Data
- Date:
- 26-01-2005
- Country:
- Austria
- Number:
- 3 Ob 221/04b
- Court:
- Oberster Gerichtshof
- Parties:
- --
Keywords
PLACE OF PAYMENT OF PRICE (ART. 57(1) CISG) - SELLER'S PLACE OF BUSINESS
INTEREST RATE ON DELAYED PRICE - RELEVANCE OF HIGH INFLATION RATE AT SELLER'S PLACE OF BUSINESS - NOT RELEVANT IF PRICE TO BE PAID IN CURRENCY OF ANOTHER COUNTRY
Abstract
A Yugoslavian seller entered into a contract with an Austrian buyer for the sale of mushrooms. Later on, the seller assigned its claim for payment of the purchase price to another Austrian party (assignee). Pursuant to an arbitration agreement a dispute between the buyer and the assignee was settled by the Yugoslavian Arbitration Tribunal in Foreign Commercial Matters in Belgrade which held the assignee entitled to recover the purchase price plus interest calculated at 0.2% per day capitalized on a daily basis (meaning an interest rate of 73% per annum and, taking into account the daily capitalization, 107,35% per annum). The assignee filed an action in order to obtain recognition and enforcement of the arbitral award in Austria.
The Court of First Instance granted enforcement of the arbitral award only for the part regarding payment of the purchase price, holding that the interest rate as calculated by the Arbitral Tribunal was contrary to the Austrian Civil Code and to public order. The Appellate Court took instead a different position, as it found - inter alia - that the stipulation of an interest rate of 73% amounted to a penalty clause which, under the Austrian Commercial Code, was valid and thus did not infringe public order. The Appellate Court’s decision was contested both by the buyer and the assignee.
The Supreme Court ruled that, in the case at hand, the application of the interest rate would have as a consequence the payment of an amount greater than the actual debt. In the Court’s view, such a result was to be regarded as an abuse of private autonomy and, as such, not only immoral and void under the Austrian Civil Code, but also contrary to public order. Nor could the excessively high interest rate be justified by invoking Yugoslavia’s high inflation rate at the time the contract had been concluded. Indeed, the agreement between the parties was governed by CISG as, at the time of the conclusion of the contract, the parties had their places of business in different Contracting States (Art. 1(1)(a) CISG) and, on the basis of the criteria set forth in Art. 8 CISG for interpreting statements and other conduct by the parties, it could not be clearly ascertained that the parties had intended to exclude its application. It followed that, under Art. 57(1)(a) CISG, the buyer was bound to make payment at seller's place of business in Yugoslavia; however, since according to the Arbitral Tribunal the purchase price was to be paid in Deutsche Mark (and, starting from 1 January 2002, in Euro), the Court, without mentioning either Art. 78 or Art. 74 CISG, held that the assignee had not been exposed to the Yugoslavian inflation rate.
Fulltext
Zum bisherigen Verfahrensgang wird auf die Entscheidung des erkennenden Senats vom 25. März 2004, AZ 3 Ob 175/03m, 214/03x, im ersten Rechtsgang verwiesen. Mit Schiedsspruch der Außenhandelsarbitrage bei der Wirtschaftskammer Jugoslawiens in Beograd [Belgrad] vom 3. April 2002, Zl. T 20/00, samt Vollstreckbarkeitsbestätigung vom 21. Juni 2002 (im Folgenden nur ausländischer Schiedsspruch), basierend auf der Schiedsvereinbarung vom 10. Februar 2000, wurde die nun verpflichtete Partei dazu verhalten, unter Anwendung jugoslawischen Rechts einer in Novi Sad, Jugoslawien (jetzt Serbien und Montenegro), ansässigen Gesellschaft mbH (Zedentin der nun betreibenden Partei, einer österr. Gesellschaft mbH) binnen 15 Tagen die Hauptschuld von 22.500 DEM zu zahlen (Punkt 2.), ebenso die vereinbarten Zinsen von 0,2% täglich, berechnet "laut Konformmethode" über den Betrag der Hauptschuld vom 15. März 2000 bis zum 29. Dezember 2000 von (kapitalisiert) 18.625,47 DEM (Punkt 3.), sowie die vereinbarten Zinsen von 0,2 % täglich, berechnet laut Konformmethode über den Gesamtbetrag von 41.125,47 DEM, für den Zeitraum vom 29. Dezember 2000 bis zum Tage der Schlusseinzahlung des gesamten Schuldbetrags (Punkt 4.) sowie die Kosten des Schiedsverfahrens und die Vertretungskosten der nunmehrigen Zedentin der betreibenden Partei (Punkt 5.) als Restkaufpreis für gelieferte Pilze. In der Begründung des Schiedsspruchs ist festgehalten, dass die nun verpflichtete Partei trotz ordnungsgemäßer Ladung den Verhandlungen vom 19. Dezember 2001 und 4. Februar 2002 ferngeblieben sei. Der (einzige) Zeuge Miloslav S*****, der mehrere Jahre hindurch für die slowenische Firma A***** als Vertreterin der nun verpflichteten Partei die Ware übernommen habe, habe ausgesagt, dass bei der hier maßgeblichen Lieferung keine Bemängelung von Menge und Qualität der gelieferten Pilze erhoben worden sei. Rechtlich folgerte das Schiedsgericht, dass die nun verpflichtete Partei erst verspätet, nämlich erst Ende Mai 2000 die Rückgabe eines Teiles der Ware verlangt habe. Neben der Verpflichtung zur Zahlung der Hauptschuld sei der "Angeklagte" (nun verpflichtete Partei) auch verpflichtet, die Zinsen zu zahlen. Der Anspruch des „Anklägers" (Zedentin der nun betreibenden Partei), der sich auf Verrechnung der Zinsen laut der Konformmethode beziehe, sei im Rahmen der positiven Vorschriften des jugoslawischen Rechts, und der Schiedsrichter halte deshalb diesen Antrag als (ge)rechtfertigt. Für die vorliegende Entscheidung über die Zulässigkeit der Vollstreckbarkeit dieses Schiedsspruchs in Österreich und der folgenden Exekutionsbewilligung, die die verpflichtete Partei mit behaupteten Verstößen gegen den ordre public (wegen Fälschung der Schiedsvereinbarung, behaupteter Falschaussage eines Zeugen vor dem Schiedsgericht und der Höhe der Zinsen von 73 % p.a. bei täglicher „Abrechnung" = Kapitalisierung) bekämpft, sind folgende zwischenstaatlichen Übereinkommen und Abkommen relevant:
1.) das Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. Juni 1958 BGBl 1961/200, dessen Mitgliedsstaat die Republik Österreich ist und das aufgrund der Kontinuitätserklärung BGBl III 2001/126 für die Bundesrepublik Jugoslawien weiterhin gilt (im Folgenden nur NYÜ);
2.) das Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen und Schiedsvergleichen in Handelssachen vom 18. März 1960 BGBl 1961/115, das gemäß der Kundmachung des Bundeskanzlers BGBl III 1997/156 im Verhältnis zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Jugoslawien weiterhin bindend ist (im Folgenden nur VA-JU), und
3.) das Genfer Europäische Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 21. April 1961 BGBl 1964/107, dessen Mitgliedsstaat die Republik Österreich ist und an welches sich die Bundesrepublik Jugoslawien gemäß der Kundmachung BGBl III 2001/211 rückwirkend mit 27. April 1992 gebunden erachtet (im Folgenden nur EÜ). Dieses ist anzuwenden, wenn die Parteien einer Schiedsvereinbarung zum Zeitpunkt ihres Abschlusses ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihren Sitz in verschiedenen Vertragsstaaten des EÜ hatten (Art. I Abs 1 lit. a). Im Folgenden wird als Sitzstaat (auch Ursprungs- oder Erststaat) der Staat bezeichnet, in dem das Schiedsverfahren stattfand und der Schiedsspruch erging; Vollstreckungs- oder Zweitstaat ist die Republik Österreich.
Die betreibende Partei begehrte die Vollstreckbarerklärung des ausländischen Schiedspruchs für Österreich, jedoch nur eingeschränkt dessen Exekution in Österreich mit folgendem Vorbringen: Die im Schiedsspruch zur Verzinsung der zugesprochenen Forderung angeführte "Konformmethode" bedeute eine tägliche Kapitalisierung der geltend gemachten Forderung, im Exekutionsantrag werde diese Kapitalisierung nur insoweit geltend gemacht, als sie bereits im Schiedsspruch ziffernmäßig festgehalten worden sei. Das Erstgericht erklärte mit Beschluss ON 2 den Punkt 2.) des Schiedsspruchs, soweit die verpflichtete Partei zur Zahlung von 22.500 DEM als Hauptschuld verpflichtet wurde, in Österreich für vollstreckbar. Den darüber hinausgehenden Antrag, diesen ausländischen Exekutionstitel auch in Ansehung der Nebenforderungen (Punkte 3. und 4. des Schiedsspruchs), somit in Ansehung von 18.625,47 DEM an kapitalisierten Zinsen für den Zeitraum 15. März bis 29. Dezember 2000 mit einem Zinssatz von 0,2 % pro Tag und 0,2 % Zinsen täglich aus 41.125,47 DEM ab 29. Dezember 2000 (im Beschluss offenbar irrtümlich 20. Dezember 2000) in Österreich für vollstreckbar zu erklären, wies der Erstrichter ab. Er bewilligte zur Hereinbringung des für vollstreckbar erklärten Betrags die aus dem Spruch ersichtliche Forderungs- und Fahrnisexekution. Dazu führte das Erstgericht im Wesentlichen aus, anzuwenden sei das VA-JU BGBl 1961/115. Aus dem Inhalt des Schiedsspruchs gehe hervor, dass die verpflichtete Partei am Schiedsverfahren beteiligt gewesen sei und Einwendungen erhoben habe, weshalb die Voraussetzung für die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung gemäß Art. 2 lit. a des VA-JU gegeben sei. Der Zuspruch von Zinsen von 73 % und mehr p.a. sei aber mit der österr. Rechtsordnung völlig unvereinbar, sodass insoweit wegen Verletzung des § 879 ABGB und damit des ordre public der Versagungsgrund nach Art. 2 lit. c VA-JU bestehe. Der Rechtsübergang der Forderung der Verkäuferin (Zedentin) an die nun betreibende Partei sei iSd § 9 EO nachgewiesen. Im Rekursverfahren trug die verpflichtete Partei vor, die Voraussetzungen der Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs seien weder nach dem VA-JU, dem EÜ und dem NYÜ gegeben. Die verpflichtete Partei habe die Schiedsklausel nicht wirksam unterfertigt; die darauf befindliche Unterschrift sei gefälscht, sodass die Schiedsklausel ungültig sei. Die verpflichtete Partei habe keine Möglichkeit gehabt, sich am schiedsgerichtlichen Verfahren zu beteiligen. Überdies beruhe der Schiedsspruch auf einer falschen Aussage eines Zeugen; die Vollstreckung eines derartigen Schiedsspruchs sei ordre public-widrig. Im zweiten Rechtsgang hob die zweite Instanz in Stattgebung des Rekurses der verpflichteten Partei den erstinstanzlichen Beschluss auf und trug dem Erstgericht die neuerliche, nach Verfahrensergänzung zu fällende Entscheidung auf. Die betreibende Partei wurde mit ihrem Rekurs auf diese Entscheidung verwiesen. In rechtlicher Hinsicht verneinte das Rekursgericht, soweit jetzt noch relevant, eine Verletzung des ordre public, weil ein Zinssatz von 73 % p.a. vom Kapitalbetrag unter Berücksichtigung einer täglichen Kapitalisierung des Zinsenbetrags jedenfalls bei Kapitalgesellschaften (und damit Vollkaufleuten) gängige Geschäftspraxis sei; sie es doch üblich, den gesetzlichen Zinssatz bei weitem übersteigende Verzugszinsen zu vereinbaren, vergleichbar einer nach der österr. Rechtsordnung zulässigen Konventionalstrafe, welche gemäß §§ 348, 351 HGB unter Vollkaufleuten nicht dem richterlichen Mäßigungsrecht nach § 1336 Abs 2 ABGB unterliege. Da die verpflichtete Partei im Schiedsverfahren eine Rüge unterlassen habe, die Schiedsvereinbarung vom 10. Februar 2000 nicht geschlossen zu haben, widerspreche auch die Unterziehung der Schiedsvereinbarung nicht dem ordre public. Dass die Schiedsklausel aufgrund einer Unterschriftenfälschung nicht rechtsgültig vereinbart worden sei, stelle ein inhaltliches, nur vom Schiedsgericht überprüfbares Argument dar, das aber selbst nach österr. Recht keinen Wiederaufnahmegrund iSd § 530 Abs 1 Z 7 ZPO bilde, der über § 595 Abs 1 Z 7 ZPO zur Aufhebung eines Schiedsspruchs führen könne. Durch die Einlassung in das Schiedsverfahren seien außerdem auch allfällige, bis dahin unterlaufene Zustellmängel geheilt.
Als überprüfungsrelevant erweise sich aber die von der verpflichteten Partei relevierte Falschaussage des Zeugen Miloslav S***** im Schiedsverfahren. Auch nach österr. Recht stelle eine falsche Zeugenaussage den Wiederaufnahmegrund des § 530 Abs 1 Z 2 und 7 ZPO her und ermögliche eine Aufhebung des Schiedsspruchs nach § 595 Abs 1 Z 7 ZPO; es verstehe sich von selbst, dass im Falle einer falschen Zeugenaussage die Anerkennung der Vollstreckbarkeit eines (darauf basierenden) Schiedsspruchs gegen die nach allen internationalen Vertragswerken relevante öffentliche Ordnung verstieße. Aufgrund der von der verpflichteten Partei zum Beweis der falschen Zeugenaussage im Vollstreckungsverfahren beantragten Zeugeneinvernahme müsse zu deren Durchführung der erstinstanzliche Beschluss aufgehoben werden. Die - von der zweiten Instanz zugelassenen - Revisionsrekurse beider Parteien sind zulässig; der Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist nicht berechtigt. Der Revisionsrekurs der verpflichteten Partei ist dagegen teilweise - nur soweit er sich gegen die Vollstreckbarkeit der Zinsenforderung richtet - berechtigt, wobei es aus darzustellenden rechtlichen Gründen der von der zweiten Instanz aufgetragenen Verfahrensergänzung nicht bedarf. Die Rechtsmittel werden gemeinsam behandelt.
Rechtssatz
[...]
c.3.) Der erkennende Senat erachtet allerdings den von der verpflichteten Partei in Hinblick auf die Höhe der im Schiedsspruch zugesprochenen Zinsen geltend gemachten Verstoß gegen den ordre public als gegeben: Nach Art. 1 des Anhangs Nr. 2 zum Kaufvertrag war Zahlungstermin für den Kaufpreis binnen 30 Tagen vom Verladungstage der Ware. Nach der Übersetzung des Textes von Anhang 2 des Vertrags des Zedentin mit der verpflichteten Partei werden „nach dieser Frist Zinsen von 2 % täglich abgerechnet". Das Schiedsgericht hat nach dem Spruch seiner Entscheidung der Zedentin an Nebengebühren zugesprochen Zinsen von 0,2 % täglich, "berechnet laut Konformmethode" (somit mit täglicher Kapitalisierung) über den Betrag der Hauptschuld vom 15. März 2000 bis zum 29. Dezember 2000 von 18.625,47 DEM - hat somit bis zu dem letztgenannten Tag die Zinsen bereits kapitalisiert -, sowie die vereinbarten Zinsen von 0,2 % täglich, ebenfalls "berechnet laut Konformmethode" über den Gesamtbetrag von 41.125,47 DEM (Kapitalsbetrag und kapitalisierte Zinsen), für den folgenden Zeitraum vom 29. Dezember 2000 bis zum Tage der Schlusseinzahlung des gesamten Schuldbetrags, dh 0,2 % Zinsen täglich aus 41.125,47 DEM ab 29. Dezember 2000. Nach der bisherigen Rsp des Obersten Gerichtshofs widerspricht ein aus dem Titel des Schadenersatzes nach einer ausländischen Rechtsordnung möglicher Zuspruch von Zinsen auf Grund eines Zinssatzes, der weit über den inländischen gesetzlichen Verzugszinsen lieg, (noch) nicht dem ordre public. Ähnliches hat auch für die Vereinbarung eines im betreffenden Ausland geltenden gesetzlichen Zinssatzes, auch wenn dieser weit über dem inländischen gesetzlichen Zinssatz liegt (6 Ob 511/84, 7 Ob 229/98x zu Zinsen von 26 % pa [Italien] und 35 % pa [Polen]; RIS-Justiz RS0016669), zu gelten. Der deutsche BGH hat in seiner E NJW 1993, 1801 ausgesprochen, dass ein inflationsbedingter Zinssatz bei einem italienischen Urteil von bloß „mehr als 30 % im Jahr" nicht als der deutschen öffentlichen Ordnung widersprechend angesehen werden könne. Auch auf Vertrag beruhende Verzugszinsen unterliegen genauso wie Darlehens- oder Kreditzinsen den Grenzen der Sittenwidrigkeit (vgl. Welser in Koziol/Welser, Bürgerliches Recht12 II 33). Einerseits enthält die Bestimmung des § 1335 ABGB durch das Verbot des ultra alterum tantum eine Art "Wuchergrenze" (Welser aaO), weil rückständige Zinsen das uneingeklagte Kapital nicht übersteigen dürfen; dies ist auch von Amts wegen zu berücksichtigen (SZ 10/50, SZ 55/44; RIS-Justiz RS0031987). Allerdings war bis zu den Änderungen durch das Zinsenrechts-ÄnderungsG BGBl I 2002/118 zufolge Art 8 Nr 7 EVHGB § 1335 ABGB bei Handelsgeschäften wie hier nicht anzuwenden, nach der Aufhebung des Art 8 Nr 7 EVHGB und der Neufassung wurde § 1335 ABGB dahin ergänzt, dass dieses Verbot nicht anzuwenden ist, sofern es sich um Geldforderungen gegen einen Unternehmer aus unternehmerischen Geschäften handelt. Dies ist hier der Fall, standen sich nach dem Aktenstand im Schiedsverfahren zwei Kapitalgesellschaften (vgl für die Zedentin Beilage C), dh ihrer Stellung nach auch wirtschaftlich gleichwertige Partner, gegenüber.
Deshalb kann hier das von der verpflichteten Partei gar nicht geltend gemachte Verbot des ultra alterum tantum - für sich allein - nicht relevant sein. Zwar beruht die im ausländischen Schiedsspruch festgesetzte Höhe der Verzugszinsen auf einer Vereinbarung der Parteien und war nach dem Recht des Sitzstaates offenbar nicht unzulässig. Nach der österr. Rechtsordnung bestehen, abgesehen von der bereits erwähnten Bestimmung des § 1335 ABGB zufolge der Vertragsfreiheit beim vertragsmäßigen Zinssatz keine Schranken, solange nicht die Voraussetzungen des § 879 Abs 2 Z 4 ABGB vorliegen. Hinweise auf eine wucherische, dh die Tatbestandsmerkmale des § 879 Abs 2 Z 4 ABGB erfüllende Vereinbarung fehlen jedoch. Eine Heranziehung der Generalklausel des § 879 Abs 1 ABGB ist jedoch dann möglich und geboten, wenn ein den individuellen Fall prägendes, besonderes zusätzliches Element der Sittenwidrigkeit hinzukommt. Auch bei Fehlen der in § 879 Abs 2 Z 4 ABGB genannten Voraussetzungen könnte bei auffallendem Missverhältnis der beiderseitigen Leistungen Sittenwidrigkeit des Vergleichs nach § 879 Abs 1 ABGB vorliegen, wenn ein zusätzliches diesen Mangel ausgleichendes Element der Sittenwidrigkeit hinzutritt, wie etwa die für den anderen erkennbare Bedrohung der wirtschaftlichen Existenz des Anfechtenden (SZ 42/2; 1 Ob 193/02t ua; RIS-Justiz RS0016476). Selbst im Falle einer nach § 879 ABGB sittenwidrigen Zinsenvereinbarung muss zwar noch nicht notwendig ein Verstoß gegen den österr. ordre public vorliegen, wie eben ein bloßer Verstoß gegen zwingende Vorschriften des Vollstreckungsstaates für sich allein eine Verletzung des ordre public nämlich nicht herstellt, solange kein Verstoß gegen grundlegende inländische Wertvorstellungen gegeben ist (vgl 6 Ob 242/98a; Burgstaller/Höllwerth in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 81 Rz 12 mwN). Aus § 879 ABGB ergibt sich aber ganz allgemein, dass die österr. Rechtsordnung eine ihre Normen und Grundsätze missachtende privatautonome Rechtsgestaltung nicht duldet. Ein Missbrauch der Privatautonomie wird durch die Anordnung der Nichtigkeit der unerwünschten Rechtsgeschäfte verhindert (Krejci in Rummel3, § 879 ABGB Rz 1). Wie von den Vorinstanzen zutreffend erkannt wurde und in den Rechtsmittelschriften nicht bestritten wird, entspricht eine Verzinsung von 0,2% täglich einem Zinssatz von 73 % pa Im vorliegenden Fall muss allerdings noch berücksichtigt werden, dass in dem im Schiedsspruch zugesprochenen Betrag bereits kapitalisierte Zinsen enthalten sind, die ab 29. Dezember 2000 wiederum mit 73 % pa verzinst werden (Zinseszinsen), und vor allem eine tägliche Kapitalisierung ("Konformmethode") Inhalt des Schiedsspruchs ist. Es erweist sich im vorliegenden Fall die Kombination einer Zinsenvereinbarung von 0,2% täglich = 73 % Zinsen p.a. in Verbindung mit einer täglichen Kapitalisierung nicht nur als sittenwidrig iSd § 879 Abs 1 ABGB, sondern auch als gegen den österr. ordre public verstoßend, weil dies nach dem Formalismus zur Determinierung der effektiven Jahresverzinsung eine effektive Jahresverzinsung von 107,35 % ergibt.
Bereits im ersten Jahr übersteigen daher die Verzugszinsen (als eine Entschädigung für eine verspätete Zahlung und damit echter Schadenersatz) das begehrte Kapital (Restkaufpreis) und verletzen damit tragende Grundwertungen des österr. Schuldrechts. Dem Schiedsspruch selbst ist eine Begründung für einen solchen zugesprochenen - auf Vereinbarung beruhenden - Effektivzinssatz nicht zu entnehmen. Auf die Inflationsrate in Serbien und Montenegro könnte sich die Zedentin und die betreibende Partei nicht berufen. Amtsbekannt ist (Publikation Research Report No 308 von Juli 2004 des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche WIIW [The Vienna Institute for International Studies] von Gligorov/Pöschl/Richter et al. "As East You Go, the More They Grow: Transition Economics in a New Setting", 81), dass die Inflationsrate im Sitzstaat nach dem vergleichbaren Verbraucherpreisindex 1999 44,9 %, 2000 (Jahr der Schiedsvereinbarung) 86,0 %, 2001 88,9 % und 2002 (Jahr des Schiedsspruchs) immer noch 16,5 % betrug. Allerdings bestand für die Zedentin und die nun betreibende Partei aus nachstehenden Erwägungen nicht die Gefahr eines Währungsverlustes, der durch einen entsprechend hohen Zinssatz ausgeglichen werden müsste: Bei Vertragsabschluss stand das UN-Kaufrecht (UN-K) sowohl in Jugoslawien [nun Serbien und Montenegro] (seit 1. Jänner 1988) als auch in Österreich (seit 1. Jänner 1989) in Geltung. Nach Mitteilung des Generalsekretärs der Vereinten Nationen hat Jugoslawien [nun Serbien und Montenegro] am 12. März 2001 erklärt, sich rückwirkend mit 27. April 1992 weiterhin an das Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf (BGBl 96/1988, letzte Kundmachung des Geltungsbereichs BGBl III 2000/193) gebunden zu erachten (BGBl III 2001/108). Die Parteien, die ihre Niederlassung in verschiedenen Staaten haben, schlossen einen Liefervertrag über Waren ab (Art 1 Abs 1 lit a UN-K). Grundsätzlich war daher das UN-K als - Teil der jugoslawischen Rechtsordnung - von der Rechtswahl mitumfasst. Ist das UN-K anwendbar, so müssen die Parteien, die seine Anwendung nicht wollen, eine entsprechende Ausschlussvereinbarung treffen; einen Anwendungsausschluss behauptet keine der Parteien. Ergibt sich unter Zugrundelegung der in Art. 8 UN-K für die Auslegung von Erklärungen und Verhalten einer Partei festgeschriebenen Maßstäbe nicht mit hinreichender Deutlichkeit, dass ein Ausschluss gewollt ist, so bleibt es bei der Anwendung des UN-K (1 Ob 77/01g = SZ 74/178 = ÖBA 2002, 651 = RdW 2002, 276 = ecolex 2002, 247 = ZfRV 2002, 74 mwN aus Lehre und Rsp). Nach dem Schiedsspruch ist der Restkaufpreis in DEM, somit in ausländischer Währung, zu zahlen. Der Zahlungsort lag mangels vertraglicher Vereinbarung nach der Auslegungsregel des Art. 57 Abs 1 lit. a UN-K (Ort der nach Art. 10 UN-K zu bestimmenden Niederlassung der Verkäuferin = Zedentin) in Jugoslawien. Es handelt sich insoweit um eine Bringschuld. Kriterium der echten Fremdwährungsschuld (Valutaschuld) ist es, dass der Gläubiger den Anspruch auf Zahlung in Fremdwährung hat, wogegen bei der unechten Fremdwährungsschuld dem Gläubiger eine Forderung nur in inländischer Währung zusteht und die Angabe der fremden Währung lediglich als Rechnungsgrundlage zur Ermittlung des geschuldeten Schillingbetrags dient (eingehend 1 Ob 77/01g mwN aus Lehre und Rsp). Lautet die Geldschuld schlechthin auf eine bestimmte ausländische Währung und ist sie im Inland zu erfüllen, so hat der Gläubiger Anspruch auf Zahlung in dieser Währung (bei der vorliegenden Judikatsschuld ex 2002 somit in Euro als "Nachfolgerin" der DEM); ob die österr. Schuldnerin eine Ersetzungsbefugnis hätte, ist irrelevant, weil sie auch in diesem Fall in ihrer Währung, somit in Euro zahlen müsste. Letztlich können auch die Ausführungen der verpflichteten Partei, Zinsen von 73 % pa mit täglicher Kapitalisierung widersprächen dem ordre public, weil sie eine sittenwidrige Knebelung des Schuldners bewirkten, seine wirtschaftliche Existenz bedrohten und zu einer unerträglichen Bereicherung des betreibenden Gläubigers führten, nicht ganz außer Acht gelassen werden, wenngleich die Vorbehaltsklausel primär nicht dem Schutz der einzelnen Inländer, sondern dem Schutz der inländischen Rechtsordnung dient, welche vor dem Eindringen mit ihr vollkommen unvereinbarer Rechtsgedanken, vor der unerträglichen Verletzung tragender Grundwertungen der österr. Rechtsordnung geschützt werden soll (RIS-Justiz RS0016665). Zweck der Verzinsung ist ja der Schutz vor einer Geldentwertung und nicht eine Bereicherung des Gläubigers. Auch Erwägungen einer - von der betreibenden Partei auch gar nicht geltend gemachten - Pönal- und/oder Abschreckungsfunktion können hier nicht ins Treffen geführt werden. Nach Auffassung des erkennenden Senats übersteigen Zinsen von mehr als 100 % pa nicht nur die Grenzen der Sittenwidrigkeit (§ 879 ABGB), sondern verstoßen auch gegen den ordre public und sind demnach ein Hindernis, insoweit einem ausländischen Schiedsspruch die Vollstreckbarkeit zu erteilen. Ohne eindeutig nachvollziehbare Hinweise des ausländischen Schiedsgerichts ist das um Vollstreckbarerklärung angegangene inländische Gericht gehindert, die tatsächlichen Beweggründe zu erforschen. Um den Inhalt des ausländischen Schiedsspruchs über dessen Begründung hinaus zu konkretisieren, müsste sich der inländische Richter notwendigerweise an die Stelle des ausländischen Schiedsrichters setzen. Dazu ist er indes nicht befugt, überdies müsste eine solche unzulässige Ergänzung des Schiedsspruchs weitgehend auf Mutmaßungen beruhen, somit die Rechtssicherheit gefährden. Grundsätzlich erachtet es der erkennende Senat für zulässig, einen ausländischen Schiedsspruch nur teilweise für vollstreckbar zu erklären (vgl dazu 3 Ob 2372/96m). Eine derartige Teilbarkeit kann aber nur dann in Betracht kommen, wenn der ausländische Schiedsspruch, der eine einheitliche Rechtsfolge mit mindestens teilweise ordre public-widrigem Inhalt ausspricht, selbst genügend Anhaltspunkte für eine sichere Aufspaltung in hinzunehmende und für die inländische Rechtsordnung schlechthin unverträgliche Rechtsfolgen enthält. Im vorliegenden Fall ist damit die Vollstreckbarkeit des zugesprochenen Kapitals und die abzulehnende Vollstreckbarkeit der zugesprochenen Zinsen zulässig. Diese Teilbarkeit gilt aber mangels vorliegender Anhaltspunkte im Schiedsspruch nicht für die zugesprochenen Zinsen selbst. Eine Aufteilung etwa nach freiem Ermessen des inländischen Anerkennungsrichters ist ausgeschlossen. Der erkennende Senat kann demnach nicht festlegen, welcher weniger als 107,35 % pa betragende effektive Jahreszinssatz noch toleriert - iS einer Verneinung eines Verstoßes gegen den inländischen ordre public - werden könnte. In teilweiser Stattgebung des Revisionsrekurses der verpflichteten Partei ist in Abänderung des zweitinstanzlichen Aufhebungsbeschlusses der erstinstanzliche Beschluss wieder herzustellen. Das Rechtsmittel der betreibenden Partei ist dagegen aus den genannten Gründen nicht berechtigt.}}
Source
Original in German:
- available at the Legal Information System of the Republic of Austria website, http://www.ris.bka.gv.at
Published in original:
- Internationales Handelsrecht, no. 5/2005, pp. 198-204.}}