Data

Date:
25-11-2002
Country:
Germany
Number:
8 O 68/02
Court:
Landgericht Saarbrücken
Parties:
--

Keywords

RIGHT TO INTEREST (ART. 78 CISG)– INTEREST RATE – TO BE DETERMINED BY DOMESTIC LAW - RIGHT TO FURTHER INTEREST AS DAMAGES (ART. 74 CISG)

Abstract

A German seller and an English buyer entered into a contract for the sale of articles of clothing. According to the seller´s written standard terms the Court of Saarbrücken, Germany, had jurisdiction over any dispute that might arise between the parties. As the buyer refused to pay, the seller brought an action against him to recover the purchase price.

First of all, the Court affirmed its jurisdiction to hear the case, because it found that the parties had validly reached an agreement as to jurisdiction. In reaching this conclusion, the Court found it sufficient that the seller had handed over its standard terms also in English to the buyer.

Moreover, the Court held CISG applicable in the case at hand because German private international law led to the application of the law of Germany, a Contracting State (Art. 1(1)(b) CISG).

Since the purchase price claim was not disputed by the buyer, the Court addressed the issue as to how the interest rate was to be determined (Art. 78 CISG). After recalling that this matter is not governed by the CISG, and finding that Art. 9 CISG did not apply to the case at hand, it applied the otherwise applicable domestic law (i.e., German law). The seller was then awarded further damages under Art. 74 CISG corresponding to the rate of interest actually paid to its bank.

Fulltext

(...)

Die Klägerin betreibt ein Bekleidungsgroßhandelsunternehmen, der Beklagte betreibt in England ein Bekleidungsgeschäft. Zu Beginn der geschäftlichen Beziehungen der Parteien sind dem Beklagten die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin in englischer und deutscher Sprache übergeben worden. Dort ist unter Punkt 6 als Gerichtsstand Saarbrücken vereinbart worden. Der Beklagte bestellte bei der Klägerin Bekleidungsartikel, die ihm geliefert und im Jahr 1998 mit insgesamt 7.146,67 englischen Pfund in Rechnung gestellt worden sind. Bei einem Umrechnungskurs von 3,016 DM pro englischen Pfund ergibt dies einen Betrag von 21.588,38 DM.
Am 27.12.1999 hat die Klägerin einen Mahnbescheid über 21.588,38 DM nebst 12 % Zinsen seit 4.5.1998 gegen den Beklagten beantragt, der am 18.2.2000 erlassen und dem Beklagten am 12.5.2000 zugestellt worden ist.
Am 10.1.2001 hat der Beklagte einen Betrag in Höhe von 1.429,50 DM an die Klägerin gezahlt. Diesbezüglich hat die Klägerin den Rechtsstreit für erledigt erklärt.
Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 11.022,62 EUR nebst 12 % Zinsen seit 4.5.1998 zu zahlen, abzüglich am 10.1.2001 gezahlter 730,89 EUR.
Der Beklagte stellt keinen Antrag.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig. Die von Amts wegen zu prüfende internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit ist gegeben, weil die Parteien als Gerichtsstand Saarbrücken vereinbart haben. Die Wirksamkeit der Regelung richtet sich nach Art. 17 Abs. 1 lit. a) EuGVÜ, weil sie vor dem 28.2.2002 geschlossen worden ist und weil Deutschland und das Vereinigte Königreich Unterzeichnerstaaten des EuGVÜ und der ab 1.3.2002 geltenden EuGVVO sind (vgl. Art. 66 Abs. 1 EuGVVO).
Die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin sind dem Beklagten zu Beginn der geschäftlichen Beziehungen der Parteien in englischer und deutscher Sprache übergeben worden. Sie sind auch anschließend Gegenstand der vertraglichen Beziehungen zwischen den Parteien geworden, so dass der Gerichtstand in Saarbrücken gemäß Art. 17 Abs. 1 lit. a) EuGVÜ wirksam vereinbart worden ist.

In der Sache ist die Klage begründet. Auf die Rechtsbeziehungen der Parteien ist das Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf (CISG vom 11.4.1980 [BGBl 1989 I 1589, berichtigt BGBl 1990 II 1699]) anzuwenden, das in Deutschland am 1.1.1991 in Kraft getreten ist. Für Kaufverträge über Warenlieferungen gilt immer dann das UN-Kaufrecht, wenn die Parteien bei Vertragsschluss ihre Niederlassung erkennbar jeweils in verschiedenen Staaten haben (Art. 1 Abs. 1, 1. Halbs., Abs. 2 CISG) und der Sachverhalt darüber hinaus einen Bezug zu mindestens einem Vertragsstaat aufweist. Dieser Bezug liegt vor, wenn die Staaten, in denen der Verkäufer und der Käufer ihre Niederlassung haben, beide Vertragsstaaten sind oder wenn die Vorschriften des internationalen Privatrechts auf die Rechtsordnung eines Vertragsstaats verweisen (Art. 1 Abs. 1 lit. b) CISG). Soweit eine Rechtswahl nicht feststellbar ist, unterliegen Exportgeschäfte in Deutschland ansässiger Verkäufer mit Käufern die keine vertragsbezogene Niederlassung in einem Vertragsstaat des UN-Kaufrechts haben, nach Maßgabe des Art. 28 EGBGB im Zweifel dem deutschen Recht und damit nach Art. 1 Abs. 1 lit. b) CISG ebenfalls dem UN-Kaufrecht. So liegt der Fall hier. Da die Waren auch nicht für den privaten Gebrauch bestimmt sind (Art. 1 Abs. 1 lit. a, Art. 2, Art. 3 Abs. 1 CISG), ist das UN-Kaufrecht anwendbar. Nach Art. 53 CISG hat die Klägerin gegen den Beklagten einen Anspruch auf den Kaufpreis in Höhe von 21.588,38 DM, was von dem Beklagten auch nicht bestritten wird.

Wegen der nach Rechtshängigkeit erfolgten Teilzahlung in Höhe von 1.429,50 DM hat die Klägerin den Rechtsstreit für erledigt erklärt. Auch wegen des darin enthaltenen Feststellungsantrags ist die Klage begründet, da im Zeitpunkt der Zustellung der Klage der Anspruch in vollem Umfang bestand. Unter Berücksichtigung der Teilerledigung besteht ein Restanspruch in Höhe von (21.588,38 DM - 1.429,50 DM =) 20.158,88 DM, bzw. (11.037,96 EUR - 730,89 EUR =) 10.397,07 EUR.
Nach Art. 78 CISG ist der nicht rechtzeitig bezahlte Verkäufer ohne weitere Voraussetzungen berechtigt, Zinsen auf die ausstehenden Zahlungen zu verlangen.

Der maßgebende Zeitpunkt ist der 4.5.1999, wie im Mahnbescheid beantragt und dargelegt, bei dem Datum 4.5.1998 in der Klageschrift handelt es sich um einen offensichtlichen Schreibfehler, denn zu diesem Zeitpunkt war die Ware weder bestellt noch geliefert, sondern erst im Zeitraum 3.9. bis 11.12.1998. Das UN-Kaufrecht regelt jedoch lediglich den Zinsanspruch dem Grunde nach und trifft keine Aussage zur Höhe der Zinsen. Soweit die Parteien hierzu keine Absprache getroffen haben, sind in erster Linie nach Art. 9 CISG beachtliche Gebräuche zu berücksichtigen. Solche sind hier weder dargelegt, noch sonst ersichtlich. Im Übrigen ist der gesetzliche Zinssatz der Rechtsordnung maßgeblich, die nach den IPR- Regeln des Forums für die von dem UN-Kaufrecht nicht abgedeckten Rechtsfragen gilt. Insofern ist die deutsche Rechtsordnung nach Art. 28 Abs. 2 EGBGB maßgeblich. Der Vertrag hat die engsten Verbindungen mit Deutschland, denn die in Deutschland ansässige Klägerin hatte als Verkäuferin die charakteristische Leistung (Lieferung der Kaufsache) zu erbringen. Da das deutsche EGBGB zum Zinssatz keine Aussage trifft, ist auf die § 352, 353 HGB zurückzugreifen, die einen gesetzlichen Zinssatz von 5 % vorgeben. Über den gesetzlichen Zinssatz hinausgehende Zinsnachteile kann der Verkäufer als Schadensersatz geltend machen (Art. 74,78 CISG). Ausreichend ist, dass der Verkäufer über die maßgebliche Zeit Kredit in entsprechendem Umfang in Anspruch genommen hat; nicht erforderlich ist hingegen, dass die Kreditaufnahme gerade infolge der Zahlungsverzögerung des Käufers erfolgte. Die Voraussetzungen der Art. 74, 78 CISG liegen unstreitig vor, denn die Klägerin nimmt Bankkredit in Anspruch und zahlt hierfür 12 % Zinsen, so dass die Klage auch wegen des Zinsanspruchs begründet ist.
Da der Beklagte innerhalb der gerichtlich gesetzten Frist zur Abgabe die Verteidigungsanzeige von 4 Wochen ab Zustellung der Klagebegründung nicht erwidert hat, war auf Antrag der Klägerin durch Versäumnisurteil zu erkennen (§ 331 Abs. 3 Satz 1, § 276 Abs. 1 Satz 3 ZPO).}}

Source

Published in original:
- (excerpt) Internationales Handelsrecht, n.2/2003, 70-71
- available at the University of Basel website, http://www.cisg-online.ch}}