Data

Date:
18-12-2002
Country:
Austria
Number:
3 Nd 509/02
Court:
Oberster Gerichtshof
Parties:
- -

Keywords

APPLICATION OF CISG - CONTRACT CONCLUDED WITH A CONSUMER (ART. 2 CISG)

JURISDICTION - 1968 BRUSSELS CONVENTION - JURISDICTION OF COURT FOR PLACE OF PERFORMANCE OF THE SELLER'S OBLIGATION TO PAY A BONUS ON THE PRICE - PLACE OF PERFORMANCE FOR THE OBLIGATION TO PAY THE PRICE (ART. 57(1)(A) CISG) - ART. 57(1)(A) APPLICABLE BY ANALOGY TO DETERMINE PLACE OF PAYMENT OF ALL MONETARY SUMS AT CREDITOR'S PLACE OF BUSINESS

Abstract

A private buyer domiciled in Austria ordered goods from a German company (the seller). A dispute arose concerning an alleged obligation of the seller towards the buyer to pay a sum of money as a bonus on the price for the goods. The Supreme Court had to decide inter alia on the issue of jurisdiction.

To this effect the Court applied Art. 5(1) of the EC Convention on Jurisdiction and Enforcement of Judgements in Civil and Commercial Matters (Brussels 1968), which states that a person domiciled in a Member State may be sued at the place for performance of the obligation in question. In order to ascertain the place of performance for the seller’s alleged obligation to pay the bonus, the Court held CISG applicable, notwithstanding the fact that one of the parties was a consumer (who had assigned its claims to a consumer association) and without making any reference to Art. 2 CISG.

Though CISG does not expressly deal with the place of payment of monetary obligations other than the price, such as return of the price paid or damages, the Court held that Art. 57(1)(a) on payment of price at the seller’s place of business should be applied by analogy to all monetary obligations, being expression of the principle that absent a different agreement of the parties payment should be made at the creditor’s place of business. Therefore it found that the bonus had to be paid at the buyer’s domicile and affirmed the jurisdiction of Austrian courts.

Fulltext

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten
Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des
Obersten Gerichtshofs Dr. Graf und Dr. Sailer als weitere Richter in
der Rechtssache der klagenden Partei Verein für
Konsumenteninformation, [Wien] (...) wider der beklagte Partei S***** GmbH (bisher: D***** GmbH), ***** Bundesrepublik Deutschland, wegen 3.611,84 EUR (= 49.700 S) sA, infolge Antrags auf Bestimmung der Zuständigkeit gemäß § 28 JN,
folgenden
Beschluss
gefasst:

Spruch
1. Das mit Beschluss vom 22. März 2000, AZ 3 Nd 515/99, unterbrochene
Verfahren wird fortgesetzt.
2. Der Antrag der klagenden Partei, für die beiliegende Klage aus den
sachlich zuständigen Gerichten eines zu bestimmen, welches für die
Rechtssache als örtlich zuständig zu gelten habe, in eventu, die
beiliegende Klage an das nicht offenbar unzuständige Bezirksgericht
für Handelssachen Wien, in eventu, an das Bezirksgericht Floridsdorf
zu überweisen, wird abgewiesen.
3. Der Antrag der klagenden Partei auf Kostenzuspruch wird
zurückgewiesen.

Text
Begründung:
In ihrer auf § 5j KSchG gestützten Klage bringt der klagende Verein
im Wesentlichen vor, eine Verbraucherin habe bei der beklagten Partei
diverse Waren bestellt und zugleich eine "Gewinnanforderung"
eingesandt. Die beklagte Partei habe bei ihr am 5. Oktober 1999 in
einer persönlich adressierten Zuschrift den Eindruck erweckt, es
stehe für sie ein Bargeldguthaben von 49.700 S bereit. Beim Kläger
handle es sich um einen Verband gemäß § 29 KSchG, die ursprüngliche
Anspruchsinhaberin habe ihr den Anspruch abgetreten.
Die klagende Partei stellte am 7. Dezember 1999 einen
Ordinationsantrag und regte an, das Bezirksgericht für Handelssachen
Wien, in eventu, das Bezirksgericht Floridsdorf als zuständig zu
bestimmen.
Mit Beschluss vom 22. März 2000 unterbrach der Oberste Gerichtshof
das Verfahren bis zur Erledigung des zu AZ 5 Nd 522/99 eingeleiteten
Vorabentscheidungsverfahrens vor dem Gerichtshof der Europäischen
Gemeinschaften (EuGH).
Nach Vorliegen der Entscheidung des EuGH vom 11. Juli 2002 in der
Rechtssache C-96/00 (= ecolex 2002/226 [Klanser] = WBl 2000/236)
brachte die klagende Partei einen ergänzenden Schriftsatz ein und
regte die erneute Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens an.
Demnach solle an den EuGH die Frage herangetragen werden, ob nach den
(Übergangs-)Vorschriften der Verordnung (EG) Nr 44/2001 des Rates vom
22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die
Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und
Handelssachen (Brüssel I-Verordnung) ein Antrag auf Bestimmung des
örtlich zuständigen Gerichts iS von § 28 JN ("Ordinationsantrag")
eine "Klage" iS von Art 66 Abs 1 Brüssel I-Verordnung (EuGVVO) sei.
Dazu vertrat die klagende Partei die Auffassung, die genannte
Verordnung sei im vorliegenden Fall noch nicht anwendbar, weil schon
der Ordinationsantrag vom 7. Dezember 1999 als Klage iS von Art 66
Abs 1 EuGVVO zu betrachten sei.

Rechtssatz
Der Oberste Gerichtshof hat hiezu erwogen:
a) Zunächst ist festzuhalten, dass das Verfahren über den
Ordinationsantrag fortzusetzen ist, nachdem infolge Vorliegen der
obgenannten Entscheidung des EuGH der Unterbrechungsgrund weggefallen
ist.
b) In der Frage des anzuwendenden Verfahrensrechts ist der klagenden
Partei darin zuzustimmen, dass auf den bereits 1999 eingebrachten
Antrag noch nicht die Bestimmungen der EuGVVO anzuwenden sind. Dies
würde nämlich nach deren Art 66 Nr 1 voraussetzen, dass die Klage
nach Inkrafttreten dieser Verordnung erhoben worden wäre. Nun könnte
zwar argumentiert werden, die Klage werde erst in dem Zeitpunkt
eingebracht, in dem sie bei dem vom Obersten Gerichtshof nach Art 28
JN für zuständig erklärten Gericht einlangt. Gerade in einem Fall wie
dem vorliegenden, in dem dem Antrag eine mit der Unterschrift eines
Rechtsanwalts versehene vollständige Klage angeschlossen war, kann
jedoch kein Zweifel daran bestehen, dass schon mit Erhebung des
Ordinationsantrags auch die Klage iSd Art 66 Nr 1 EuGVVO erhoben
wurde. Folgte man nämlich der in der neueren Literatur zur EuGVVO
vertretenen Ansicht, dass ungeachtet seines einschränkenden
Einleitungssatzes Art 30 EuGVVO auch zur Auslegung des Art 66 EuGVVO
herangezogen werden kann, also die Klagserhebung autonom zu
beurteilen ist, könnte kein Zweifel bestehen, dass die mit dem
Ordinationsantrag vorgelegte Klage als das verfahrenseinleitende
Schriftstück anzusehen ist und - unter der Voraussetzung, dass der
Kläger es in der Folge nicht versäumt hat, die ihm obliegenden
Maßnahmen zu treffen, um die Zustellung des Schriftstücks an den
Beklagten zu bewirken - damit die Klage bereits iSd Art 66 leg cit
erhoben wurde. Dies erscheint es dem erkennenden Senat klar, dass für
einen vernünftigen Zweifel kein Raum bleibt. Demnach ist auf den
vorliegenden Antrag samt Klage noch das EuGVÜ anzuwenden.
Zu diesem hat der EuGH in seiner Entscheidung vom 11. Juli 2002
Rs-96/00 zwar die Frage ausdrücklich offen gelassen, ob bei einem
ganz vergleichbaren Sachverhalt betreffend die auch hier beklagte
Partei Art 5 Z 1 Nr 1 (nach der Sprache des EuGH) des EuGVÜ
anzuwenden wäre. Er hat jedoch eindeutig entschieden, dass der
Anspruch auf einen Gewinn nach § 5j KSchG unter Art 13 Abs 1 Z 3
dieses Übereinkommens fällt, und auch eine untrennbare Verbindung
zwischen der Gewinnzusage und der Warenbestellung bejaht. Daraus
folgt aber, dass hier Gegenstand des Verfahrens ein Vertrag bzw ein
Anspruch aus einem Vertrag iSd Art 5 Z 1 EuGVÜ ist.
c) Zu prüfen ist daher nur noch, ob auch der Erfüllungsort nach
dieser Bestimmung in Österreich liegt, weil nur bei Fehlen der
Voraussetzungen für die örtliche Zuständigkeit eines inländischen
Gerichts eine Ordination stattzufinden hat (§ 28 Abs 1 JN).
Es ist zu diesem Zweck das auf den hier behaupteten Vertrag
anzuwendende Recht festzustellen und schließlich nach diesem zu
prüfen, ob ein inländischer Erfüllungsort vorliegt (vgl 6 Ob 27/01s
[insoweit unveröffentlicht]). Wie bereits dargelegt, wird von der
klagenden Partei das Vorliegen des Kaufvertrags behauptet, weshalb
darauf das UN-Kaufrechtsabkommen (UN-KR) anzuwenden ist, weil dessen
Ausschluss im Vertrag weder behauptet wurde, noch hervorgekommen ist.
Damit erübrigt sich aber der Rückgriff auf das IPR (4 Ob 299/97t =
JBl 1998, 379 = EvBl 1998/57 = RZ 1999/9 = ZfRV 1998, 167 = ecolex
1998, 312 ua; zuletzt 6 Ob 27/01s). Das UN-KR enthält nun -
ebensowenig wie für Schadenersatz- und Rückzahlungsansprüche (vgl
dazu etwa Hager in Schlechtriem, Kommentar zum einheitlichen
UN-Kaufrecht³ Art 57 Rz 25) - keine ausdrückliche Regelung über den
Erfüllungsort eines nach dem Vertrag bestehenden, hier von der
klagenden Partei behaupteten Gewinnzahlungsanspruchs. Allerdings
bestimmt Art 57 Abs 1 lit a UN-KR, dass Erfüllungsort der
Kaufpreisschuld, die als Bringschuld beurteilt wird, der Sitz des
Verkäufers ist. Es erscheint daher gerechtfertigt, dasselbe Prinzip
auch auf sonstige Geldzahlungsansprüche analog mit der Wirkung
anzuwenden, dass auch hier Erfüllungsort der Sitz des Gläubigers der
Geldforderung ist (so zutreffend Hager, aaO; Witz in
Witz/Salger/Lorenz, International Einheitliches Kaufrecht Art 57
UN-KR Rz 4; weitere Nachweise bei Schnyder/Straub in Honsell,
Kommentar zum UN-Kaufrecht Art 57 Rz 31; aA allerdings die Genannten,
aaO Rz 30). Nach der abweichenden Ansicht müsste der Zahlungsort aus
der jeweils verletzten Verpflichtung respektive der die Zahlung
anordnenden Bestimmung abgeleitet werden. Dass daraus für einen
Anspruch wie den vorliegenden eine Qualifikation etwa als Holschuld
folgen würde, ist allerdings ohnehin nicht erkennbar.
Daraus folgt für den vorliegenden Fall, dass Erfüllungsort des
behaupteten Gewinnauszahlungsanspruchs der Wohnsitz des
Vertragspartners der beklagten Partei, also der Verbraucherin - die
ihren Anspruch an die klagende Partei abtrat - ist, der sich nach
deren Behauptungen in Österreich befindet. Damit liegen aber die
Voraussetzungen der Ordination nach § 28 JN nicht vor. Der Antrag ist
daher abzuweisen.
Da die klagende Partei hier eine Klage eingebracht hat, die im
streitigen Zivilverfahren zu behandeln ist, liegt eine streitige
bürgerliche Rechtssache vor (§ 28 Abs 4 JN). Demnach kommt eine
Überweisung nach § 44 JN, die dort nur für Außerstreitsachen,
Exekutionssachen, Anträge auf Erlassung einstweiliger Verfügungen und
das Konkursverfahren vorgesehen ist, nicht in Betracht.
Ein Kostenersatz findet im einseitigen Ordinationsverfahren, dem die
beklagte Partei nicht beigezogen wurde, nicht statt (10 Nd 502/01; 10
Nd 507/01 ua).}}

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