.1.1991 in Kraft getreten. Das Gericht ist in Übereinstimmung mit den Ausführungen im Gutachten von Prof. Dr. W. vom 24. 7. 1993 der Rechtsansicht, daß auf das vorliegende Rechtsverhältnis das UN-Übereinkommen Anwendung findet.

b) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist zwischen den Vertragsparteien ein wirksamer Kaufvertrag bezüglich der streitgegenständlichen Waren zustande gekommen (Artt. 14ff. UNKÜ).

Gemäß Art. 11 Satz2 UNKÜ kann der Abschluß eines Kaufvertrages auf jede Weise bewiesen werden. Das Gericht schließt sich der in dem Gutachten vom 24. 7. 1993 vertretenen Rechtsmeinung an, daß die Frage der Beweiskraft einer privatschriftlichen Urkunde bei Verträgen, die dem UN-Übereinkommen unterliegen, nach dem Verfahrensrecht der lex fori zu beurteilen ist.

Bei Vertragsurkunden besteht zwischen den Vertragspartnern die Vermutung, daß sie den endgültigen, wohl überlegten Willen der Parteien enthalten; sie haben die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit für sich (vgl. Baumbach- Lauterbach, ZPO, 50. Aufl., 416 Anm. 2 c m. w. N.).

Die Vermutung, daß die von beiden Vertragsparteien am 25.6. 1991 unterzeichneten Auftragsformulare Nr.7965 und 7966 dem Inhalt nach vollständig und richtig sind, haben die Bekl. nicht widerlegt.

Die beiden Auftragsformulare weisen in eindeutiger Weise die Kl. als Vertragspartei aus. Der Firmenname der Kl. erscheint auf den bei den Vertragsurkunden in einem sichtbar herausgehobenen Schriftbild. Eine Firma L. wird in den beiden Vertragsurkunden nicht erwähnt. Abgesehen davon haben die Zeugen M. und C. bei ihrer Vernehmung übereinstimmenddie Richtigkeit des Inhalts der beiden Vertragsurkunden bestätigt [wird ausgeführt].

Ob und in welchem Zusammenhang die handschriftiche Verein barung vom 25. 6. 1991 mit der Erteilung der beiden streitgegenständlichen Aufräge Nr. 7965 und 7966 steht und welche Rechtsfolge sich hieraus ergeben könnte, vermag das Gericht im Hinblick auf die sich widersprechenden Zeugenaussagen nicht als hinreichend geklärt anzusehen Richtig ist, daß die Kl. zwar in ihrem Lieferschein Nr. 1870 vom 5. 7. 1991 den Auftrag Nr. 403 erwähnt, der sich auf eine frühere Lieferung der Firma L. an die Bekl. bezieht. Andererseits trägt der Lieferschein Nr. 1870 deutlich die Firmenbezeichnung der Kl. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme handelt es sich jedenfalls bei dem streitgegenständlichen Auftrag vom 25.6. 1991 nicht um eine Lieferung aufgrund der Geltendmachung von Gewährleistungs- bzw. Nachbesserungsansprüchen aus einem früheren Auftrag Nr.403, sondern um eine Neubestellung.

Ferner steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch nicht fest, daß die Unterschrift unter die beiden Vertragsurkunden nur deklaratorische Bedeutung hatte, da die beiden Aufträge zu einem früheren Zeitpunkt der Firma L. erteilt worden seien.

Bei dieser Sachlage ist aufgrund der beiden Vertragsurkunden vom 25. 6. 1991 in Verbindung mit den Aussagen der Zeugen M. und C. von einem Vertragsabschluß zwischen den Prozeßparteien am 25.6. 1991 auszugehen [wird ausgeführt].

Die Höhe der Forderung ist zwischen den Parteien unstreitig.

2. Zinsen: Artt. 74, 78 UNKÜ. Die Klägerin hat durch Volage einer Bankbescheinigung Kreditzinsen in der geltendgemachten Höhe nachgewiesen.

(...)}}

Source

Published in German:
- Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts (IPRax), 1995, 251-252

Commented on by:
- C. Ranker, UN-Kaufrecht: Identität des Vertragspartners und Beweiskraft privatschriftlicher Urkunden, in Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts (IPRax), 1995, 236-238}}