Data

Date:
15-02-1995
Country:
Germany
Number:
VIII ZR 18/94
Court:
Bundesgerichtshof
Parties:
Unknown

Keywords

APPLICATION OF CISG - PARTIES SITUATED IN CONTRACTING STATES (ART. 1(1)(A) CISG)

AVOIDANCE OF CONTRACT - NOTICE OF AVOIDANCE WITHIN A REASONABLE TIME OF BREACH (ART. 49(2)(B) CISG) - FIVE MONTHS NOT REASONABLE

AVOIDANCE FOR ANTICIPATORY BREACH OF CONTRACT (ART. 72 CISG) - NOT POSSIBLE ANY LONGER AFTER ACTUAL BREACH OCCURRED

Abstract

A German seller and a Swiss buyer concluded a contract for the sale of a key-making machine. The contract contained a retention of title clause according to which the property in the machine was to remain in the seller until payment of the full purchase price which was to be made in four installments. After the buyer had paid the first installment, a dispute arouse between the seller and the manufacturer of the machine who refused to deliver any more goods to the seller until the latter met standing debts. After a second payment made on delivery of the machine, the buyer did not pay any further installments. The seller commenced an action against the buyer claiming payment of the remaining installments with interest. During the legal proceedings, i.e. more than five months after the delivery of the machine, the buyer declared the contract avoided because the seller had not transferred the full property in the machine.

The Court held that the contract between the parties was governed by CISG according to Art. 1(1)(a) CISG.

It stated that in principle the seller was entitled to payment of the remaining installments, since the contract between the parties had not been effectively avoided by the buyer.

The Court left open whether the buyer would have been entitled to declare the contract avoided under Art. 72 CISG, when the manufacturer stopped its deliveries to the seller thereby putting at risk the seller's ability to perform. However, since the buyer declared the contract avoided after having taken delivery of the machine, Art. 72 CISG which is intended to protect against future failures to perform was no longer applicable. Once the machine had been delivered to it, the buyer was entitled to avoid the contract only under Arts. 45 and 49 CISG. However, since the buyer did declare the avoidance of the contract only five months after the delivery of the machine, it had lost its right to do so.

Fulltext

[...]

Aus den Gründen:

'II.... 1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß auf den zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrag vom 4./22. März 1991 über die Lieferung einer Schlüsselprägemaschine gemäß Art. 1 Abs. 1 a i.V. mit Art. 3 Abs. 1 CISG das Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den inernationalen Warenkauf vom 11. April 1980 (BGBl. 1989 II, 588) Anwendung findet.

2. Wie das Berufungsgericht weiter rechtsfehlerfrei ausführt, ist der Kaufpreisanspruch der Klägerin nicht aufgrund der behaupteten Absprache zwischen der Beklagten und der Streithelferin entfallen, da mangels Mitwirkung der Klägerin die für eine solche Vertragsübernahme erforderliche Zustimmung aller Beteiligten (BGHZ 96, 302, 308 * m. w. Nachw.) fehlt.

3. Im Ergebnis ist auch die Annahme des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden, daß der zwischen den Parteien bestehende Kaufvertrag fortbesteht, da die Beklagte weder in ihrer Klageerwiderung noch in ihrer Berufungsbegründung wirksam die Aufhebung des Vertrages erklärt hat.

a) Es kann offenbleiben, ob die Beklagte gemäß Art.72 CISG zur Aufhebung des Kaufvertrages berechtigt war, nachdem sie von der gegenüber der Klägerin ausgesprochenen Liefersperre der Streithelferin Kenntnis erhalten hatte und daher zu befürchten war, daß die Klägerin möglicherweise nicht mehr in der Lage sein würde, der Beklagten Eigentum an der Maschine zu verschaffen. Nach Art.72 CISG kann zwar, wenn schon vor dem für die Vertragserfüllung festgesetzten Zeitpunkt offensichtlich ist, daß eine Partei eine wesentliche Vertragsverletzung begehen wird, die andere Partei die Aufhebung des Vertrages erklären. Diese Vorschrift dient jedoch lediglich dem Schutz gegen eine künftige Verletzung des Vertrages und ist daher zeitlich der Lieferung und ihren verschiedenen Störungsformen vorgelagert (von Caemmerer/Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 1990, Art.72 Rdnr. 4). Für erst mit der Fälligkeit auftretende Vertragsverletzungen verbleibt es demgegenüber bei den hierfür geltenden Vorschriften, insbesondere dem Recht des Käufers auf Vertragsaufhebung nach Art. 49 CISG.

Hier war die Beklagte, nachdem sie die Maschine am 18. Oktober 1991 abgenommen hatte und damit der Liefererfolg eingetreten war, nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag vom 4./22. März 1991 verpflichtet, den restlichen Kaufpreis spätestens nach weiteren sechs Wochen, d. h. bis zum 29. November 1991 zu zahlen, um den Eigentumsübergang auf sich herbeizuführen. Damit war die Vertragserfüllung durch beide Parteien auf die Zeit Ende November 1991 festgesetzt, so daß die Beklagte ihr sich aus Art.72 CISG ergebendes Aufhebungsrecht auch nur bis zu diesem Zeitpunkt geltend machen konnte. Obwohl die Klägerin die Beklagte mit Telefax vom 11. November 1991 aufgefordert hatte, den restlichen Kaufpreis vom 181 930 DM an sie zu zahlen, so daß die Beklagte daraus entnehmen mußte, daß die Klägerin auf Vertragserfüllung bestand, hat die Beklagte jedoch die Aufhebung des Vertrages erstmals in ihrer Klageerwiderung vom 30. März 1992 geltend gemacht.

b) Das Aufhebungsverlangen der Beklagten ist auch nicht, wie das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht angenommen hat, nach Art. 49 CISG gerechtfertigt. Dabei kann auch hier dahingestellt bleiben, ob die Klägerin durch Nichterfüllung ihr obliegender Pflichten eine wesentliche Vertragsverletzung begangen hat, was die Beklagte zur Erklärung der Vertragsaufhebung nach Art. 49 Abs. 1 a CISG berechtigt hätte.

Dieses Recht hat die Beklagte jedenfalls deshalb verloren, weil sie es nicht innerhalb angemessener Frist ausgeübt hat ( Art. 49 Abs. 2 b CISG). Der Beklagten war spätestens seit Mitteilung der von der Streithelferin gegenüber der Klägerin ausgesprochenen Liefersperre im November 1991 erkennbar, daß die Klägerin möglicherweise zur Erfüllung ihrer Pflicht zur Eigentumsverschaffung auch nach Bezahlung des Kaufpreises an sie nicht mehr in der Lage sein würde. Wenn die Beklagte dennoch ca. fünf Monate verstreichen ließ, bis sie in dem von der Klägerin angestrengten Rechts streit erstmals die Aufhebung des Vertrages erklärte, hat sie ein ihr zustehendes Aufhebungsrecht, dessen Ausübung im Interesse einer baldigen Klärung der Rechtsbeziehungen der Parteien nicht unangemessen verzögert werden darf, verloren.

Die Anschlußrevision der Beklagten mußte demgemäß ohne Erfolg bleiben.

4. Rechtsfehlerhaft geht das Berufungsgericht jedoch davon aus, daß die der Klägerin demnach zustehende restliche Kaufpreisforderung in Höhe von 181 930 DM durch Aufrechnung der Beklagten mit einer Forderung aus abgetretenem Recht in Höhe von 178.353 DM erloschen ist.

a) ... b) Verfahrensfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch ... das Vorbringen der Klägerin, sie habe gegenüber der von der Streithelferin an die Klägerin abgetretenen Forderung bereits durch Anwaltsschreiben vom 22. November 1991 mit Forderungen über mehr als 218 000 DM aufgerechnet, gemäß parr. 527, 520 Abs. 2,296 Abs. 1 ZPO als verspätet zurückgewiesen.

aa) Soweit die Beklagte erstmals in der Berufungsinstanz unter Bezugnahme auf den Schriftsatz der Streithelferin vom 9. September 1993 die Aufrechnung entsprechend der vorgelegten Abtretungsvereinbarung vom 29. Juli 1993 in einem über die Abtretung vom 2. April 1992 hinausgehenden Umfang erklärt hat, kommt eine Versäumung der für die Klägerin bis zum 1. März 1993 gesetzten Erwiderungsfrist ( par. 520 Abs. 2 ZPO) von vornherein nicht in Betracht, weil bis zu diesem Zeitpunkt die Aufrechnung insoweit noch nicht erklärt war. Wenn die Klägerin daher mit Schriftsatz vom 22. September 1993 ihre Gegenforderungen, mit denen sie nach ihrem Vortrag mit Anwaltsschreiben vom 22. November 1991 gegen die Forderung der Streithelferin aufgerechnet hat, erstmals substantiiert hat, war dies nicht verspätet.

bb) Ob der Vortrag der Klägerin gegenüber dem bereits im ersten Rechtszug aufgrund der Abtretung vom 2. April 1992 zur Aufrechnung gestellten Teilbetrag von 102 240,35 DM verspätet war, bedarf keiner Entscheidung. Da dem Einwand der Klägerin, die gegen sie gerichtete Forderung der Streithelferin aus dem Werklieferungsvertrag sei bereits durch die Gegenaufrechnung gemäß Schreiben vom 22. November 1991 erloschen, wie zuvor ausgeführt, nachzugehen ist, kommt eine Verzögerung des Verfahrens gemäß parr. 527, 520 Abs. 2, 296 Abs. 1 ZPO auch insoweit nicht in Betracht, als der Einwand der Klägerin sich gegen die Abtretung der Teilbetragsforderung von 102.240,35 DM gemäß Abtretungserklärung vom 2. April 1992 richtet.

5. Das angefochtene Urteil war daher auf die Revision der Klägerin aufzuheben, soweit zu deren Nachteil erkannt worden ist, und die Sache insoweit zur Klärung der Wirksamkeit der behaupteten Gegenaufrechnung vom 22. November 1991 an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.}}

Source

Source:
- Prof. Dr. Peter Schlechtriem, Universität Freiburg, Germany

Published in German:
- Recht der Internationalen Wirtschaft (RIW), 1995, 505-506
- Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (EuZW), 1995, 451-453
- Neue Juristische Wochenschrift (NJW), 1995, 2101-2103

Commented on by:
- F. Enderlein, Vertragsaufhebung und Pflicht zur Kaufpreiszahlung nach UN-Kaufrecht, Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrecht (IPRax), 1996, 182-184
- M. Schmidt-Kessel, Vertragsaufhebung nach UN-Kaufrecht, RIW, 1996, 60}}